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MELDUNG/967: Ehemaliger Berufsboxer fiel Mordanschlag zum Opfer (SB)




Stefan Raaff nahe Köln auf offener Straße erschossen

Der 45 Jahre alte ehemalige Berufsboxer Stefan Raaff ist am Montagabend um kurz vor 22 Uhr im südwestlich von Köln gelegenen Frechen-Königsdorf auf offener Straße erschossen worden. Angaben der Polizei zufolge wollte er dort eine Bekannte besuchen. Nach ersten Ermittlungen geht die Mordkommission davon aus, daß Raaff kurz nachdem er aus seinem vor der Wohnung abgestellten Mercedes ausgestiegen war, von mehreren Schüssen getroffen wurde. Anwohner hatten die Schüsse gehört und daraufhin die Polizei alarmiert. Die Beamten fanden das Opfer leblos in einer kleinen Stichstraße der Dürerstraße. Der eintreffende Notarzt konnte dem Opfer nicht mehr helfen, das noch am Tatort seinen schweren Verletzungen erlag [1].

Noch immer tief schockiert nach dem Tod des Freundes war am Tag nach der Tat Frank Aust, Inhaber des Kampfsport-Centers Frechen, der Raaff seit über 20 Jahren kennt. Dieser habe seit Gründung des Centers im Jahr 1997 dort als Trainer gearbeitet und sich später auch auf seine Profikämpfe vorbereitet. Am Montagabend sei Raaff noch im Center gewesen und habe bis 21 Uhr ein Training geleitet, berichtete Aust.

Stefan Raaff hatte im Alter von 14 Jahren seine Kampfsportkarriere mit Karate begonnen und sich mit 20 dem Boxen und wenig später auch dem Kickboxen gewidmet. In letzterem wurde er mehrfach Deutscher Meister und im Jahr 2003 Europameister. Dennoch kehrte Raaff zum Boxen zurück und stand zehnmal als Profi im Ring, wobei er sechs Gegner besiegen konnte. Im Dezember 2007 gewann er vor 2000 Zuschauern in den Kölner Sartory-Sälen nach einem Kampf über zwölf Runden gegen René Hübner aus Eisenhüttenstadt den Weltmeistertitel des marginalen Verbands "Global Boxing Council" (GBC) im Cruisergewicht.

Raaff arbeitete als Fitness-, Tai-Box- und Kickboxtrainer und war außerdem als Türsteher und im Sicherheitsdienst bei Veranstaltungen tätig. Wie einer seiner ehemaligen Schüler berichtet, habe Stefan in seiner Zeit als Trainer viele Kinder und Jugendliche von der Straße geholt und jahrelang betreut. Nicht nur durch den Sport, sondern auch als Mensch habe er ihnen eine andere Perspektive für ihr Leben gegeben. Man könne sich gar nicht vorstellen, daß er sich Feinde gemacht haben soll. Er sei ein lustiger Mensch gewesen, der rasch einen Draht zu anderen gefunden habe.

Raaff gehörte zudem zur Besetzung mehrerer Fernsehsendungen. Anfang 2010 war er auf ProSieben bei "4 kämpfen für dich" zu sehen, außerdem spielte er in der RTL-Sendung "Mitten im Leben" mit.

Daß Raaff Verbindungen ins Rockermilieu gehabt habe, hatte der Kölner "Express" berichtet, und diese Meldung machte umgehend in diversen anderen Medien die Runde. Der frühere Boxer sei zuletzt in einer Kutte des Klubs "MC Midland" gesehen worden, der angeblich ein verbotenes Chapter der Hells Angels ist. Nachfolgenden Informationen des Blatts zufolge soll Raaff sogar Mitglied bei den Rockern gewesen sein.

Am Tatort in Königsdorf erschienen immer wieder Weggefährten und Trainingskollegen, die fassungslos über die Nachricht von Raaffs Tod waren. Entsetzt sind seine Freunde aus dem Kampfsport-Center vor allem über erste Gerüchte von seinen angeblichen Kontakten zum Rockermilieu. "Die machen einen Teufel aus ihm, aber das war er nicht. Irgendwo habe ich gelesen, daß Stefan jetzt auch noch selbst Mitglied bei den Hells Angels gewesen sein soll. Das ist doch Quatsch. Mit Rockern hatte er so viel am Hut wie mit Kaninchenzucht", ärgert sich Aust.

Dennoch soll die Polizei zunächst auch in diese Richtung ermittelt haben. Demnach werde überprüft, ob die Hintergründe auch im Rockermilieu zu suchen seien. Konkrete Anhaltspunkte für diese Spur gebe es bisher jedoch nicht, teilte ein Ermittler mit. Die Kölner Mordkommission hat eine Fahndung nach dem Schützen eingeleitet. Die Hintergründe der Tat sind demnach noch völlig unklar. Gegenüber dem "Express" sagte ein Polizeisprecher: "Es gibt bislang nur Ohrenzeugen, wir ermitteln in alle Richtungen." Zum aktuellen Stand der Untersuchungen will die Polizei derzeit aus ermittlungstaktischen Gründen keine Einzelheiten bekanntgeben. Vernehmungen laufen und im Moment sei man dabei, das Lebensumfeld des Opfers "auf links" zu drehen, so ein Sprecher der Polizei in Köln [2].


Fußnoten:

[1] http://www.rundschau-online.de/rhein-erft/ehemaliger-berufsboxer-mit-mehreren-kugeln-niedergestreckt,15185500,21096248.html

[2] http://www.focus.de/panorama/welt/boxer-mord-von-koeln-ermordeter-boxer-raaff-soll-verbindungen-zu-hells-angels-gehabt-haben_aid_879160.html

13. Dezember 2012