Magazin tierrechte - Ausgabe 2/2017
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V
Was bringt die EU-Tierversuchsrichtlinie?
von Dr. Christiane Hohensee
Bis November 2017 muss die EU-Kommission die EU-Tierversuchsrichtlinie 2010/63/EU überprüfen. Dabei geht es vor allem darum festzustellen, welche Fortschritte es bei der Entwicklung tierversuchsfreier Methoden gab. Zum einen zeigte sich, dass die Richtlinie den Tieren zu Gute kommt. Zum anderen wurde auch deutlich, dass die Mitgliedsländer noch erheblichen Nachholbedarf haben, um die Ziele der Richtlinie zu erreichen.
Im Sommer 2016 hatte die Kommission eine Umfrage mit allen am
Tierversuch beteiligten Interessensgruppen durchgeführt. Die
Ergebnisse dieser Befragung wurden Ende März 2017 auf einer
Veranstaltung in Brüssel vorgestellt, zu der auch der Bundesverband
eingeladen war. Die Kommissionsvertreter schickten voraus, dass zum
jetzigen Zeitpunkt noch nicht ausreichend Informationen vorlägen, um
belastbare Schlussfolgerungen für eine Revision der Richtlinie zu
ziehen. Die Ergebnisse der Umfrage waren dennoch interessant: Sie
ergab, dass die Mehrheit der Meinung war, dass die Richtlinie seit
ihrem Inkrafttreten 2010 zu mehr "Tierwohl" in den Mitgliedsländern
und zu einer Verbesserung der Qualität der wissenschaftlichen
Ergebnisse geführt habe. Im Bereich der gesetzlich vorgeschriebenen
Tierversuche hätten neue Verfahren zur Reduzierung der Tierversuche
beigetragen.
Die Umfrageteilnehmer äußerten sich überwiegend positiv, dass neu eingeführte Tierschutzgremien zu einer Umsetzung der 3R-Prinzipien (Ersetzen, Reduzieren, Verfeinern) in der Forschung beigetragen hätten. Allerdings seien in einigen Mitgliedsländern noch nicht ausreichend Kompetenzen vorhanden. Zudem befänden sich die Nationalen Ausschüsse noch in unterschiedlichen Entwicklungsphasen. Auch bezüglich der Aufsicht über die Einhaltung von Tierschutzvorgaben in der Aus- und Fortbildung herrsche noch Definitionsbedarf. Bei Ausbildung und Training bestünden ebenfalls noch große Unterschiede in Umfang und Qualität zwischen den Mitgliedsländern.
Im Bereich der Grundlagenforschung und der angewandten Forschung habe es jedoch wenig tierversuchsfreie Innovationen gegeben. Es gäbe zudem Probleme bei der Akzeptanz. Viele Wissenschaftler griffen zu wenig auf die neuen Methoden zurück. Man war sich weitgehend einig, dass die Mitgliedsländer größere Anstrengungen unternehmen müssten, um Alternativen im Bereich der Grundlagenforschung und der angewandten Forschung zu entwickeln. Es fehlen eine spezielle Förderung für die Entwicklung sowie Validierungsstudien für neue tierversuchsfreie Verfahren.
Auch bezüglich der Projektgenehmigung und -evaluierung gibt es Verbesserungsbedarf: Es gäbe noch Unterschiede bei den Tierversuchs-Genehmigungen unter den Mitgliedsländern. Wissenschaftler kritisierten, dass es häufig zu Verzögerungen bei den Antragsgenehmigungen käme. In einem nicht näher genannten Mitgliedsland sollen mehr als 100 Stellen an der Antragstellung beteiligt sein. Kritik kam auch bezüglich der Evaluierung von Tierversuchen auf. Es gäbe beispielsweise keine einheitliche Definition, wie der Schaden der Tiere in Tierversuchen gemessen werden könne. Notwendig sei ein gemeinsames Verständnis darüber, was schwere Schmerzen, Leiden und Schäden seien. Zudem sei der Tierschutz bei der Evaluierung nicht vertreten.
Bisher gäbe es auch nur wenige Programme zum sogenannten "Rehoming", der Unterbringung der Tiere nach Abschluss der Versuche. Es gibt auch noch keine EU-weiten Daten, wie viele Tiere letztlich untergebracht worden sind. Das BfR schlug vor, die deutsche Datenbank Animaltestinfo entsprechend zu erweitern. Die Kommission will zudem für die Nationalen Ausschüsse eine Webseite zur Verfügung stellen, auf der sie ihre Leitfäden zur Unterbringung von Tieren veröffentlichen können.
Zur Lösung des Problems unnötiger Dopplungen von Tierversuchen wurde eine europäische Datenbank vorgeschlagen. Beim Thema Wiederverwendung von "Versuchstieren" bestand Uneinigkeit vor allem zu der Überlegung, wie eine Anhäufung von Leiden beim Tier durch einen mehrfachen Einsatz zu bewerten ist. Kritik gab es zudem an der Unausgewogenheit der nicht-technischen Projektzusammenfassungen. Hier würden die Vorteile gegenüber dem Schaden des Tieres zu stark in den Vordergrund gestellt.
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Quelle:
Magazin tierrechte - Ausgabe 2/2017, S. 13
Menschen für Tierrechte
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Oktober 2017
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