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GEFAHR/095: Mustangs - das Ende des amerikanischen Pferdetraums? (PROVIEH)


PROVIEH MAGAZIN - Ausgabe 4/2017
Magazin des Vereins gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.

Mustangs - das Ende des amerikanischen Pferdetraums?

von Angela Dinter


Was haben wilde amerikanische Mustangs mit "Nutz"tierhaltung zu tun? Sie sind Rinderhaltern ein Dorn im Auge, denn sie stehen der wirtschaftlichen Nutzung von öffentlichem Weideland für ihre Rinderherden im Wege.

Seit langem beklagen große amerikanische Rinderzüchter, dass sie mehr Land bräuchten, um den ständig wachsenden Fleischmarkt zu bedienen. Die Wildpferdeherden stehen in direkter Nahrungskonkurrenz zu ihren Mastrindern, denn die Züchter dürfen staatliche Flächen zwar für ihre Rinder nutzen, müssen sie aber mit den dort wild lebenden Tieren teilen. Die Folge: Viele Flächen sind stark überweidet. In regenarmen Gebieten führt die intensive Nutzung zu extrem kargen Flächen und verarmten Böden, auf denen nur noch Unkraut wächst. Als Naturschutzvertreter und Tierschützer die Beweidung durch Rinder reglementieren wollten, da selbst Brutvögel keinen Schutz und Hirsche keine Nahrung mehr fanden, ging ein Sturm der Entrüstung durch die mächtige Agrarlobby. Die beteiligten Tierschützer erhielten Morddrohungen und Naturschutz-Fürsprecher aus Behörden verloren ihre Arbeitsplätze. Ein Beweidungsprogramm zum Schutz öffentlicher Flächen wurde nie umgesetzt. Im Gegenteil: Nun soll es den Wildpferden an den Kragen gehen.


Amerikanische Mustangs: Ein Symbol der Freiheit

Amerikanische Mustangs sind die berühmtesten Wildpferde der Welt, obwohl sie eigentlich keine echten Wildpferde sind. Sie sind die freilebenden Nachkommen von Pferden, die von spanischen Eroberern im 16. Jahrhundert in die "Neue Welt" gebracht wurden. Meist handelte es sich hierbei um Pferde mit iberischer oder arabischer Abstammung. Mustangs sind eher kleine, zähe und genügsame Tiere mit stabilem Fundament und festen Hufen. Die meisten Herden leben heute in Nevada, Montana, Oregon und Wyoming.

Der Zwist zwischen Farmern und Wildpferdefreunden schwelt schon sehr lange. Um 1900 war der Bestand der Mustangs auf etwa zwei Millionen Tiere angewachsene. Sie standen damals schon in Konkurrenz zu den Weidetieren der Farmer. Daraufhin wurden Mustangs vom Land gejagt, indem man sie mit Motorrädern jagte und erschoss. Ihre Zahl nahm in kurzer Zeit rapide ab. Erst mit der engagierten Kampagne von Velma Johnston, besser bekannt als "Wild Horse (Wildpferd) Annie" gelang es, die brutalen Machenschaften der Rancher in die Öffentlichkeit zu tragen. Durch Vorträge und Unterschriftensammlungen erreichte sie 1959, dass Mustangs auf staatlichem Land unter Schutz gestellt wurden. Die anschließende Verordnung zum Schutz von freilaufenden und wildlebenden Pferden und Eseln trat 1971 in Kraft. Sie verbietet das Einfangen, Brandzeichnen, Bedrängen und Töten der wildlebenden Pferde und Esel. Heute wird die Zahl der wildlebenden Pferde staatlich reguliert und auf einem Niveau von etwa 26.000 Tieren in den Vereinigten Staaten gehalten.

Die Politik von Donald Trump führte zu einer starken Kürzung des Etats für das Bureau Of Land Management (BLM), welches für die Verwaltung des staatlichen Landes zuständig ist. Ein Gesetzentwurf zur Eliminierung der wildlebenden Pferde sowie der angeordneten Tötung von etwa 6.000 bereits eingefangenen Mustangs in staatlichen Einrichtungen wird derzeit in einer Gutachterkommission verabschiedet. Das BLM und die Argarlobby stehen hinter dieser Entscheidung und nur das Engagement von Tierschutzorganisationen, die sich auf den Erhalt wilder Mustangs in den USA spezialisiert haben, kann dies noch verhindern oder abmildern. Diese Tierschutzorganisationen kämpfen seit Jahrzehnten für den Erhalt des amerikanischen Wahrzeichens und ihnen ist es zu verdanken, dass einige wenige Herden noch in Freiheit leben können. Nun ist auch deren Existenz bedroht.


