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STANDPUNKT/001: Mahnmahl Mettigel (Ingolf Bossenz)


Mahnmahl Mettigel

Ingolf Bossenz sieht kein Ende der sogenannten Gammelfleischskandale

Kommentar vom 8. November 2013



Das spanische Parlament hat jetzt den Stierkampf zum nationalen Kulturgut erklärt. Damit wird diese der Liebe zum Tier verpflichtete abendländische Tradition einem besonderen Schutz unterstellt. Der Deutsche Bundestag sollte Gleiches tun mit Blick auf den Hackepeterigel, auch Mettigel genannt. Dieser erstaunlichen Kulturschöpfung, die aus den zerschredderten Leibern einer Spezies (Schwein) per Hand eine völlig andere (Igel) erschafft, eignet schließlich etwas nachgerade Numinoses.

Leider ist, wie Papst Franziskus uns lehrt, dort, wo das Göttliche waltet, der Teufel nicht fern. Und der steckt, das wissen wir, besonders gern im Detail. Je kleiner, desto gemeiner. Und kleinere Details als die der zahllosen zerhackten, zerfetzten, zermahlenen, einst groß gewachsenen Tiere in den Rührbottichen der Fleischindustrie sind auf mechanischem Wege kaum herstellbar. In diesen Teilchenbeschleunigern wächst zusammen, was einzeln stört. Das Fleisch ist willig. Egal, ob alt und grau oder grün. Der Geist des sogenannten Verbrauchers ist schwach. Erinnerung ist ihm weitgehend Wurst. Denn der nächste Gammelfleischskandal kommt mit eherner Gesetzmäßigkeit. Wenn die aktuelle Causa Bad Bentheim zu den Akten gelegt ist und der Kontrollhase frustriert und abgehetzt einen neuen Tatort erreicht, wartet dort bereits der Mettigel: »Ick bün all dor.«

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Quelle:
Ingolf Bossenz, November 2013
Der Schattenblick veröffentlicht diesen Artikel mit der freundlichen Genehmigung des Autors.
Erstveröffentlicht in Neues Deutschland vom 08.11.2013
URL: http://www.neues-deutschland.de/artikel/838398.mahnmahl-mettigel.html


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. November 2013