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TIERVERSUCH/411: Schlupfloch vom Tierversuchsverbot (tierrechte)


tierrechte 1.09 - Nr. 47, Februar 2009
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.

Schlupfloch vom Tierversuchsverbot

Von Christiane Baumgartl-Simons


Was passiert nun, wenn an den beiden Stichterminen 11. März 2009 und 11. März 2013 tierversuchsfreie Testverfahren für die einzelnen Testkategorien nicht oder nur unzureichend zur Verfügung stehen?


Dies könnte circa 10 Prozent der Rohstoffe betreffen, die ausschließlich zu kosmetischen Zwecken eingesetzt werden. Der Kosmetikhersteller hat dann folgende Möglichkeiten: Er verzichtet auf den Einsatz des Rohstoffs und verwendet bekannte und bereits zugelassene Substanzen oder er beantragt bei der EU-Kommission eine Ausnahme vom Tierversuchsverbot. Hierbei sind sehr zeitaufwendige und damit teure Nachweise zu erbringen. Der Wissenschaftliche Ausschuss für Konsumgüter (SCCP[1]) befindet dann über die beantragte Ausnahmeregelung. Bis zu 90 Prozent der kosmetischen Bestandteile dürfen jedoch weiterhin nach Chemikalienrecht geprüft werden, das den Tierversuch nur dann verbietet, sobald ein behördlich anerkanntes Eratzverfahren vorliegt. Denn diese Substanzen werden nicht ausschließlich in der Kosmetik verwendet.

In Fällen, in denen die Ergebnisse aus der Chemikalienprüfung für kosmetische Zwecke unzureichend sind, befürchtet die Kosmetikbranche schon heute ein Problem. Die Kosmetikrichtlinie lässt hierfür noch immer ein kleines Schlupfloch zu, das auch für die 10 Prozent der Substanzen, die nur in der Kosmetik eingesetzt werden, genutzt werden kann. Wenn keine Ersatzverfahren vorhanden sind, mit welchen die Unbedenklichkeit von kosmetischen Bestandteilen nachgewiesen werden kann, so ist ein Mitgliedstaat berechtigt, bei der EU-Kommission eine Ausnahme von der Verbotsregel zu erreichen. Hierfür liegt die Messlatte, verglichen mit den vorausgegangenen Regelungen, sehr hoch. Pauschalausnahmen sind nicht vorgesehen. Eine Ausnahme wird nur gewährt, wenn der Bestandteil weit verbreitet ist und nicht durch eine andere Substanz mit ähnlicher Funktion ersetzt werden kann. Das spezifische Gesundheitsproblem für den Menschen muss begründet und die Notwendigkeit der Durchführung von Tierversuchen anhand eines detaillierten Forschungsprotokolls nachgewiesen werden. Der Wissenschaftliche Ausschuss für Konsumgüter trifft nach Anhörung des Antragstellers die Entscheidung über eine Ausnahme.

[1] SCCP
Scientific Committee on Consumer Products (Wissenschaftlicher Ausschuss "Konsumgüter" der EU).


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Quelle:
tierrechte - Nr. 47/Februar 2009, S. 8
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de

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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. März 2009