Fangmethoden wider jeglichen Tierschutz

Die Flächen, auf denen wilde Mustangherden leben, sind weit verstreut und riesengroß. Daher hat das BLM eine Fangmethode etabliert, die jeglichen Tierschutzansprüchen und sogar dem amerikanischen Gesetz zum Schutz von wildlebenden Mustangs trotzt. Die sogenannten Round Ups (Zusammentriebe) finden mehrmals im Jahr in allen Regionen der USA statt. Mit extrem tieffliegenden Helikoptern werden die Tiere in Panik versetzt und über weite Distanzen in schnellem Galopp bis zur totalen Erschöpfung in Richtung Fanganlage getrieben. Weder Fohlen noch tragenden Stuten oder alten und verletzten Pferden bleibt dies erspart. Hier kommt es bereits häufig vor, dass Fohlen das hohe Tempo nicht mithalten können, Pferde stürzen und sich so schwer verletzen, dass sie vor Ort getötet werden müssen. Einige Kilometer vor der Fangeinrichtung wird ein "Judaspferd" eingesetzt. Es handelt sich dabei um ein gezähmtes Reitpferd, das den Weg ins Fanggatter kennt und der wilden Herde vorweg läuft. Die flüchtenden Pferde folgen dem Herdentrieb und dem Judaspferd in die umzäunte Absperrung, aus der es kein Entkommen gibt. Erneut bricht Panik aus, da Stuten, Hengste und Fohlen ihre Familien suchen, Leithengste eng zusammen mit Rivalen gepfercht werden und panische Jungpferde die Absperrungen durchbrechen wollen. Hier wurden die grausamsten Szenen dieser Round Ups beobachtet. Selten geht eine Fangaktion ohne schwerverletzte und tote Pferde zu Ende.

Die eingefangenen Tiere werden in LKW getrieben und zu den staatseigenen Haltungseinrichtungen gebracht. Hier stehen die Pferde oft jahrelang ohne Schutz vor Witterungseinflüssen, denn die Paddocks haben weder Bäume oder Sträucher, noch Unterstände oder Stallungen. Meistens handelt es sich um eingezäunte Sandplätze. Alle männlichen Tiere werden kastriert und sofern sie nicht zu alt oder zu unbändig sind, zur Adoption freigegeben. Allerdings ist die Nachfrage sehr gering. Hier zeigt die Kürzung des Etats durch Donald Trump nun seine volle Wirkung. Die große Anzahl gefangener Pferde kostet den Staat jedes Jahr fast 50 Millionen US Dollar. Futter, Wasser, Personal, Tierarztkosten und Hufschmiede müssen aus dem gekürzten Etat finanziert werden. Die Lösung sieht die Regierung nun in der Massenschlachtung dieser wundervollen Tiere.


Das Symbol für Freiheit endet als Hundefutter

Einen Mustang kann man für etwa 50 Euro bei den extra dafür abgehaltenen Auktionen erwerben. Pferde sind in den USA keine Mangelware. Aufgrund der großen und preisgünstigen Flächen werden mehr Pferde gezüchtet als dem Markt gut tut, und es gibt daher unzählige ausgemusterte und ungewollte Rasse- und Sportpferde.

Der Spottpreis für Mustangs ruft allerlei skrupellose "Geschäftsleute" auf den Plan. Tierschutzorganisationen haben ermittelt, dass ein Großteil der wilden Mustangs in den Schlachthöfen Mexikos oder Kanadas landet, denn die USA verfügen über ein gesetzliches Schlachtverbot für Pferde. Der einst gut gemeinte Gesetzesbeschluss gipfelt heutzutage in schlimmen Tierschutzvergehen in Nord- und Südamerika. Jede Woche werden Tausende Pferde in offenen LKW zusammengepfercht und über mehr als 3.000 kilometerlange Distanzen ohne Futter und Wasser und ohne Schutz vor Kälte und Hitze in die angrenzenden Staaten Mexiko und Kanada gefahren. Die Transporte dauern häufig mehr als 70 Stunden.

Die Schlachtbedingungen in Mexiko sind schrecklich. Aufgrund von mangelndem Fachpersonal sind die Falsch- und Fehlbetäubungsraten enorm hoch. Das friedliche und freie Leben der Mustangs endet hier in Panik und Schrecken.

Da Amerikaner Pferdefleisch verschmähen, werden die Schlachtkörper zurück in die USA exportiert und dort zu Hundefutter verarbeitet. Ein Großteil des Fleisches wird von Südamerika aus in die ganze Welt exportiert.


Hoffnung oder bitteres Ende?

Während der politischen Sommerpause kämpften Tierschutzorganisationen unermüdlich um die Stimmen der Bevölkerung und führten Gerichtsprozesse, die den Fortbestand der Mustangs sichern sollen. Eine abschließende Entscheidung ist bisher nicht gefallen. Eine Schlachtung zur Reduzierung des Bestandes ist für den Großteil der amerikanischen Bevölkerung unvorstellbar, denn als Wahrzeichen der USA gilt der Mustang als Symbol der Freiheit und ist ein Mythos in der Geschichte der Besiedelung des Wilden Westens. Es gibt verschiedene gute Ansätze, um die Mustangs der USA vor dem Aussterben zu bewahren, jedoch fehlt es ganz deutlich an gesetzlichen Regulatorien zum Schutz des Landes und seiner Tiere. Zum Glück gibt es weltweit Organisationen, die keine Angst vor der Macht der Konzerne haben und sich ihnen mutig und beharrlich entgegenstellen.


INFOBOX
Insgesamt verfügen die Vereinigten Staaten von Amerika über 285 Millionen Hektar staatliches Land. Diese Fläche ist größer als Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien, Polen Norwegen, Österreich, Niederlande, Belgien und die Schweiz zusammen.

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Quelle:
PROVIEH MAGAZIN - Ausgabe 4/2017, Seite 20-23
Herausgeber: PROVIEH - Verein gegen
tierquälerische Massentierhaltung e.V.
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PROVIEH erscheint viermal jährlich.


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Februar 2018

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