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MELDUNG/1618: Gesellenstück, doch noch kein Meisterwerk (SB)




Gilberto Ramirez dominiert Mitkonkurrenten Maxim Wlasow

Im Vorprogramm des Kampfs im Weltergewicht zwischen Mike Alvarado und Brandon Rios in Broomfield, Colorado, kam es zu einer Auseinandersetzung zweier aufstrebender Akteure des Supermittelgewichts. Dabei traf der in 30 Auftritten ungeschlagene Mexikaner Gilberto Ramirez auf den Russen Maxim Wlasow, der bei einer Bilanz von 30 Siegen und einer Niederlage zuletzt elf Gegnern in Folge das Nachsehen gegeben hatte. Der Kampf war über zehn Runden angesetzt und wurde mit einem vereinbarten Limit von 171 US-Pfund (77,56 kg) ausgetragen, das knapp über dem Supermittelgewicht (bis 76,203 kg) lag.

Aufmerksamer Beobachter am Ring war Andre Ward, der das Geschehen als Kommentator des Senders HBO verfolgte. Der Superchampion der WBA hofft unter der Regie seines neuen Promoters Roc Nation Sports endlich wieder angemessene Gegner zu finden und damit die mehrjährige Stagnation aufgrund des Dauerstreits mit seinem ehemaligen Promoter Dan Goossen hinter sich zu lassen. Ramirez, der in den Ranglisten der Verbände WBA (2), WBC (2), WBO (2) und IBF (3) ausgezeichnet positioniert ist, möchte sich künftig auch mit Gegnern vom Kaliber des Kaliforniers messen, wofür der Kampf gegen den nicht minder ambitionierten Wlasow ein ernstzunehmender Prüfstein war.

Der 23jährige Rechtshänder Ramirez verlegte sich während des gesamten Kampfs insbesondere auf Schläge zum Körper seines Gegners, die diesem mit zunehmender Dauer zu schaffen machten. Von der dritten Runde an boxte der Mexikaner zudem beweglicher und häufiger mit Kombinationen, wobei für ihn weiterhin die größere Aktivität zu verzeichnen war. Ringrichter Curtis Thrasher ermahnte ihn im fünften Durchgang wegen eines mutmaßlichen Tiefschlags, was Ramirez jedoch nicht davon abhielt, auch in der Folge auf Körpertreffer zu setzen. [1]

In der nächsten Runde wies Wlasows Gesicht bereits unübersehbare Spuren der Schläge des Kontrahenten auf, wobei aber auch die Nase des Mexikaners zu bluten begann. Dieser trug zudem später im Kampf ein blaues Auge davon, was davon zeugte, daß er keineswegs ungeschoren davongekommen war. Während Ramirez mit den Schlägen zum Körper eine erstklassige Vorstellung bot, vernachläßigte er den Kopf des Russen doch zu sehr und vergaß teilweise seine eigene Deckung. Dies nutzte Wlasow zu diversen Treffern, wobei er in der zehnten und letzten Runde noch einmal heftig angriff, so daß sich der Mexikaner in die Seile lehnte und duckte, bis der letzte Ansturm des Gegners überstanden war. Möglicherweise wäre es ihm bei zwei weiteren Runden schlecht ergangen, da der Russe zuletzt plötzlich Morgenluft zu wittern schien.

Wie die Statistik von CompuBox zeigte, hatte Ramirez von 631 Schlägen 179 ins Ziel gebracht, während Wlasow bei 411 Ansätzen in 115 Fällen durchkam. In beiden Fällen belief sich die Trefferquote auf 28 Prozent, so daß der Mexikaner nicht effektiver gekämpft hatte, wohl aber erheblich fleißiger zu Werke gegangen war. Alle drei Punktrichter hatten die meisten Runden an Ramirez gegeben, der nur die fünfte und vielleicht die zehnte abgeben mußte (97:93, 97:93, 96:94).

Der junge Mexikaner sprach im anschließenden Interview von einem sehr schweren Kampf, in dem seine Körpertreffer den Ausschlag gegeben hätten. So habe er jede Kombination mit einem solchen Treffer abgeschlossen und damit seinen Gegner fortwährend beschäftigt. Er sei jedenfalls sehr froh, die Oberhand behalten zu haben.

Gilberto Ramirez blieb damit weiter ungeschlagen und hatte einen Mitkonkurrenten in die Schranken gewiesen. Allerdings ließ er sich viel zu leicht treffen, was ihm bei einem hochklassigen Gegner mit größerer Schlagwirkung zum Verhängnis werden könnte. So kann man wohl eher von einem Gesellenstück sprechen, da dem Mexikaner noch beträchtliche Arbeit bevorsteht, bis er vielleicht eines Tages ein Meisterwerk vorlegen kann.

Sein Promoter Top Rank wäre gut beraten, Ramirez in aller Ruhe an die Spitze heranzuführen und ihn nicht sofort mit den gefährlichsten Gegnern zu konfrontieren. Der Mexikaner ist zwar aufgrund seiner makellosen Bilanz in den Ranglisten weit nach vorn aufgerückt, doch tun ihm die Verbände keinen Gefallen damit, ihn gewissermaßen in einen Topf mit potentiellen Gegnern wie Andre Ward, Carl Froch, Anthony und Andre Dirrell, Mikkel Kessler, Julio Cesar Chavez, George Groves und James DeGale zu werfen, denen er vorerst kaum gewachsen wäre. [2]


Fußnoten:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/12223563/gilberto-ramirez-wins-unanimous-decision-maxim-vlasov

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/01/rios-alvarado-early-action-ramirez-beats-vlasov-looks-poor/#more-187384

26. Januar 2015


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