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TIERVERSUCH/590: Nach oben offene Richterskala (Ingolf Bossenz)


Nach oben offene Richterskala

Ingolf Bossenz ist verwundert über die Feinde des Fortschritts



Roma locuta, causa finita - Rom hat gesprochen, der Fall ist beendet. Rom ist bei diesem Vorgang Leipzig, nämlich das Bundesverwaltungsgericht; das Urteil betrifft Bremen. Dort werden seit 1998 lebenden Makaken-Affen die Schädel aufgesägt und die blank liegenden Gehirne mit Elektroden gespickt. Nach entsprechendem Trinkwasserentzug werden die durstigen Tiere in Apparaturen fixiert, wo man sie mit »Aufgaben« traktiert, bei deren richtiger Lösung sie ein wenig Wasser bekommen.

Das klingt alles ziemlich grausam, aber das war schließlich in der Geschichte der Wissenschaft schon immer so: Für den Fortschritt müssen Opfer gebracht werden. Dass große Teile unserer Gesellschaft diese Binsenwahrheit nicht begreifen, zeigt der jahrelang von Professoren, Studierenden, Tierschützern und vielen Leuten, die leider von wahrer Wissenschaft nichts verstehen, geschürte und geführte Kleinkrieg gegen den verantwortlichen Neurobiologen Andreas Kreiter. Petitionen, Protestmeetings und andere Gutmenschenpropaganda machten dem Hirnspezialisten das Forschen und Leben schwer. Darum aus Leipzig jetzt das definitive Basta, dass »die Belastungen der Versuchstiere im Hinblick auf die hohe wissenschaftliche Bedeutung des Versuchsvorhabens ethisch vertretbar« sind. Meinen die Richter. Die Affen kann man schließlich nicht fragen.

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Quelle:
Ingolf Bossenz, Februar 2014
Der Schattenblick veröffentlicht diesen Artikel mit der freundlichen
Genehmigung des Autors.
Erstveröffentlicht in Neues Deutschland vom 06.02.2014
http://www.neues-deutschland.de/artikel/923194.nach-oben-offene-richterskala.html


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Februar 2014