Veterinärmedizinische Universität Wien - 04.08.2016
Ziegen fressen entspannter mit Sichtblenden
Durch begrenztes Platzangebot kommt es bei der Ziegenfütterung vermehrt zu Auseinandersetzungen zwischen den Tieren. Die sozialen Spannungen kann man aber durch eine gute Gestaltung der Fressplätze reduzieren. ForscherInnen vom Institut für Tierhaltung und Tierschutz der Vetmeduni Vienna haben in Kooperation mit dem Institut für Ökologische Tierhaltung des Thünen Instituts gezeigt, dass Ziegen entspannter fressen, wenn zwischen den einzelnen Fressplätzen Sichtblenden vorhanden sind. Die Studie wurde im Fachjournal Applied Animal Behaviour Science veröffentlicht.
Zur Fütterungszeit ist die Konkurrenz im Ziegenstall besonders hoch.
Soziale Spannungen steigen und es kommt häufiger zu Aggressionen. Einen
wesentlichen Einfluss hat dabei das Platzangebot. Denn Ziegen halten gerne
einen gewissen Abstand zu ihren Artgenossen ein - ihre Individualdistanz.
Soviel Platz steht jedoch am Fressplatz selten zur Verfügung. "Um ans
Futter zu gelangen, kommen sich die Tiere dadurch "unfreiwillig" viel
näher, als sie es wollen. Dies kann zu Verletzungen, Stress und
letztendlich Einbußen bei der Milchleistung führen", so Projektleiterin
Susanne Waiblinger vom Institut für Tierhaltung und Tierschutz der
Vetmeduni Vienna.
Mit strukturellen Hilfsmitteln wie Fressgittern wird die Situation bereits verbessert. Diese schaffen eine gewisse Barriere zwischen den benachbarten Fressplätzen, da die Tiere ihren Kopf durch einzelne Öffnungen stecken um zu fressen. Die Fressgitter verhindern aber nicht, dass die Tiere sich beim Fressen stören lassen. Denn Ziegen beobachten stets aufmerksam, wer sich neben sie stellt oder ob sich ranghöhere Tiere nähern. "Sie unterbrechen die Futteraufnahme, weil sie andere Tiere, die ihnen zu nahe kommen, vertreiben wollen oder weil sie vor dominanten Tieren ausweichen müssen", erklärt Waiblinger.
Von anderen Tierarten ist bekannt, dass blickdichte Abgrenzungen zwischen Tieren die Individualdistanz gewissermaßen verkleinern. "Sieht ein Tier ein anderes nicht, fühlt es sich nicht gestört" meint Waiblinger. Die Frage war daher, ob Sichtblenden auch die Situation am Fressplatz einer Ziegenherde entspannen können.
Das Team um Erstautorin Eva Nordmann brachte deshalb zusätzliche Sichtbarrieren in Kopfhöhe an den Fressgittern an. Dann beobachteten sie in zwei Gruppen, die jeweils zwei Wochen mit und zwei Wochen ohne Sichtblenden gehalten wurden, das Sozialverhalten und beurteilten den Ernährungszustand. Außerdem erhoben sie wie viele Fressplätze gleichzeitig besetzt waren und analysierten Stressmarker im Kot. Vor allem beim Sozialverhalten und der Fressplatznutzung zeigte sich ein positiver Effekt der Sichtblende.
Die ranghohen Ziegen fraßen ruhiger, weil sie durch die Blenden keine Sicht auf die Fressplätze neben sich hatten und sich nicht gezwungen sahen Konkurrenten zu verjagen. Dadurch wurden auch die anderen Ziegen weniger von ihrem Fressplatz verdrängt. Die Fütterungszeit zeichnete sich so durch eine entspanntere Situation mit weniger Störungen beim Fressen aus. Die Fressplätze waren mehr ausgelastet und die Ziegen standen häufiger direkt nebeneinander ohne einen Fressplatz freizulassen.
Das Forschungsteam stellte bei den ranghohen Tieren sogar eine Zunahme des Ernährungszustandes (Bemuskelung und Fettanteil) im Lendenbereich fest. Die verringerte Störung durch benachbarte Tiere schien bei den ranghohen Tieren demnach die Futteraufnahme zu erhöhen.
Die Sichtblenden verringerten die Aggressionen zwischen den Tieren im Fressbereich merklich. Für alle Herdenmitglieder verlief die Fütterungszeit somit entspannter. "Sichtblenden können daher als unterstützende Maßnahme am Fressplatz empfohlen werden", schlussfolgert Waiblinger. "Gemeinsam mit den Metallpalisaden bilden sie eine sehr gute Struktur für den Fressplatz im Ziegenstall und tragen zum Wohlbefinden der Tiere bei. Das kann längerfristig auch die Gesundheit und Milchleistung der Ziegen verbessern."
Service
Der Artikel "Head partitions at the feed barrier affect behaviour of
goats" von Eva Nordmanna, Kerstin Barth, Andreas Futschik, Rupert Palme
und Susanne Waiblinger wurde im Journal Applied Animal Behaviour Science
veröffentlicht.
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0168159115000970
Über die Veterinärmedizinische Universität Wien
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Veterinärmedizinische Universität Wien, Mag.rer.nat Georg Mair, 04.08.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 6. August 2016
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