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MELDUNG/1449: Glanzlos in Grosny - Kür des WBA-Champions zweiter Klasse (SB)




Knapper Punktsieg Ruslan Tschagajews gegen Fres Oquendo

Ruslan Tschagajew war 2007 durch einen Sieg über den 2,13 m großen Russen Nikolaj Walujew Weltmeister der WBA im Schwergewicht geworden. Zwei Jahre später unterlag er Wladimir Klitschko. Einen erneuten Angriff auf diesen Titel unternahm er 2011, doch scheiterte er damals an dem Russen Alexander Powetkin. Da Klitschko seit seinem Sieg über den Briten David Haye im Juli 2011 auch Superchampion der WBA ist, kommt dem regulären Titel dieses Verbands nur noch eine untergeordnete Bedeutung zu. Dieser Titel war vakant, seit Powetkin im Oktober 2013 gegen Wladimir Klitschko in Moskau verloren hatte.

Vor 30.000 Zuschauern in der ausverkauften Achmat-Arena von Grosny, der Hauptstadt der russischen Teilrepublik Tschetschenien, kam es nun zu einem Kampf um den regulären Titel der WBA im Schwergewicht. Dabei besiegte der 35jährige Ruslan Tschagajew den sechs Jahre älteren Puertoricaner Fres Oquendo knapp nach Punkten (115:113, 115:113, 114:114) und sicherte sich damit den Gürtel. Während für den Usbeken damit 33 Siege, zwei Niederlagen sowie ein Unentschieden zu Buche stehen, hat sein US-amerikanischer Gegner nunmehr 37 Kämpfe gewonnen und acht verloren.

In einem langweiligen Gefecht ohne nennenswerte Höhepunkte ließen die Kontrahenten Schnelligkeit, technische Brillanz und Schlagwirkung weitgehend vermissen. Tschagajew, der seit jeher von massiver Statur ist, hatte am Vortag rund zehn Kilo mehr als der Puertoricaner auf die Waage gebracht. Wenngleich er beharrlich nach vorn marschierte, wirkte er doch zu unbeweglich, um den agileren Gegner zu stellen. Der in der Rechtsauslage boxende Usbeke schlug häufig zum Körper des etwas größeren Kontrahenten und mit Haken zu dessen Kopf, vermochte Oquendo jedoch nicht zu erschüttern.

Fres Oquendo machte zumindest phasenweise in punkto Beweglichkeit und technische Fertigkeit einen wesentlich besseren Eindruck, doch fehlte es ihm an Beharrlichkeit, die Oberhand zu gewinnen. Auf gelungene Kombinationen, die den Vormarsch des Usbeken bremsten, folgten keine weiteren Angriffe. Sofort zog sich der 41jährige in die Defensive zurück, als müsse er erst wieder Luft schöpfen. Ob er unter konditionellen Problemen litt oder auf eine Taktik bloßer Nadelstiche setzte, blieb ungewiß. Er deutete sein Talent zwar des öfteren an, legte aber zu keinem Zeitpunkt entschlossen nach.

In der siebten Runde trug Tschagajew eine Rißwunde davon, die ihn jedoch nicht sonderlich zu beeinträchtigen schien. Erst in der zwölften und letzten Runde setzte Oquendo noch einmal alles auf eine Karte, um das Blatt in letzter Minute zu wenden, und brachte etliche gute Treffer ins Ziel. Es hätte jedoch schon eines Niederschlags bedurft, um den Rückstand auf den Punktzetteln wettzumachen oder gar vorzeitig zu gewinnen. So endete der glanzlose Titelkampf zumindest zur Zufriedenheit des Publikums, da der vom tschetschenischen Oberhaupt Ramsan Kadyrow geförderte Usbeke als Lokalmatador angetreten war.

Direkt neben Kadyrow saß der frühere Weltmeister David Haye im Publikum, was man wohl als Signal interpretieren kann, daß es über kurz oder lang zu einem Kampf zwischen dem Briten und Tschagajew kommen soll. Haye müßte sich dafür in den Top 15 der WBA-Rangliste plazieren, doch könnte ihm das schon bei seiner Rückkehr in den Ring gelingen, die er für September oder Oktober plant. Sollte er seine Schulteroperation gut überstanden haben und auch nur annähernd so dynamisch und wirkungsvoll boxen wie in der Vergangenheit, wäre Tschagajew zumindest in der Verfassung von Grosny eine willkommene Beute für den Briten. Allerdings könnte eine zwischenzeitliche Titelverteidigung des Usbeken einen Strich durch diese Rechnung machen, sofern der Gürtel dabei in die Hände des Herausforderers übergeht.

In einem zweiten Hauptkampf der von Promoter Timur Dugatsajew organisierten Großveranstaltung besiegte der inzwischen 40 Jahre alte frühere WBC-Champion im Cruisergewicht, Juan Carlos Gomez, seinen Gegner Goran Delic durch K.o. in der fünften Runde. Delic war derart langsam und problemlos zu treffen, daß er Gomez erschreckend wenig Widerstand bot. Dank dieses allzu leichten Erfolgs sicherte sich der Kubaner, für den nun 55 Siege und drei Niederlagen zu Buche stehen, den vakanten internationalen Titel des WBC im Cruisergewicht. Wenngleich der zuvor ungeschlagene Delic kein ernsthafter Prüfstein für Gomez war, hielt sich dieser jedenfalls die Tür zu einem erhofften Kampf um die Weltmeisterschaft offen. [1]


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2014/07/chagaev-beats-oquendo-in-boring-fight/

7. Juli 2014