BBU-WASSER-RUNDBRIEF - Nr. 1113, vom 22. Aug. 2017, 36. Jahrgang
regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)
Ziemlich viele Mikroverunreinigungen im Regenwasserabfluss in Berlin
In der Debatte um die Mikroverunreinigungen richtet sich der Fokus in der Regel auf den Abfluss der Kläranlagen. Jetzt hat sich aber zumindest bei Untersuchungen in Berlin herausgestellt, dass die Regenabflüsse bei vielen Mikroverunreinigungen ähnlich hoch belastet sind wie die Kläranlagenabflüsse. In dem Aufsatz "Spurenstoffe im Regenwasserabfluss Berlins" berichten DANIEL WICKE ET AL. in der KORRESPONDENZ ABWASSER 5/2017, S. 394-404, über die Ergebnisse eines entsprechenden Messprogramms. Dabei wurden die Niederschlagsabflüsse in der Trennkanalisation mehrerer unterschiedlich strukturierter Berliner Stadtteile beprobt und analysiert. Die AutorInnen kommen zum Fazit, "dass etwa 1,5 Tonnen an organischen Spurenstoffen über Regenabfluss jährlich in die Berliner Gewässer gelangen". Damit würden die Frachten im Niederschlagsabfluss "in der gleichen Größenordnung" wie in den Kläranlagenabflüssen liegen. Ganz oben im Ranking der Mikroverunreinigungen in der Trennkanalisation stehen verschiedene Schwermetalle mit einer Summenkonzentration von 500 bis 1.500 µg/l. Dahinter folgen die Phtalate in einem Konzentrationsbereich von 5 bis 15 µg\l. Damit sind die Phtalate bei den organischen Spurenstoffen "mit Abstand" führend. Bei einigen dieser Phtalate konnte eine Korrelation mit der Verkehrsdichte nachgewiesen werden. Das rührt daher, dass beispielsweise Diethylhexylphatalat (DEHP) im Unterbodenschutz eingesetzt wird. Einige der analysierten Mikroverunreinigungen überschreiten nicht nur in der Trennkanalisation, sondern auch im "Vorfluter" die für Oberflächengewässer gültigen Umweltqualitätsziele - oder die Konzentrationen liegen so hoch, dass die No-Effekt-Levels gerissen werden.
Immerhin im noch einstelligen Mikrogrammbereich konnte in der zuvor
genannten Studie auch Nikotin mit bis zu 7,4 µg/l nachgewiesen werden.
Es sei nahe liegend, anzunehmen, "dass Nikotin über aus Straßen und
Fußwege entsorgte Zigarettenkippen in den Regenabfluss gelangt". Das
Nikotin würde sich zu mehr als 50 Prozent innerhalb einer halben
Stunde aus den Kippen herauslösen. Neben tatsächlich kritischen
Schadstoffen - wie beispielsweise chlorierten Organophosphaten
(eingesetzt als Flammschutzmittel) und Bioziden (aus der Imprägnierung
von Fassaden) - konnte auch Coffein detektiert werden. Coffein im
Regenabfluss sei wahrscheinlich auf "weggeworfene Kaffeebecher"
zurückzuführen. Markante Unterschiede im Kläranlagenabfluss und in der
Trennkanalisation ergeben sich erwartungsgemäß bei den
Pharmawirkstoffen, die im Kläranlagenabfluss dominieren. Prägend für
die Schadstoffbelastung der Trennkanalisation seien demgegenüber
Biozide und Polycyclische Aromatische Kohlenstoffe (PAKs). Im
Vergleich zu den Schadstoff-Konzentrationen und -Frachten in
Kläranlagenabflüssen und Regenwasserkanalisationen sei "die Bedeutung
der Mischwasserüberläufe für jährliche Spurenstofffrachten (...)
vergleichsweise gering". Als Ergebnis ihrer Analysen und
Hochrechnungen empfehlen die Autorinnen, bei der Weiterentwicklung
einer Strategie gegen Mikroverunreinigungen in der aquatischen Umwelt
dem Regenwasserpfad mehr Aufmerksamkeit zu schenken:
"Während im Mischsystem eine vierte Reinigungsstufe auch Belastungen
von Regenablauf reduzieren kann, sind im Trennsystem andere Strategien
notwendig, um den Eintrag von Spurenstoffen in die Gewässer weiter zu
verringern (insbesondere auch Maßnahmen an der Quelle wie zum Beispiel
vorhandene Aktivitäten zu Bioziden in Bauprodukten)".
Weitere Auskunft zur Relevanz der Niederschlagswasserabflüsse bei der
Eindämmung der Mikroverunreinigungen bei:
Herrn Dr. Daniel Wicke
Kompetenzzentrum Wasser Berlin gGmbH
Daniel.Wicke[at]kompetenz-wasser.de
*
Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1113
Herausgeber:
regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser
im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU),
Rennerstr. 10, 79106 Freiburg i. Br.
Tel.: 0761 / 27 56 93, 456 871 53
E-Mail: nik[at]akwasser.de
Internet: www.akwasser.de, www.regioWASSER.de
Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF kann abonniert werden durch Voreinzahlung
von 30 Euro für 30 Ausgaben auf das Postbankkonto Arbeitsgruppe
Wasser, Kto-Nr. 41952 757, Postbank Klrh., BLZ 660 100 75.
Meinungsbeiträge geben nicht in jedem Fall die Position des BBU
wieder!
Die Weiterverwendung der Informationen in diesem RUNDBRIEF ist bei
Quellenangabe (!) erwünscht!
© Freiburger Ak Wasser im BBU
veröffentlicht im Schattenblick zum 12. September 2017
Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang