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MELDUNG/1670: Schlechte Scherze finden doch ihr Publikum (SB)



Shannon Briggs nährt sich von Fallobst

Der 43 Jahre alte Schwergewichtler Shannon Briggs hat auch den siebten Kampf in Folge seit seinem Comeback gewonnen, wobei er nach einem erprobten Erfolgsrezept verfuhr. Sechs seiner letzten Gegner waren derart überfordert, daß er sie gleich in der ersten Runde auf die Bretter schicken konnte. Das galt auch für sein aktuelles Opfer in Panama City, da der 48jährige Zoltan Petranyi nach Körpertreffern zweimal zu Boden ging, worauf der Ringrichter den Kampf bereits nach 1:52 Minuten beendete. Briggs hat damit seine Bilanz auf 58 Siege, sechs Niederlagen und ein Unentschieden ausgebaut, für den Ungarn stehen 51 gewonnene und 22 verlorene Auftritte sowie ein unentschieden gewerteter Kampf zu Buche.

Wie man es in jüngerer Zeit von ihm kennt, hat der frühere Weltmeister wieder einmal kräftig zugeschlagen und kurzen Prozeß mit einem Kontrahenten gemacht, der ihm nicht im entferntesten das Wasser reichen konnte. Petranyi hatte bereits seinen vorangegangenen Kampf vorzeitig verloren und war kein Maßstab, der fundierte Aussagen über die Verfassung seines prominenten Bezwingers zuließe. Obgleich sich Briggs nur gegen schwache Aufbaugegner in Serie durchsetzt, läßt ihn die World Boxing Association (WBA) in ihrer Rangliste aufsteigen, wo der US-Amerikaner inzwischen an Nummer sechs geführt wird. Das widerspricht zwar dem Grundprinzip einer solchen Reihenfolge, daß man nur durch Siege über höher eingestufte Konkurrenten vorrücken kann. Indessen lassen die Ranglisten nicht nur der WBA häufig jede nachvollziehbare Logik vermissen, so daß offenbar andere Interessen bei der Einstufung Pate stehen.

Daß Shannon Briggs einen Titelkampf gegen Wladimir Klitschko anstrebt, ist hinlänglich bekannt, hat er dem Ukrainer doch monatelang in aller Welt nachgestellt. Obgleich der Amerikaner aufgrund seiner langen Abwesenheit längst aus allen Ranglisten gefallen war, belästigte er den Weltmeister regelmäßig vor laufender Kamera so lange, bis dieser nicht mehr ausschloß, ihn als Herausforderer zu akzeptieren. Räumte ihm Klitschko diese Gelegenheit tatsächlich ein, bräuchte sich Briggs nicht als Pflichtherausforderer zu qualifizieren.

Allerdings müßte die WBA grünes Licht geben, was sie vermutlich auch tun würde, legt man die Protektion zugrunde, die der Amerikaner seitens dieses Verbands erfährt. Andernfalls müßte Briggs wohl noch ein weiteres Jahr daransetzen und sich mit Gegnern wie Alexander Powetkin, Bryan Jennings, Lucas Browne oder Tyson Fury konfrontieren, die nicht beim ersten Körpertreffer umfallen, sondern zurückschlagen. Daß Briggs viel einstecken kann, hat er seinerzeit im Kampf gegen Vitali Klitschko hinlänglich unter Beweis gestellt. Ob das reicht, um auf regulärem Weg die Spitze der Rangliste zu erreichen, muß mit einem großen Fragezeichen versehen werden. [1]

Wladimir Klitschko könnte durchaus geneigt sein, seine Titel zwischendurch freiwillig gegen Shannon Briggs zu verteidigen. Der Amerikaner boxt relativ langsam und überschaubar, so daß er eine sichere Beute für den Ukrainer wäre. In Deutschland ließe sich dieser Kampf gut vermarkten, zumal Briggs gegen den älteren Klitschko zwölf Runden lang einfach nicht umfallen wollte und hinterher sogar eine Verletzung am Arm ins Feld führen konnte, die ihn aus seiner Sicht am sicheren Sieg gehindert hatte. Im Hamburger Universitätskrankenhaus Eppendorf, wo er seine diversen Blessuren behandeln ließ, gab der Amerikaner damals einen unterhaltsamen Gesprächspartner interessierter Medien ab und festigte damit seine Popularität, die sich eines nicht allzu fernen Tages noch einmal für ihn auszahlen könnte.

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Marco Huck in Chicago gegen Krzysztof Glowacki

Am 12. Juni verteidigt Marco Huck den WBO-Titel im Cruisergewicht in Chicago gegen den polnischen Rechtsausleger Krzysztof Glowacki. Nachdem sich der 30jährige Weltmeister Ende letzten Jahres von seinem Promoter Sauerland-Event getrennt hat, ist sein Debüt in den USA zugleich der erste Auftritt in Eigenregie. Huck, der 38 Siege, zwei Niederlagen sowie ein Unentschieden vorzuweisen hat, konnte sich bereits gegen dreizehn Herausforderer durchsetzen. Wenngleich der gebürtige Serbe als führender Akteur seiner Gewichtsklasse gilt, muß er doch vor dem zwei Jahre jüngeren Polen auf der Hut sein, der in 24 Kämpfen ungeschlagen ist. Ob der Kampf im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wird, ist bislang nicht bekannt. [2]

Die in Budapest angesetzte öffentliche Versteigerung des Kampfes war kurzfristig abgesagt worden, da sich Glowacki im letzten Augenblick mit Huck einigen konnte. Ausrichter ist ein US-amerikanischer Partner des Herausforderers, wobei die Wahl auf Chicago gefallen sein soll, weil in der Metropolenregion rund eine Million polnischstämmige Einwohner leben. Huck erhält als Superchampion der WBO 80 Prozent der Börse und kann dem Vernehmen nach rund 400.000 Dollar (365.000 Euro) einstreichen. [3]

Bei seinem letzten Auftritt konnte sich Glowacki am 31. Januar durch einen Sieg über Nuri Seferi den europäischen WBO-Titel sichern. Huck hat sich im August 2014 gegen den Italiener Mirko Larghetti durchgesetzt und somit zehn Monate nicht mehr im Ring gestanden, wenn er auf den Polen trifft. Diese lange Unterbrechung und eine Vorbereitung ohne Trainer, da sein langjähriger Coach Ulli Wegner keine Freigabe vom Team Sauerland erhält, schlagen gegen den Titelverteidiger zu Buche. Andererseits ist er wesentlich erfahrener als sein Gegner und steht unter Zugzwang zu beweisen, daß er sich sportlich und wirtschaftlich auf eigenen Füßen stehend in der Branche behaupten kann.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/03/shannon-briggs-stops-zoltan-petranyi-in-1st-round-ko/#more-189891

[2] http://www.boxen.de/news/marco-huck-vs-krzysztof-glowacki-33753

[3] http://www.rp-online.de/sport/boxen/marco-huck-muss-wm-titel-in-chicago-verteidigen-aid-1.4971698

29. März 2015


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