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TIERHALTUNG/689: Unser Ziel ist das Ende der industriellen Tierhaltung (tierrechte)


tierrechte 4.16 - Nr. 77, Dezember 2016
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V

Unser Ziel ist das Ende der industriellen Tierhaltung

von Christina Ledermann


Wirksame Strategie & kluge Taktik

In dieser Ausgabe stellt Ihnen das tierrechte-Magazin Persönlichkeiten vor, die sich auf ganz unterschiedliche Art und Weise für Tiere einsetzen. Sie kommen aus den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen wie Wissenschaft, Behörden, Politik, Rechtswissenschaft, Landwirtschaft, Finanzwirtschaft und Literatur. Sie sind nicht alle klassische TierrechtlerInnen. Darauf kam es und auch nicht an. Wir fanden es entscheidend, dass ihr Engagement wirkt. Dass es das Potenzial hat, etwas für die Tiere zu verändern. Diese Menschen leben uns vor, dass es viele Wege gibt, diese Welt besser zu machen.

Ende September diesen Jahres wurde eine bemerkenswerte Initiative gestartet: Ein Zusammenschluss von Großinvestoren forderte die großen Lebensmittelkonzerne auf, mehr auf pflanzliche Nahrungsmittel zu setzen. Rosie Wardle, zuständig für den Bereich industrielle Tierhaltung bei der Jeremy Coller Stiftung, ist optimistisch. Auch Bill Gates nennt pflanzliches Fleisch "die Nahrung der Zukunft".


Rosie Wardle wuchs in einem kleinen Dorf in Nordengland auf, einer Region, in der die Auswüchse der industriellen Tierhaltung vielerorts sichtbar sind. Eine ihrer eindringlichsten Erinnerungen war der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche im Jahr 2001. Die damals 13-jährige hat jetzt noch die Bilder der brennenden Scheiterhaufen aus toten Tieren vor Augen.

Diese verheerenden Bilder seien ein Weckruf für sie gewesen. Heute arbeitet Rosie Wardle für die Jeremy Coller Stiftung. Die Stiftung, gegründet von Jeremy Coller, einem einflussreichen britischer Finanzier, setzt sich im Rahmen der Investoreninitiative FAIRR (Farm Animal Investment Risk & Return) für verantwortungsvolle Investments und gegen die industrielle Tierhaltung ein. Bei ihrem aktuellen Vorstoß fordert ein Zusammenschluss von Großinvestoren die großen Lebensmittelkonzerne wie Kraft, Heinz, Nestlé, Unilever, Tesco und Walmart dazu auf, mehr Nahrungsmittel auf Basis von pflanzlichem Eiweiß anzubieten. Zudem sollen die Konzerne Strategien entwickeln, um das Angebot für Produkte auf pflanzlicher Basis zu steigern.


Umlenken des Konsums ist eine Schlüsselkomponente

"Das Ende der industriellen Tierhaltung ist ein strategisches Langzeitziel unserer Stiftung. Wir sind der Meinung, dass ein Umlenken des Konsums hin zu mehr Eiweiß auf pflanzlicher Basis eine Schlüsselkomponente ist, um sich vom System der industriellen Tierhaltung weg - und damit auch fortzuentwickeln", sagt Wardle. Die Begründung: Die weltweite Fixierung auf die industrielle Tierhaltung in Kombination mit der wachsenden Nachfrage nach tierischen Proteinen ist nach ihrer Ansicht ein Rezept für eine finanzielle, soziale, gesundheitliche und ökologische Krise. Die Risiken der industriellen Tierhaltung würden auf den Finanzmärkten derzeit nicht angemessen bewertet. Zu diesen Risiken zählen auch Lebensmittelskandale und der Ausbruch von Tierseuchen. Die Initiative fordert von den Konzernen, auf diese Risiken zu reagieren.


Geldgeber haben Mitspracherecht

Die Investoren, die hinter der Initiative stehen, sind indes keine unbedeutenden Krauter. Es handelt sich um 40 Finanzhäuser, Pensionsfonds und andere, die zusammen 1,1 Billionen Euro bündeln. Wardle ist optimistisch, dass die Aufforderung der Investoren bei den Unternehmen auf fruchtbaren Boden fällt. Zum einen, weil die Investoren als eigentliche Eigentümer der Unternehmen massiv Einfluss nehmen können. Zum anderen aufgrund des wirtschaftlichen Interesses der Investoren. Denn der Markt für nachhaltige pflanzliche Proteine sei groß und wachse weiter. Wenn die Konzerne diese Entwicklung verschlafen und Marktanteile verlieren, koste dies auch ihr Geld.


Nur pflanzliches Eiweiß kann globalen Proteinbedarf decken

Die größere Verfügbarkeit pflanzlicher Produkte würde zudem dazu führen, dass die Verbraucher ihre Konsumgewohnheiten entsprechend verlagern. Dies hätte wiederum einen positiven Effekt auf die Nachfrage für vegetarische und vegane Produkte. Wardle erwartet, dass sich diese Entwicklung fortsetzen wird. Denn der Proteinbedarf der wachsenden Weltbevölkerung könne auf Dauer nicht mit tierischem Eiweiß gedeckt werden. Studien prognostizieren, dass alternative Proteine bis 2050 ein Drittel des gesamten Proteinmarktes ausmachen werden. Zum Schluss nennt Rosie Wardle noch ein ermutigendes Beispiel: Das große US-Fleischunternehmen Tyson Foods beteilige sich jetzt an dem Start up-Unternehmen "Beyond Meat", das Fleischersatz auf pflanzlicher Basis entwickelt. Auch Microsoft-Gründer Bill Gates investiert in dieses Unternehmen. Für ihn ist pflanzliches Fleisch "die Nahrung der Zukunft". Vor kurzem hätte Tyson Foods erklärt, dass es sich nicht mehr als Fleischunternehmen sähe, sondern als Protein-Versorger. "Das", sagt Rosie Wardle, "ist eine gute Nachricht für die Tiere!"


Ein ausführliches Interview mit Rosie Wardle lesen Sie unter:
www.mag.tierrechte.de/01

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Quelle:
tierrechte 4.16 - Nr. 77/Dezember 2016, S. 11
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
eMail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de
 
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Februar 2017

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