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MELDUNG/860: Wladimir Klitschko will auch Mariusz Wach die Flügel stutzen (SB)




Ungeschlagener Pole offenbar nächster Herausforderer des Ukrainers

Wladimir Klitschko scheint seinen nächsten Gegner gefunden zu haben und noch dazu einen, der sich vortrefflich als ausnahmsweise gefährlicher Herausforderer präsentieren läßt. Nachdem es den Ukrainer zuletzt erschreckend wenig Mühe kostete, den Franzosen Jean Marc Mormeck und Tony Thompson aus den USA in die Schranken zu weisen, drängt sich der in 27 Profikämpfen ungeschlagene Pole Mariusz Wach als unverbrauchter Kandidat geradezu auf. Der Kampf soll Ende November oder Anfang Dezember in der Hamburger Imtech-Arena über die Bühne gehen, die bis zu 60.000 Zuschauern Platz bietet und im vergangenen Jahr Schauplatz des umsatzstarken Duells mit David Haye war. Der Brite hat unterdessen seinen Rücktritt widerrufen und sich mit einem Sieg über seinen Landsmann Dereck Chisora erneut in die vorderste Front möglicher Klitschko-Gegner katapultiert, wobei es diesmal allerdings Vitali sein soll, sofern es diesen nicht endgültig in die Niederungen dezidiert pro-westlicher ukrainischer Politik verschlägt.

Daß Mariusz Wach die Titelsammlung Wladimir Klitschkos aus der Nähe begutachten darf, verdankt der in den USA lebende Pole nicht zuletzt seiner imposanten Statur. Mit einer Größe von 2,02 m übertrifft er den Weltmeister um vier Zentimeter, wobei er mit stolzen 2,08 m auch in punkto Reichweite geringfügig günstigere Voraussetzungen ins Feld führen kann. Der 36jährige Klitschko bekommt es zum ersten Mal mit einem größeren Gegner zu, der theoretisch bessere Aussichten als seine gescheiterten Vorgänger hat, am Jab des Champions vorbeizukommen und den ukrainischen Distanzboxer mit dessen eigenen Mitteln zu ärgern. Um diese Prognose zur Makulatur zu machen, werden sich Klitschko und sein Trainer Emanuel Steward natürlich etwas einfallen lassen.

Nachdem Wach zu Beginn seiner Karriere eher durch Punktsiege zum Erfolg gekommen ist, hat er in den zurückliegenden beiden Jahren beträchtlich an Schlagwirkung zugelegt und seine letzten sieben Kämpfe allesamt vorzeitig und teilweise sogar durch spektakuläre Niederschläge gewonnen. Auf diese Weise gelang es ihm, die Bilanz seiner vorzeitigen Siege auf 15 in 27 gewonnenen Kämpfen zu steigern, womit er freilich Wladimir Klitschko nicht das Wasser reichen kann. Der Superchampion von WBA und WBO sowie Weltmeister der Verbände IBF und IBO hat im Laufe seiner erfolgreichen Karriere 58 Siege, davon 51 durch K.o., sowie drei Niederlagen eingefahren und gegen alles geboxt, was Rang und Namen hat, seinen älteren Bruder natürlich ausgenommen. Zudem konnte er nicht weniger als sieben zuvor ungeschlagenen Gegnern die erste Niederlage beibringen, was auch Mariusz Wach blühen dürfte, sollte er nicht auch in boxerischer Hinsicht über den Rest des Kandidatenfeldes hinauswachsen.

Der 32jährige Pole gab nach einer erfolgreichen Amateurlaufbahn, die in einer Silbermedaille bei der Europameisterschaft 2004 und der Olympiateilnahme im selben Jahr gipfelte, 2005 sein Debüt im Profilager. Er lebt seit Ende 2010 dauerhaft in den USA und ist derzeit die Nummer vier der WBC-Rangliste. Unter seinen bekannteren Gegnern findet man Julius Long, den Deutschen Christian Hammer und Jonathan Haggler, wobei er letzteren nach einer zweimonatigen Vorbereitung im Global Boxing Gym in North Bergen, New York, unter den Argusaugen des früheren Weltmeisters Michael Moorer vorzeitig bezwang. Diesem Erfolg verdankte er einen Vertrag bei Global Boxing Promotion und damit ständige Präsenz in den USA. Sein namhaftester Kontrahent war im Juli 2011 Kevin McBride, der einst Mike Tyson in den sportlichen Ruhestand geschickt hatte. Wach gewann durch Knockout in der vierten Runde und sicherte sich damit den internationalen Titel des WBC. Nur vier Monate später machte er kurzen Prozeß mit Jason Gavern, und im März 2012 erging es Tye Fields im Rahmen der Friday Night Fights des Senders ESPN in Atlantic City nicht besser.

Wie dieser Überblick zeigt, hat Mariusz Wach vor allem in jüngerer Zeit deutliche Fortschritte gemacht, ohne sich jedoch mit Gegnern auseinanderzusetzen, die man der aktuellen Weltspitze hinter den Klitschkos zurechnen würde. Wenngleich er gemessen an der Zahl seiner durchweg gewonnenen Kämpfe reif für den Griff nach den Gürteln des Weltmeisters zu sein scheint, steht doch auch in seinem Fall zu befürchten, daß ihm der Ukrainer die Flügel stutzt, noch bevor er sie in Duellen mit hochklassigen Rivalen zur vollen Entfaltung gebracht hat.

5. August 2012