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ETHIK/032: Darf man Tiere essen? (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 382 - November 2014
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Darf man Tiere essen? Ist die bio-vegane Landwirtschaft die einzige Alternative zur Massentierhaltung?

von Marcus Nürnberger



Industrielle Landwirtschaft, Massentierhaltung und finanzmarktgesteuerte Strukturen im Lebensmittelbereich sind in den vergangenen Jahren massiv unter Druck geraten. Eine steigende Zahl an Verbraucherinnen und Verbrauchern begnügt sich nicht mehr damit, Lebensmittel zur eigenen Versorgung im Laden zu kaufen. Immer mehr Menschen wollen wissen wo die Produkte, die auf dem heimischen Esstisch liegen, herkommen. Wie sie produziert wurden?


Landwirtschaft ohne Tiere

Neben der Frage, ob die Produkte aus einer umweltverträglichen Produktion kommen, die Produzenten fair behandelt und bezahlt wurden und die Transportwege in einem verträglichen Maß blieben, wird in Bezug auf die Tierhaltung immer öfter eine ganz grundsätzliche Frage gestellt. "Ist Tierhaltung überhaupt ethisch vertretbar? Eine klare Position skandierte der vegane schwarze Block auf der Demo "Wir haben es satt" in Berlin: "Artgerecht ist nur die Freiheit!" Natürlich richtet sich diese Forderung gegen alle Betreiber von industriellen Tierhaltungsanlagen. Aber sie richtet sich auch gegen all jene, die von der Möglichkeit einer artgerechten Haltung überzeugt sind und diese selbst verantworten. Die Feststellung des schwarzen Blocks ist endgültig. Sie ist kein Wunsch nach Austausch. Sie ist keine Frage. Genau das ist aber die Stärke der Bewegung "Wir haben es satt". Hier wird gefragt: Wie stellen wir uns eine zukünftige Landwirtschaft vor? Auch und gerade in Bezug auf die Tierhaltung.

Ob die einzige Antwort auf eine Tierhaltung mit möglichst hohem Gewinn, in der Tiere an Produktionsabläufe angepasst werden, deformierte Beine, kupierte Schwänze und abgeschnittene Schnäbel billigend in Kauf genommen werden solange sie den Gewinn nicht schmälern, eine vegane Landwirtschaft ist, scheint derzeit nicht mehrheitsfähig. Fleisch in der Ladentheke, zerteilt und sauber abgepackt wird gekauft. Nach Berechnungen von Zeo² verzehrt jeder Deutsche im Laufe seines Lebens vier Rinder, vier Schafe, 12 Gänse, 37 Enten, 46 Schweine, ebenso viele Puten und 945 Hühner. Die wenigsten der Konsumenten dürften dabei eine klare Vorstellung haben, unter welchen Bedingungen ihr Fleisch produziert wurde. Welche Art von Landwirtschaft, auch von Pflanzenbau, sie mit ihrem Kauf unterstützen. Die Radikalität, mit der von manchem eine Ende der Tierhaltung gefordert wird, ist kein Mittel um Bewusstsein zu wecken. Der Weg in eine zukunftsfähige Landwirtschaft muss gemeinsam entwickelt werden. Der Wunsch nach einer artgerechten Tierhaltung muss darin genauso Platz finden, wie das Konzept einer bioveganen Landwirtschaft. Auch wenn es schwer auszuhalten scheint, ist die Vielfalt die Stärke der Bewegung.

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 382 - November 2014, S. 17
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
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Abonnementpreis: 39,60 Euro jährlich
(verbilligt auf Antrag 28,40 Euro jährlich)


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Januar 2015


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