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MELDUNG/2303: Mittelgewicht - Protektion ohne Ende ... (SB)



Verband WBC hält schützende Hand über Saul "Canelo" Alvarez

In einer absurd anmutenden Entscheidung, die man wohl nur als Protektion für Saul "Canelo" Alvarez und die Golden Boy Promotions interpretieren kann, hat der Verband WBC einen Kampf zwischen Jermall Charlo und Gennadi Golowkin angeordnet. Nachdem "Canelo" am 15. September in Las Vegas umstritten gegen den Kasachen gewonnen hatte und damit auch neuer WBC-Weltmeister im Mittelgewicht geworden war, ging man davon aus, daß er diesen Titel gegen den Pflichtherausforderer Charlo verteidigen müsse. Der Verband gesteht ihm jedoch nicht nur eine freiwillige Titelverteidigung nach eigener Wahl zu, sondern fordert zugleich Jermall Charlo auf, den Gürtel des Interimschampions gegen den Kasachen aufs Spiel zu setzen. Der Sieger dieses Kampfs soll dann neuer Pflichtherausforderer des Weltmeisters werden.

Da der 28 Jahre alte Charlo als einer der gefährlichsten Akteure in dieser Gewichtsklasse gilt, hält der Verband Saul Alvarez offenkundig von dieser schweren Aufgabe frei und bürdet sie statt dessen dem Kasachen auf. Golowkin soll den Part übernehmen, diesen gewaltigen Brocken aus dem Weg zu räumen, damit sich der Mexikaner weder jetzt noch später daran die Zähne ausbeißt. Sollte Charlo die Oberhand behalten, bräuchte "Canelo" keinen Gedanken mehr an einen dritten Kampf gegen Golowkin verschwenden, der ihn nach Auffassung vieler Fans und Experten zweimal besiegt hat, aber von den Punktrichtern über den Tisch gezogen wurde. Hätte der Kasache die Nase vorn, wäre der Mexikaner Jermall Charlo los, den er dann als Gegner zurückweisen könnte.

Wie man die Entscheidung des Verbands auch dreht und wendet, es kommt stets eine unübersehbare Bevorzugung "Canelos" dabei heraus, während Golowkin auch vom WBC benachteiligt und Charlo nebenbei ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wird. Für den Kasachen und seinen Promoter Tom Loeffler ist das ein schwerer Rückschlag, da sie gehofft hatten, der Verband werde angesichts der erneuten Kontroverse um das Ergebnis des Kampfs eine sofortige dritte Auflage veranlassen, ehe sich "Canelo" mit einer freiwilligen Titelverteidigung im Dezember aus dem Staub machen kann.

Jermall Charlo ist Pflichtherausforderer des WBC, seit er im Juli 2017 einen Ausscheidungskampf gegen Jorge Sebastian Heiland gewonnen hat, der damals bereits in der vierten Runde die Segel streichen mußte. Charlo wartet also schon 15 Monate geduldig auf die Chance, gegen den Weltmeister anzutreten. Wie sein Manager Sampson Lewkowicz ging auch er davon aus, daß der Verband auf seiner 56. Jahrestagung eine Titelverteidigung "Canelos" gegen ihn anordnen werde. WBC-Präsident Mauricio Sulaiman hat jedoch mit seinem Antrag, der einstimmig angenommen wurde, die Situation noch komplizierter gemacht und seinerseits dafür gesorgt, daß der Mexikaner auf Händen über alle Hürden getragen wird.

Golowkin und Loeffler haben sich noch nicht dazu geäußert, ob sie der Anordnung des WBC entsprechen werden. Nach den beiden Kämpfen gegen "Canelo", bei denen sie um den Sieg geprellt worden sind, kommt die Forderung, daß sich der Kasache über Jermall Charlo für ein drittes Duell mit dem Mexikaner qualifizieren müsse, einer doppelten Bestrafung gleich. Golowkin hat zwar keine Angst vor Charlo, dürfte vermutlich aber auch nicht einsehen, warum er zu allem Überfluß für "Canelo" die Kohlen aus dem Feuer holen soll. Sollte er sich daher dem Ansinnen des Verbands verschließen und seiner Wege gehen, könnte der dritte Kampf gegen den Mexikaner gestorben sein. Dieser müßte sich allerdings gut überlegen, ob er wirklich WBC-Weltmeister bleiben und es mit Jermall Charlo aufnehmen oder nicht besser das Weite suchen sollte. [1]


Fußnote:

[1] www.boxingnews24.com/2018/10/wbc-orders-jermall-charlo-to-defend-against-ggg/

5. Oktober 2018


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