Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → BOXEN

MELDUNG/1093: Warteschleifen sind für Eduard Gutknecht kein Thema (SB)




Gifhorner Halbschwergewichtler greift nach dem nächsten Gürtel

In der Berliner Max-Schmeling-Halle wurden am 2. Februar rund 4500 Zuschauer Zeugen eines Kampfes, der in mehrfacher Hinsicht hoch aufgeladen war. Mit Eduard Gutknecht und Jürgen Brähmer trafen zwei Halbschwergewichtler aufeinander, die beide beim ortsansässigen Promoter Sauerland Event unter Vertrag stehen. Wie man solche internen Duelle auch dreht und wendet, es haftet ihnen doch immer der Ruch einer Ausmusterung an, den der Verlierer zumindest insgeheim fürchten muß. Gutknecht stieg als amtierender Europameister in den Ring, galt aber keineswegs als Favorit, was bei ihm den Eindruck verstärken mußte, er sei zum Lieferanten des Gürtels auserkoren worden, der die Karriere seines Gegners befördern sollte. Brähmer, der früher WBO-Weltmeister gewesen war, bis ihn verletzungsbedingte Absagen seiner Pflichtverteidigung den Titel kosteten, kehrte allerdings nach langer Unterbrechung in den Ring zurück, so daß sich erst noch herausstellen mußte, wie gut er sich unter hohen Anforderungen behaupten würde. Und nicht zuletzt hatte man im Vorfeld auch von einem Duell der Trainer gesprochen, bis sich Ulli Wegner als Betreuer Gutknechts diesen Vergleich mit dem Seitenhieb verbat, der Kollege Karsten Röwer solle erst einmal einen Boxer zur Weltmeisterschaft führen, bevor man sich miteinander messen könne.

Schon der Auftakt des Kampfs ließ eindeutig erkennen, wieviel für beide Boxer auf dem Spiel stand. Man sah kein vorsichtiges Abtasten und Maßnehmen, vielmehr setzte Gutknecht seinen Gegner sofort unter Druck, bis sich dieser mit einem gelungenen Uppercut Luft verschaffte. Damit zeichnete sich frühzeitig ab, wie die Rollen verteilt waren. Während der Titelverteidiger über weite Strecken aktiver zu Werke ging, schlug der Herausforderer präziser und wirkungsvoller zu. Noch verlief der Kampf ausgeglichen, und da beide Kontrahenten des öfteren den Schlagabtausch suchten, kamen die Zuschauer auf ihre Kosten.

Erst in der siebten Runde mußten die Kontrahenten dem hohen Tempo Tribut zollen, wovon Brähmer profitierte, der insbesondere in der Halbdistanz Vorteile hatte. Da der Gifhorner inzwischen nach Punkten im Rückstand lag, spornte ihn Ulli Wegner an, noch einmal alles zu geben, um das Blatt zu wenden. Gutknecht bemühte sich nach Kräften, dieser Anweisung zu folgen, konnte es aber an Schlagwirkung nicht mit seinem Gegner aufnehmen. Dennoch blieb das Duell bis zur letzten Sekunde hitzig und turbulent.

Alle drei Punktrichter hatten Jürgen Brähmer den Zuschlag gegeben, wobei sein Vorsprung in der letztendlichen Wertung etwas zu deutlich ausfiel. Spannend und anspruchsvoll war der Kampf allemal, was einmal mehr bewies, daß man in Deutschland hochklassige und beim Publikum beliebte Duelle einheimischer Boxer über die Bühne bringen kann. Brähmer, der seiner Karriere noch einmal einen kräftigen Schub verliehen hat, war damit nicht nur neuer Europameister im Halbschwergewicht, sondern sicherte sich überdies die Möglichkeit, den amtierenden WBO-Champion Nathan Cleverly aus Wales noch in diesem Jahr herauszufordern.

Hingegen muß Eduard Gutknecht, für den 24 Siege und zwei Niederlagen zu Buche stehen, einen beträchtlichen Umweg in Kauf nehmen, will er sich erneut an die Weltspitze heranarbeiten. Der Gifhorner kehrt am 8. Juni in Berlin in den Ring zurück, wo er im Vorprogramm der Titelverteidigung seines Teamkollegen Marco Huck antritt, der im Cruisergewicht bereits zum dritten Mal auf den Briten Ola Afolabi trifft. Gutknecht kämpft um den vakanten Intercontinentaltitel der WBA, wobei sein Gegner noch gefunden werden muß.

Der 31jährige führt die Niederlage gegen Brähmer auf einen taktischen Fehler zurück. Er sei zu dem Schluß gekommen, daß ihm damals sein eigener Ehrgeiz zum Verhängnis geworden ist. Hätte er weniger auf seine robuste Verfassung gebaut und den Kampf klüger gestaltet, wäre dieser wohl anders verlaufen. All das spiele jedoch keine Rolle mehr, da er fest entschlossen sei, in der Max-Schmeling-Halle einen Sieg einzufahren und danach weitere Ziele ins Visier zu nehmen.

Wie der Schützling Ulli Wegners unterstreicht, sei es für ihn wichtig, sofort wieder um einen Titel zu kämpfen. Er sei bereits Europameister gewesen und stehe in den Ranglisten der Verbände WBA, WBC und IBF jeweils in den Top 15. Warten und weitere Aufbaukämpfe bestreiten wolle er nicht, da er sich dafür zu stark fühle, läßt Eduard Gutknecht keinen Zweifel an seinen Ambitionen, auf direktem Weg einen Kampf um die Weltmeisterschaft anzusteuern. [1]


Fußnote:

[1] http://www.boxen.com/news-archiv/newsdetails/article/gutknecht-am-8-juni-1.html

17. Mai 2013