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MELDUNG/1219: Russischer Baulöwe investiert in die Zukunft (SB)




Milliardenschwerer Finanzier setzt einen Fuß in die Branche

Mit der Ersteigerung des Kampfs zwischen Wladimir Klitschko und Alexander Powetkin hat der russische Geschäftsmann Andrej Riabinsky für eine der größten Überraschungen dieses Boxjahres gesorgt. In der Vergangenheit brachte ihn niemand mit dem professionellen Boxsport in Verbindung, doch im April bot der milliardenschwere Baulöwe am Hauptsitz der World Boxing Association (WBA) in Panama-Stadt die aberwitzige Summe von genau 23.233.330 Dollar und legte damit dreimal soviel auf den Tisch wie der nächsthöhere Bieter "K2", die Promotionsfirma der Klitschkos (7.130.000 Dollar). Powetkins deutscher Promoter Kalle Sauerland, bei dem der Russe seit acht Jahren unter Vertrag steht, lag mit 6.014.444 Dollar noch darunter.

Das übliche Prozedere sieht vor, daß bei einem Titelkampf zunächst beiden Lagern eine Frist von 30 Tagen eingeräumt wird, sich über die Modalitäten der Austragung zu einigen. Gelingt das nicht, kommt es zu einer Versteigerung der Rechte, bei der im Prinzip jeder mitbieten kann, selbst wenn er mit den beiden Boxern nichts zu tun hat. Die Angebote werden in verschlossenen Briefumschlägen, die nummeriert sind, von den Interessenten oder ihren Beauftragten persönlich abgegeben und dann auch im Beisein aller Bieter geöffnet. Da niemand weiß, welche Beträge geboten worden sind, kann es beim Lüften des Geheimnisses durchaus zu Überraschungen kommen.

Klitschko erhält als Superchampion der WBA den Löwenanteil von 75 Prozent der Gesamtsumme und streicht 17.499.997 Dollar ein, mehr als je zuvor in seiner Karriere. Powetkin, der als regulärer Weltmeister dieses Verbands eine Stufe unter dem Ukrainer steht und damit Herausforderer ist, bekommt mit 25 Prozent oder 5.833.333 Dollar zwar sehr viel weniger, aber dennoch eine Traumbörse. Der Wermutstropfen in Wladimir Klitschkos Kelch des Geldsegens ist allerdings die unangenehme Situation, daß K2 erstmals seit der Gründung im Jahr 2004 nicht Eigenveranstalter ist.

Riabinsky, der sich mit diesem Paukenschlag überraschend die Austragungsrechte gesichert hat, steht nun vor dem Problem, die von ihm gebotenen Millionen zu refinanzieren. Zehn Prozent seiner zugesicherten Summe mußte er den Regeln entsprechend als Sicherheit bei der WBA hinterlegen. Hätte er seine Offerte zurückgezogen, wäre diese Teilsumme zwischen den Boxern und dem Weltverband aufgeteilt worden. Der russische Oligarch meinte es jedoch ernst: Zumindest die Hälfte hat er bereits wieder eingespielt, da mit Rosneft einer der weltgrößten Ölkonzerne, der in Staatsbesitz ist, als Sponsor gewonnen wurde. Die Partner teilen sich sämtliche Einnahmen und Ausgaben je zur Hälfte. Dennoch wird die Veranstaltung in der 35.000 Zuschauer fassenden Moskauer Olimpijski-Arena keinen Gewinn für Riabinsky abwerfen. Das wäre nur mit Hilfe des Bezahlfernsehens möglich, doch müssen die Zuschauer bislang weder in Rußland und der Ukraine noch in Deutschland für die Übertragung eines Boxkampfs zusätzliche Kosten entrichten.[1]

