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MELDUNG/2272: Weltergewicht - langweilig wird es sicher nicht ... (SB)



Lucas Matthysse freut sich auf Manny Pacquiao

Lucas Matthysse freut sich auf den Kampf gegen Manny Pacquiao am 15. Juli und geht davon aus, daß der legendäre Philippiner so gut wie eh und je boxen wird. Der 35jährige Argentinier hat 39 Auftritte gewonnen und vier verloren. Er verteidigt in Kuala Lumpur erstmals den Gürtel des regulären Weltmeisters der WBA im Weltergewicht, wobei dieser Titel unter dem des WBA-Superchampions angesiedelt ist. Dem 39 Jahre alten Herausforderer, der 59 Siege, sieben Niederlagen und zwei Unentschieden vorzuweisen hat, droht in Malaysia das Ende seiner Karriere, sollte er auch Matthysse unterliegen. Da dieser dafür bekannt ist, seine Gegner wenn irgend möglich vorzeitig zu besiegen, könnte er Pacquiao aufs sportliche Altenteil schicken, das der Veteran immer wieder hinausgezögert hat. Aufgrund seines Sitzes im Senat der Philippinen kann er zwar über Arbeitsmangel nicht klagen, doch zieht es ihn immer wieder in den Boxring zurück, der offensichtlich seine eigentliche Heimat ist.

Matthysse ist zwar der schwächste Weltmeister seiner Gewichtsklasse, gehört aber dennoch dank seiner gefürchteten Schlagwirkung zu den gefährlichsten Akteuren im Weltergewicht. Für einen altgedienten Akteur wie Pacquiao könnte dies ein Kampf zuviel und ein Abschied sein, wie er ihn sich nie gewünscht hatte. Mit seiner Karriere geht es im Grunde genommen schon seit Jahren bergab, und daß Promoter Bob Arum (Top Rank) vorgeschlagen hat, ihn im Vorprogramm des Kampfs zwischen Jeff Horn und Terence Crawford antreten zu lassen, spricht Bände. Aus Arums Perspektive hat die Wachablösung längst stattgefunden.

Der Argentinier zollt seinem Gegner als wahrem Champion Respekt, der über enorme Erfahrung verfüge. Manny Pacquiao werde rückhaltlos zur Sache gehen und ihm einen großartigen Kampf liefern. Er habe die Auftritte des Philippiners stets im Fernsehen verfolgt und schätze es als einen außergewöhnlichen Augenblick seiner eigenen Karriere, ihm nun im Ring gegenüberzustehen. Matthysse ist der Boxer mit der ausgeprägtesten Schlagwirkung, dem Pacquiao seit Miguel Cotto vor neun Jahren begegnet ist. Und da der Philippiner nicht mehr die Schnelligkeit seiner Fäuste und Beweglichkeit auf den Füßen ins Feld führen kann, die ihn früher zu einer Ausnahmeerscheinung gemacht haben, muß er vermutlich die härtesten Schläge Matthysses verkraften, um möglicherweise doch nach Punkten zu gewinnen. Den Argentinier seinerseits von den Beinen zu holen, wird ihm nicht gelingen, da er zuletzt Miguel Cotto vorzeitig besiegt hat, wenngleich das erst in der zwölften Runde geschah. Seither hat der Philippiner keinen Kontrahenten mehr durch K.o. besiegt.

Lucas Matthysse hat den vakanten WBA-Titel am 27. Januar durch einen Sieg über den Ranglistenersten Tewa Kiram gewonnen, der in der achten Runde die Segel streichen mußte. Kiram hatte zwar bis dahin 38 Auftritte gewonnen, aber nie gegen hochklassige Gegner gekämpft, weshalb hinter seinem Platz im Ranking der WBA ein großes Fragezeichen stand. Hingegen hat Pacquiao seinen letzten Auftritt verloren, als er sich Jeff Horn am 2. Juli 2017 in Australien nach Punkten geschlagen geben mußte, der ihm dabei den WBO-Titel abnahm. Sein letzter Sieg datiert im November 2016, damals behielt er gegen Jessie Vargas die Oberhand. Daß er den Titelkampf gegen Matthysse bekommt, ist gewissermaßen ein Geschenk der WBA, das allerdings bei den Zuschauern in Kuala Lumpur sehr gut ankommen dürfte.

Pacquiao hat merklich nachgelassen, seit er sich 2012 Tim Bradley und Juan Manuel Marquez geschlagen geben mußte. Wenngleich er in der Folge Bradley zweimal besiegt und sich auch gegen Chris Algieri, Brandon Rios und schließlich Jessie Vargas durchgesetzt hat, setzten die Niederlagen gegen Floyd Mayweather und zuletzt Jeff Horn doch deutliche Zeichen. Bob Arum, bei dem er all die Jahre unter Vertrag gestanden hat, hielt ihn von gefährlichen Kandidaten wie Errol Spence, Keith Thurman, Danny Garcia, Shawn Porter und Terence Crawford fern, die heute das Weltergewicht dominieren. Sollte Pacquiao wider Erwarten gegen Matthysse gewinnen, stünde er in seinem darauffolgenden Kampf vermutlich dem Leichtgewichtler Wassyl Lomatschenko gegenüber. Der Ukrainer tritt jedoch zwei Gewichtsklassen unter ihm an, so daß sich die beiden irgendwo in der Mitte bei einer vereinbarten Gewichtsgrenze treffen müßten. [1]

Daß Pacquiao offenbar seinen Killerinstinkt und seine früher so außergewöhnliche Kondition eingebüßt hat, zeigte sich bei der Niederlage gegen Jeff Horn. Er hatte den Australier in der neunten Runde am Rande eines Niederschlags, vermochte ihn aber nicht vorzeitig zu besiegen. Obgleich ihn sein damaliger Trainer Freddie Roach energisch antrieb, dem Außenseiter nachzusetzen, unterließ es der Philippiner in der folgenden Runde, den Sack zuzumachen. Nach einem Jahr Pause dürfte es um seine Möglichkeiten im Ring kaum besser bestellt sein. Matthysse wird nun in den USA von Joel Diaz trainiert und zweifellos in bester Verfassung antreten. Er ist in der Offensive und hinsichtlich seiner Schlagwirkung ein besserer Boxer als Jeff Horn, der allerdings die Statur eines Halbmittelgewichtlers hat und sich gegen Pacquiao alle erdenklichen unsauberen Praktiken erlauben durfte, da das euphorische Heimpublikum hinter ihm stand. Matthysse und Pacquiao sind gleich groß, so daß keiner von beiden in dieser Hinsicht einen Vorteil hat. Daß sie kämpfen werden, bis einer von beiden mit fliegenden Fahnen untergeht, steht zu erwarten.


Fußnote:

[1] www.boxingnews24.com/2018/05/matthysse-i-expect-the-same-pacquiao-as-always/#more-263876

24. Mai 2018


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