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MELDUNG/1413: Der vierte Gürtel soll es sein ... (SB)




Wladimir Klitschko will Stiverne (WBC) statt Pulew (IBF)

Wladimir Klitschko ist Superchampion der WBA und WBO sowie Weltmeister der IBF und des kleineren Verbands IBO im Schwergewicht. Um seine Trophäensammlung zu komplettieren und erstmals seit vielen Jahren wieder alle Titel zusammenzuführen, möchte er möglichst schnell auch den WBC-Gürtel in seinen Besitz bringen, den Vitali Klitschko zugunsten einer politischen Karriere in der Ukraine preisgegeben hat. Die Gelegenheit wäre günstig, da sich jüngst der in den USA lebende Kanadier Bermane Stiverne den vakanten Titel durch einen Sieg über Chris Arreola in Los Angeles gesichert hat. Ohne die Qualitäten des gebürtigen Haitianers geringzuschätzen, kann man doch davon ausgehen, daß er gegen Wladimir Klitschko keine allzu großen Chancen hätte.

Der neue WBC-Präsident Mauricio Sulaiman möchte die unter der langjährigen Ägide seines im Januar verstorbenen Vaters entstandene Stagnation im Schwergewicht rasch beheben und hat deshalb zwei Pflichtverteidigungen des neuen WBC-Weltmeisters in Folge angeordnet. Erster Anwärter ist der ungeschlagene US-Amerikaner Deontay Wilder, der seine 31 Kämpfe ausnahmslos innerhalb der ersten vier Runden gewonnen hat. Der nächste Kandidat wird in einem Duell zwischen Mike Perez und Bryant Jennings ermittelt, das für Ende Mai angesetzt war, aber wegen einer Verletzung des Kubaners verschoben werden mußte. Würde der WBC-Gürtel wie geplant vergeben, träfe Wilder sofort auf Stiverne, worauf es der Sieger im nächsten Schritt mit Perez oder Jennings zu tun bekäme. Da sich diese Prozedur bis ins nächste Jahr hinziehen würde, müßte Klitschko lange auf die Gelegenheit warten, auch noch den vierten maßgeblichen Titel zu gewinnen.

Anfang Mai hat die IBF angeordnet, daß der Ukrainer gegen den Pflichtherausforderer Kubrat Pulew antreten muß, der sich Ende August 2013 durch einen Sieg gegen den US-Amerikaner Tony Thompson endgültig für einen Titelkampf qualifiziert hat. Der Bulgare aus dem Berliner Sauerland-Team wartet schon so lange auf diese Chance, daß dieses Duell nachgerade überfällig ist. Der 38 Jahre alte Wladimir Klitschko hat jedoch keine Lust, sich Pulew zu stellen, und erklärt nun, daß eine Titelvereinigung stets Vorrang gegenüber einer Pflichtverteidigung habe. Er habe den WBC-Titel noch nie besessen und hoffe sehr, in kurzer Zeit eine Einigung herbeiführen zu können. [1]

Diese Auffassung stößt beim Sauerland-Boxstall zwangsläufig auf Unverständnis. Dort beruft man sich auf eine schriftliche Mitteilung der IBF, die gleichlautend an Klitschkos Team gegangen sei, wonach der Verband keine Titelvereinigung vor dem Kampf gegen Pulew akzeptiert. Wladimir sei ein großer Champion, müsse sich aber dennoch an die Regeln halten, so Promoter Kalle Sauerland. Um eine schnelle Lösung herbeizuführen, führe man diesbezüglich Gespräche mit Klitschkos US-amerikanischem Manager Shelly Finkel.

Gleichzeitig verhandelt jedoch Klitschkos deutscher Manager Bernd Bönte mit dem Management Bermane Stivernes. Diese Gespräche gehen dem Vernehmen nach allerdings nur stockend voran. Stiverne und sein Manager möchten gegen Wladimir boxen, weil sie damit auch gutes Geld verdienen könnten. Sie müßten sich jedoch intern mit ihrem Promoter Don King einigen, der offenbar eine freiwillige Titelverteidigung vorzieht, so Bönte. Der 82jährige King, um den es in den letzten Jahren ruhig geworden ist, hat mit Stiverne plötzlich einen Schwergewichtschampion im Rennen, den er sicher so schnell nicht wieder hergeben möchte. Stünde wie vordem Jose Sulaiman an der Spitze des WBC, würden die beiden wie so oft in der Vergangenheit gewiß eine Lösung zum beiderseitigen Nutzen finden. Mauricio Sulaiman scheint hingegen auf Transparenz zu setzen und erklärt, die Vereinbarungen müßten respektiert werden.

Ob Wladimir Klitschko tatsächlich mit Kubrat Pulew in den Ring steigen wird, ist keineswegs geklärt. Nach Böntes Worten ist man sich über die Rahmenbedingungen noch längst nicht einig. Von Sauerland habe er bisher absurde Zahlen gehört, erklärte Klitschkos Manager. Pulew sei national wie auch international weithin unbekannt und habe in Deutschland noch nicht einmal einen Hauptkampf bestritten. Die Vermarktbarkeit des Bulgaren und die von Sauerland geforderten Summen lägen weit auseinander. Sollte es weder mit Stiverne, noch mit Pulew zu einer Einigung kommen, behalte man sich vor, einen ganz anderen Kampf zu bestreiten, reklamiert Bönte eine Position der Stärke für das Team Klitschko, dem sich alle anderen Interessen nachzuordnen hätten.


Fußnote:

[1] http://www.focus.de/sport/boxen/wladimir-will-lieber-wbc-titel-wm-krach-klitschko-hat-keine-lust-auf-nobody-pulew_id_3859586.html

22. Mai 2014