Daher räumt der Bauunternehmer und Immobilienhändler unumwunden ein, daß sich kurzfristig damit kein Geld verdienen lasse. So gesehen seien die 23 Millionen natürlich eine viel zu hohe Summe für einen Kampf. Er boxe jedoch selbst seit seiner Jugend und sei ein leidenschaftlicher Fan dieses Sports, weshalb er sich nun mit der Absicht trage, eine Kettenreaktion in Rußland auszulösen. Der "Machtkampf von Moskau" biete perfekte Voraussetzungen, sein Heimatland langfristig zu einem Markenzeichen auf der Landkarte des Boxens zu machen. Schließlich handle es sich um den bedeutendsten Schwergewichtskampf seit den legendären Duellen zwischen Evander Holyfield und Mike Tyson, die inzwischen mehr als 15 Jahre zurückliegen.[2]

Riabinsky sieht in dem Kampf zugleich eine Wertanlage, die ihn als internationalen Promoter etablieren und viele Türen öffnen könnte. Er will mit seiner neugegründeten Promotionsfirma "World Boxing" auf der ganzen Welt Veranstaltungen durchführen. Zunächst müsse er sich auf den bevorstehenden Kampf konzentrieren, den er perfekt organisieren wolle. Wenngleich sein Herz natürlich für Powetkin schlage, werde er unabhängig vom Ausgangs des Titelkampfs in der Folge darangehen, vielversprechende Boxer unter Vertrag zu nehmen. Der erfolgreiche Unternehmer geht davon aus, daß er sich relativ schnell in der Branche etablieren kann. Er biete Geld, große Pläne und eine komplette Ausgestaltung, zumal er über gute Verbindungen in Europa und in Übersee verfüge und sich mit anderen russischen Promotern und Fernsehsendern ins Benehmen gesetzt habe.

Offenbar hat Riabinsky bereits ein Auge auf Denis Lebedew, Grigorij Drodsd und Alexander Powetkin geworfen, wobei letzterer noch bei Sauerland Event unter Vertrag steht. Der Milliardär weiß jedoch, daß dieser Kontrakt in ein paar Monaten ausläuft, und will sich zu gegebener Zeit mit dem Boxer zusammensetzen, um mit ihm über eine mögliche Kooperation in der Zukunft zu sprechen.

Welcher Art die Beziehungen zwischen Riabinsky und dem Kreml sind, geht aus den bislang zugänglichen Informationen nicht mit letzter Sicherheit hervor. Von der Partnerschaft mit dem Staatsunternehmen Rosneft abgesehen weiß man immerhin soviel, daß der sportbegeisterte Präsident Wladimir Putin den Kampf zur Chefsache erklärt haben soll. Ob Putin, der zwei Tage später seinen 61. Geburtstag feiert, persönlich am Ring sitzen wird, ist noch ungewiß. Powetkin hat ihm jedenfalls ein "ganz besonderes Geschenk" versprochen und sich damit um so mehr in Zugzwang gebracht.

Sollte Wladimir Klitschko, der als 4:1-Favorit gehandelt wird, nach siebenjähriger Regentschaft gegen Powetkin verlieren, stünde Riabinsky schon für das nächste Spektakel der Superlative Gewehr bei Fuß. Alexander Powetkin gegen den 42jährigen WBC-Weltmeister Vitali Klitschko wäre dann der Kampf der Kämpfe. Dafür würde der russische Unternehmer vermutlich noch tiefer in die Tasche greifen und womöglich das Rekordgebot für einen Titelkampf von 32,1 Millionen Dollar brechen, mit dem der US-amerikanische Casino-Magnat Steve Wynn im Jahr 1990 den Kampf zwischen James Buster Douglas und Evander Holyfield ersteigert hat.


Fußnoten:

[1] http://www.welt.de/sport/boxen/article120564743/Warum-ein-Oligarch-23-Millionen-fuer-Klitschko-zahlt.html

[2] http://www.boxen.de/news/klitschko-povetkin-veranstalter-ryabinsky-will-als-promoter-durchstarten-29260

4. Oktober 2013