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MELDUNG/1125: Kometengleich zieht Adrien Broner seine Bahn (SB)




23jähriger nun Weltmeister in der dritten Gewichtsklasse

Der erst 23 Jahre alte US-Amerikaner Adrien Broner wird nicht zu Unrecht als ein Boxer gehandelt, dem man den Aufstieg in die kleine Elite der Superstars und Großverdiener zutraut. Sein Promoter Oscar de la Hoya - gewissermaßen die fleischgewordene Symbiose von Boxkunst und Vermarktungsgenie - spricht in Superlativen von seinem Schützling, der für ihn Floyd Mayweather, Bernard Hopkins und Oscar de la Hoya in einer Person sei. Natürlich macht Letzterer mit solchen Lobeshymnen insbesondere Werbung für die Golden Boy Promotions, wenn er Broner auf diese Weise zur Dreifaltigkeit der Branche hochstilisiert. Aus der Luft gegriffen sind diese Preisungen aber insofern nicht, als Adrien Broner längst sehr viel mehr als ein außergewöhnliches Talent ist. Er bringt technische Brillanz, Variantenreichtum und Angriffslust unter einen Hut, was in dieser Kombination selten vorkommt.

Broner war WBO-Weltmeister im Superfedergewicht, bis man ihm im Juli 2012 den Titel aberkannte, weil er beim offiziellen Wiegen vor dem Kampf gegen Vicente Escobedo das vorgeschriebene Gewicht überschritt. Um den Abend zu retten, kam unter Vermittlung des Senders HBO eine Übereinkunft zustande, die Escobars Börse dem Vernehmen nach verdoppelte und Broner eine Geldstrafe aufbrummte, die zur Hälfte an seinen Gegner ging. Escobar verdiente also recht gut dabei, stand aber auf dem verlorenen Posten. Hatte Broner beim Wiegen am Freitag dreieinhalb amerikanische Pfund zuviel auf die Waage gebracht, so hatte er beim zweiten Wiegen am nächsten Tag noch einmal zehn Pfund zugelegt. Den Ausschlag gab jedoch weniger sein Gewichtsvorteil, als vielmehr Broners technische Überlegenheit, die einen Sieg in der fünften Runde erzwang.

Nach diesem Erfolg verkündete Broner, er wechsle nun dauerhaft ins Leichtgewicht. Dort forderte er im November den amtierenden WBC-Weltmeister Antonio DeMarco heraus, dem er mit einem souveränen Auftritt in der Boardwalk Hall von Atlantic City entthronte. Zwar versuchte der Mexikaner, dem überlegenen Herausforderer Paroli zu bieten, doch mußte er in der achten Runde zum ersten Mal in seiner Karriere zu Boden gehen, worauf seine Betreuer den Kampf aufgaben.

Als sich die Verhandlungen mit WBO-Weltmeister Ricky Burns sehr schwierig gestalteten, verzichteten die Golden Boy Promotions auf diese Option und brachten ein internes Duell Broners mit Paulie Malignaggi auf den Weg. Das war ein sehr ungewöhnlicher Schritt, da der New Yorker im Weltergewicht und damit zwei Gewichtsklassen höher einen Titel hielt, der offensichtlich das Risiko wert schien, Adrien Broners Karriere einen weiteren Schub zu verleihen.

Im New Yorker Barclays Center lieferten die Kontrahenten einander nun ein spektakuläres Gefecht, das mit einem knappen 2:1-Punktsieg Broners endete (115:113, 113:115, 117:111). Mit dem WBA-Titel hat er sich einen Gürtel in der dritten Gewichtsklasse gesichert und dank 27 gewonnenen Kämpfen seine weiße Weste behalten. Paulie Malignaggi, für den jetzt 32 gewonnene und fünf verlorene Auftritte zu Buche stehen, galt trotz seines Gewichtsvorteils als Außenseiter. Er hielt sich überraschend gut und verlangte Broner alles ab, doch war es der leichtere Herausforderer, dem die wirkungsvolleren Treffer gelangen.

Die verbalen Anfeindungen im Vorfeld des Kampfs fanden im Ring ihre Fortsetzung in Gestalt eines hitzigen Gefechts, in dem Malignaggi auf eine höhere Schlagfrequenz setzte. Als Broner mit steigender Rundenzahl immer energischer zur Sache ging, steckte Malignaggi zwar nicht zurück, doch mußte er insbesondere in der neunten und elften Runde etliche schwere Treffer verkraften. Beide Boxer ließen bis zum Schlußgong nicht locker, so daß erst das verkündete Urteil der Punktrichter darüber Aufschluß gab, wer das Rennen gemacht hatte.

Im nachfolgenden Interview mit dem Sender Showtime erklärte Broner, Malignaggi habe wie erwartet gekämpft. Dieser Gegner sei ein Boxer von Weltklasse, und ihn in seiner Heimatstadt zu besiegen, bereite ihm besondere Genugtuung. Der Titelverteidiger habe den Druck gespürt und sich mit Schattenboxen über Wasser gehalten, ohne ernsthaft zu treffen. Mit 23 Jahren sei er in 27 Kämpfen ungeschlagen, was kaum ein anderer geschafft habe.

Malignaggi, den Broners großspurige Rede und insbesondere einige verbale Schläge unter die Gürtellinie aufgebracht hatten, machte für sich geltend, das Tempo bestimmt und ein sehr enges Ergebnis erzwungen zu haben. Die Wertung von 117:111 zugunsten seines Gegners halte er für einen schlechter Witz. In diesem Geschäft passiere eben viel Mist. Er sage nicht, daß Broner durch Schiebung gewonnen habe, doch bekomme der Boxer mit den besseren Beziehungen eben immer den Sieg zugesprochen.

Zweifellos hatten die Golden Boy Promotions dieses Duell als Trittbrett für Adrien Broner und nicht etwa als Erfolgsoption für Paulie Malignaggi konzipiert. Was aber Broners nächste Schritte betrifft, bleibt festzuhalten, daß die anderen Weltmeister im Weltergewicht deutlich stärker als der New Yorker eingeschätzt werden. In dieser Gewichtsklasse zu bleiben, wäre daher ein Risiko, das Broner allzu leicht überfordern könnte.

Fußnote:

[1] http://www.boxen.de/news/broner-holt-gegen-malignaggi-wm-titel-in-dritter-gewichtsklasse-27240

24. Juni 2013