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MELDUNG/1536: Wie man in den Wald ruft ... (SB)




Tyson Fury will sich Anthony Joshua zur Brust nehmen

Am 29. November will der britische Schwergewichtler Tyson Fury im Kampf gegen seinen Landsmann Dereck Chisora in London nicht nur seine nationale Vorherrschaft unterstreichen, sondern auch zum Pflichtherausforderer Wladimir Klitschkos bei der WBO avancieren. Der in 22 Profikämpfen ungeschlagene Fury ist in den Ranglisten der Verbände WBO (Nummer 4), IBF (Nummer 5) und WBC (Nummer 11) recht gut plaziert. Zudem kann er angesichts seiner Größe von 2,06 m und eines entsprechenden Gewichts körperliche Vorteile ins Feld führen. Allerdings hat Chisora, für den 20 Siege und vier Niederlagen notiert sind, mit wesentlich stärkeren Gegnern als sein Rivale im Ring gestanden.

Sobald Fury mit seinem Intimfeind abgerechnet hat, möchte er das in neun Auftritten unbesiegte Nachwuchstalent Anthony Joshua aufs Korn nehmen. Ihm ist natürlich nicht entgangen, daß dessen Promoter Eddie Hearn bei einer Lobesrede auf Joshua optimistisch angekündigt hat, dieser werde das Feld von hinten aufrollen und bereits im kommenden Jahr in der Lage sein, auch Tyson Fury das Fürchten zu lehren. So etwas läßt der leicht aufbrausende Riese nicht auf sich sitzen, weshalb er Joshuas Promoter beim Wort nehmen will.

Wie Fury per Twitter wissen ließ, werde er kurzen Prozeß mit Chisora machen und fordere Anthony Joshua zu einem Kampf im Dezember heraus. Eddie Hearn denke nicht einmal im Traum daran, Joshua mit ihm in den Ring zu schicken, da dieses Duell keine drei Runden dauern würde. Daher sollte Hearn lieber aufhören, solche Gerüchte in die Welt zu setzen, da im Boxen ohnehin viel zu viele leere Versprechen kursierten. Wenn man immer nur nach dem Geld schiele, wirtschafte man diesen Sport ab. Er stehe jederzeit für einen Kampf gegen Joshua zur Verfügung.

Postwendend twitterte Hearn zurück, daß Fury in der Tat keine drei Runden überstehen würde. Er solle sich nur auf seinen bevorstehenden Kampf konzentrieren und könne ihn ja hinterher anrufen. Realistisch gesehen wird Hearn seinen Schützling weder in diesem noch im nächsten Jahr gegen Fury antreten lassen. Der 24jährige Joshua hat bislang bestenfalls drittklassige Gegner besiegt und nach seinem leichten Erfolg gegen den überforderten Konstantin Airich zuletzt Denis Bachtow in der zweiten Runde ausgeschaltet. Am 22. November trifft er im Vorprogramm des Duells der Cruisergewichtler Nathan Cleverly und Tony Bellew in Liverpool auf den 39jährigen Veteranen Michael Sprott, der zwar erfahren, aber nicht mehr als ein weiterer passabler Aufbaugegner für den jungen Briten ist.

Spannender wäre da schon ein Kampf gegen David Price, den Eddie Hearn in absehbarer Zeit auf die Beine stellen möchte. Price hat bereits erwidert, er werde Joshua mit einem einzigen Volltreffer auf die Bretter schicken, wenn es soweit ist. Diese Idee ist zwar nicht abwegig, könnte aber nach hinten losgehen, wie die beiden K.o.-Niederlagen des anstürmenden Briten gegen Tony Thompson gezeigt haben.

Anthony Joshua ist groß und stark, angesichts seiner Muskelmasse im Oberkörper aber auch steif und recht unbeweglich auf den Füßen. Für einen Gegner wie Tyson Fury ist er noch längst nicht bereit, weshalb Eddie Hearn diese Option weiter im Munde führen, aber keinesfalls zur Ausführung bringen wird. Als unbesiegter Schwergewichtler ist Joshua viel zu wertvoll für seinen Promoter, als daß dieser ihn in naher Zukunft unkalkulierbaren Risiken aussetzen würde. [1]

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Hopkins will Kowaljows Offensive neutralisieren

Bernard Hopkins will nicht vor Sergej Kowaljow davonlaufen, wenn die beiden Weltmeister im Halbschwergewicht am 8. November in Atlantic City aufeinandertreffen. Der inzwischen 49 Jahre alte Champion der WBA und IBF gilt zwar als Außenseiter im Kampf gegen den ungeschlagenen Russen, setzt aber auf seine erprobten Kenntnisse, den Gegner an der Entfaltung zu hindern. Kowaljow betrete unbekanntes Terrain und treffe dort auf einen Kontrahenten, der ihn seiner Offensivwaffen berauben werde, so Hopkins.

Der älteste Weltmeister in der Geschichte des Boxsports ist sich natürlich bewußt, daß ihn der wuchtig zuschlagende Russe möglichst wenig treffen darf. Er hat indessen in jüngerer Zeit seine Taktik, zu schlagen und zu klammern, so erfolgreich praktiziert, daß sie auch in diesem Fall funktionieren könnte. Daß ihn der Ringrichter daran hindert, ist nicht zu erwarten, da nur wenige Referees dazu neigen, das Festhalten offensiv zu unterbinden. Schön würde das freilich nicht aussehen, was Hopkins aber egal sein kann, sofern es nur zielführend wäre.

Wenn Kowaljow ankündigt, er gehe ohne Strategie in dieses Gefecht und werde es wie einen Straßenkampf führen, dürfte das nicht den Tatsachen entsprechen. Man kann davon ausgehen, daß sich sein Trainer John David Jackson akribisch mit Hopkins befaßt und eine taktische Marschroute ausgearbeitet hat, wie dieser mit allen Wassern gewaschene Gegner zu besiegen sein könnte. Natürlich ist nicht auszuschließen, daß der Russe in seiner gewohnten Manier einfach solange kräftig zuschlagen möchte, bis Hopkins am Boden liegt.

Gelingt das Kowaljow nicht, könnte es eng für ihn werden, da seine technischen Mittel ansonsten eher begrenzt sind. Regelrecht ausboxen kann er Hopkins nicht, da ihm dafür der gute Jab und die exzellente Defensive fehlen. Bernard Hopkins hat schon manchen favorisierten Gegner in eine Gemengelage verwickelt, in der dieser die Übersicht und die entscheidenden Punkte verlor. [2]


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2014/10/tyson-fury-i-challenge-anthony-joshua-after-i-smash-chisora/#more-183435

[2] http://www.boxingnews24.com/2014/10/hopkins-im-not-going-to-run-from-kovalev-ill-disarm-him/#more-183411

23. Oktober 2014