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MELDUNG/2310: Mittelgewicht - Rechnung mit vielen Unbekannten ... (SB)



Demetrius Andrade schmiedet hochfliegende Pläne

Demetrius Andrade will sich am 20. Oktober in Boston durch einen Sieg über Walter Kautondokwa den vakanten WBO-Titel im Mittelgewicht sichern und anschließend mit Hilfe dieses Gürtels namhafte Konkurrenten zum Kampf locken. Sein Ziel sei es, diese Gewichtsklasse zur spektakulärsten der Branche zu machen und sich an ihre Spitze zu setzen. Sollte Andrade wie erwartet die Oberhand gegen seinen relativ unerfahrenen Kontrahenten behalten, könnte er sein Vorhaben in die Tat umsetzen und sich mit dem Sieger des Kampfs zwischen Daniel Jacobs und Sergej Derewjantschenko um den vakanten IBF-Titel messen, die am 27. Oktober aufeinandertreffen. Dieser Gürtel war Gennadi Golowkin aberkannt worden, nachdem es der Kasache wegen des sehr viel wichtigeren Duells mit Saul "Canelo" Alvarez abgelehnt hatte, mit dem Pflichtherausforderer Derewjantschenko in den Ring zu steigen.

Golowkin ist mit 36 Jahren zwar der älteste prominente Akteur im Mittelgewicht, aber dennoch nach wie vor der beste. Er hat seinen schärfsten Widersacher "Canelo" in beiden Kämpfen dominiert, wurde aber von den Punktrichtern über den Tisch gezogen. Der Kasache hat zuletzt über 20 Millionen Dollar verdient, doch bekommt er vorerst erheblich weniger, da er seit der umstrittenen Niederlage am 15. September in Las Vegas nicht mehr Weltmeister ist.

Der 30 Jahre alte Demetrius Andrade scheint nicht allzu viel von den Zwillingsbrüdern Jermall und Jermell Charlo zu halten, die seines Erachtens bislang nur gegen vergleichsweise schwache Kontrahenten gekämpft haben. Allerdings könnte man dasselbe auch von Andrade sagen, der in seiner zehnjährigen Profikarriere nicht gerade die stärksten Gegner ausgesucht und zudem lange Pausen eingelegt hat. Seine namhaftesten Widersacher waren Willie Nelson, Vanes Martirosian, Brian Rose, Jack Culcay und Alantez Fox, die allesamt nicht der höchsten Kategorie angehören. Die Charlos haben unter anderem Austin Trout besiegt, der besser als die allermeisten Gegner ist, die Andrade vor den Fäusten hatte. Im Grunde hätte er schon vor sechs Jahren das damals wenig attraktive Halbmittelgewicht verlassen müssen, statt dort seine Laufbahn mit durchschnittlichen Auftritten zu vergeuden.

Nachdem er Weltmeister der WBO geworden war, verteidigte er diesen Titel nur ein einziges Mal gegen Brian Rose und legte dann eine lange Pause ein, worauf ihm der Gürtel wieder abgenommen wurde. Im März 2017 gewann er durch einen Sieg über Jack Culcay den WBA-Titel, den er jedoch einige Zeit später kampflos niederlegte, um ins Mittelgewicht aufzusteigen. Wenngleich er also ein ehemaliger Weltmeister und heute in 25 Kämpfen ungeschlagen ist, kann man doch nicht gerade von einer glänzenden Karriere sprechen, in der er keiner Gefahr aus dem Weg gegangen wäre und sich gegen die besten Rivalen durchgesetzt hätte.

Auch der bevorstehende Kampf gegen Kautondokwa sollte eigentlich ein Selbstgänger sein, da dieser Gegner zwar in 17 Auftritten unbesiegt ist, aber weder als Amateur noch in seiner Profikarriere Bäume ausgerissen hat. Promoter Eddie Hearn geht offenbar davon aus, daß der bei ihm unter Vertrag stehende Andrade den WBO-Titel gewinnen und daraufhin bedeutende Kämpfe gegen "Canelo" oder Golowkin bekommen wird. Das wäre jedoch allenfalls dann vorstellbar, wenn sich Andrade sehr schnell einen Namen im Mittelgewicht macht, der für steigendes Interesse des Publikums sorgt. Da er jedoch seit einem Jahr nicht mehr im Ring gestanden hat und nun gegen den weithin unbekannten Kautondokwa antritt, dürfte das so schnell nicht der Fall sein. [1]

Zu dieser Konstellation war es nur deswegen gekommen, weil der britische WBO-Weltmeister Billy Joe Saunders aufgrund eines positiven Dopingtests von der Sportkommission von Massachusetts keine Lizenz für den geplanten Kampf gegen Demetrius Andrade bekommen hat. Saunders legte daraufhin den Titel nieder und muß nun mit einer voraussichtlich sechsmonatigen Sperre rechnen. Promoter der Veranstaltung in Boston ist Eddie Hearn, der die Übertragung im Rahmen des Streamingdienstes DAZN anbietet, mit dem er einen hochdotierten Vertrag über zehn Jahre abgeschlossen hat. Der aus Nabibia stammende Kautondokwa wird in der aktuellen WBO-Rangliste an Nummer zwei geführt und stand im Training wie auch als Ersatzmann bereit, um einen möglichen Ausfall, wie er beim Boxen stets möglich ist, kompensieren zu können. Wenngleich die letztendliche Nominierung sehr kurzfristig erfolgte, ließ sich der 33jährige natürlich die Gelegenheit nicht entgehen, gegen einen derart prominenten Gegner um den Titel zu kämpfen.


Fußnote:

[1] www.boxingnews24.com/2018/10/demetrius-andrade-wants-160lbs-to-be-new-glamour-division

17. Oktober 2018


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