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MELDUNG/1484: Sturms Nemesis legt sich mit einer Legende an (SB)




Sam Soliman verteidigt IBF-Titel gegen Jermain Taylor

Wollte man von einer Nemesis des Kölner Mittelgewichtlers Felix Sturm sprechen, so trägt sie den Namen Sam Soliman. Nachdem Sturm mit dem Titel des WBA-Superchampions seinen langjährigen Schutz vor allzu gefährlichen Gegnern an den Australier Daniel Geale verloren hatte, bot sich ihm am 1. Februar 2013 in Düsseldorf die Chance, auf kurzem Weg einen neuen Anlauf zu nehmen. Die IBF hatte einen Ausscheidungskampf zwischen ihm und Soliman angesetzt, dessen Sieger neuer Pflichtherausforderer des Weltmeisters werden sollte. Der 39jährige und hierzulande weithin unbekannte Australier galt als lösbare Aufgabe, weshalb er beinahe wie eine Geschenk des Himmels betrachtet und wohl auch sträflich unterschätzt wurde.

Sam Soliman verkraftete einen frühen Niederschlag, boxte beherzt und behende, sorgte mit seiner unorthodoxen Kampfesweise für beständige Irritationen und ließ konditionsstark bis zum Ende nicht nach. Sturm agierte zu abwartend, setzte vergeblich auf einen endgültigen Niederschlag und unterlag am Ende einstimmig nach Punkten. Damit hatte er drei seiner letzten vier Kämpfe verloren und sah schweren Zeiten entgegen.

Bereits am 7. Dezember 2013 war der Schaden wieder behoben. Daniel Geale hatte den IBF-Titel an den Briten Darren Barker verloren, der sich für eine hohe Börse nach Stuttgart locken ließ, wo ihn Felix Sturm herausforderte. Der Kölner gewann in der zweiten Runde und war damit als erster deutscher Profiboxer zum vierten Mal in seiner Karriere Weltmeister geworden. Barker, der bereits Operationen an beiden Hüftgelenken hinter sich hatte, zog sich durch zwei Niederschläge erneut gravierende Probleme zu, die nicht nur zum Abbruch führten, sondern ihn auch wenig später zum Rücktritt vom Boxsport zwangen.

Da Barker von dem vertraglich vereinbarten Rückkampfrecht keinen Gebrauch mehr machen konnte, hätte Sturm der Titel zunächst einmal freiwillig verteidigen können. Er verzichtete jedoch auf diese Option, weil er unbedingt seine offene Rechnung mit Soliman begleichen wollte. Dieser war Pflichtherausforderer der IBF und ließ sich unter dem Motto der Rache recht gut vermarkten, so daß am 31. Mai 2014 gut 8000 Zuschauer in Krefeld sehen wollten, wie Sturm die Scharte auswetzte. Zu ihrem Entsetzen trat das Gegenteil ein, da sich der mittlerweile 40 Jahre alte Australier diesmal noch deutlicher nach Punkten durchsetzte. Wieder beherrschte er die wilde Keilerei besser, bot wenig Angriffsfläche, schlug aus allen Lagen und marschierte bis zum Schlußgong unermüdlich nach vorn. Wieder griff Sturm zur Brechstange, statt sich auf seine technischen Qualitäten zu besinnen, und kam damit noch weniger als bei ihrem ersten Aufeinandertreffen zum Zuge.

So wurde Felix Sturm nach nur 185 Tagen bereits zum vierten Mal in seiner Karriere als Weltmeister entthront. Sam Soliman, der 1997 als Profiboxer debütiert hatte, durfte sich viele Jahre und 57 Kämpfe später endlich Weltmeister nennen. Da er nicht mehr der Jüngste und das Ende seiner Karriere absehbar ist, möchte er seine letzten großen Auftritte auf internationaler Bühne genießen und dabei ordentlich verdienen. So dürfte der Australier wohl der einzige Mittelgewichtler sein, dem man sogar abnehmen kann, er würde gern mit Gennadi Golowkin in den Ring steigen.

Zunächst soll es jedoch Jermain Taylor sein, gegen den der IBF-Weltmeister seinen Titel zum ersten Mal verteidigt. Die Nachricht kommt insofern überraschend, als Taylor zwar eine Legende ist, jedoch in den aktuellen Diskussionen um mögliche Kämpfe und aussichtsreiche Kandidaten praktisch keine Rolle spielt. Das Duell wird am 4. Oktober an der Ostküste der USA stattfinden, wobei der genaue Austragungsort bisher noch nicht feststeht. Wie Solimans Manager David Stanley erklärend anführte, sei man kurz davor gewesen, einen Kampf gegen den WBA-Superchampion Golowkin zu realisieren. Das Angebot von seiten Taylors sei jedoch einfach zu gut gewesen, um es abzulehnen.

Sam Soliman verdient dabei offenbar eine Menge Geld und tritt gegen einen weltbekannten Herausforderer an, der jedoch den Zenit seines Könnens mehr oder minder weit überschritten hat. Gelänge es ihm, nach Felix Sturm auch Taylor zu schlagen, würde dies seinen Bekanntheitsgrad insbesondere in den USA sprunghaft steigern und seine Verdienstmöglichkeiten noch einmal enorm verbessern. In diesem Geschäft auf Gegenseitigkeit eröffnet sich andererseits Jermain Taylor die Chance, fast über Nacht noch einmal Weltmeister zu werden.

Mit 36 Jahren gehört er zu den Veteranen der Gewichtsklasse und den herausragenden Akteuren der letzten 15 Jahre. Seine Bilanz von 32 Siegen, vier Niederlagen und einem Unentschieden enthält zwei aufeinanderfolgende Siege über Bernard Hopkins im Juli und Dezember 2005, die dessen Regentschaft im Mittelgewicht beendeten. Taylors Karriere befand sich zwischen 2007 und 2009 jedoch im freien Fall, als er vier Niederlagen in fünf Kämpfen einstecken mußte: Zweimal unterlag er seinem Landsmann Kelly Pavlik, in der Folge mußte er sich dem Briten Carl Froch und zum Auftakt des Super-Six-Turniers dem Berliner Arthur Abraham geschlagen geben. Nachdem eine Gehirnblutung bei Taylor festgestellt worden war und er deswegen längere Zeit nicht mehr geboxt hatte, konnte er zuletzt vier Kämpfe in Folge gewinnen und wird in der IBF-Rangliste derzeit an Nummer 15 geführt. [1]


Fußnote:

[1] http://www.boxen-heute.de/artikel/6324-04-oktober-2014sam-soliman-trifft-auf-jermain-taylor.html

14. August 2014