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SONDERMÜLL/087: Giftmüllentsorgung und Wortbruch durch Roche bei Deponie-Sanierung (Greenpeace)


Greenpeace - Presseerklärung vom 18. Februar 2009

Giftmüllentsorgung und Wortbruch durch Roche bei Deponie-Sanierung in Süddeutschland


Basel (CH)/Grenzach-Wyhlen (D). Eklat bei der Sanierung der Chemiemülldeponie Hirschacker in Süddeutschland: Roche bricht eine Sanierungs-Vereinbarung mit Greenpeace und will giftigen Chemiemüll nicht mehr weiter ausgraben. Zudem: 17.000 Tonnen Aushubmaterial, das im Rahmen der chaotischen Hirschacker-Sanierung bisher ausgegraben wurde, landete illegal auf Deponien. Entsorgt wurde es unter anderem auf einen zukünftigen Golfplatz in Mainz (Hessen). Dies sind die brisanten Erkenntnisse einer Mängel-Studie zur Sanierung der Chemiemülldeponie Hirschacker, die Greenpeace heute an einer Pressekonferenz veröffentlichte. Greenpeace fordert, dass das illegal abgelagerte Hirschacker-Aushubmaterial wieder ausgegraben wird und die Hirschacker-Sanierung gemäss den Abmachungen mit Roche sauber weitergeht.

Der Gesundheitskonzern Roche ist einer der grössten Hersteller von Anti-Krebsmittel und erzielte 2008 einen Reingewinn von 10 Milliarden Schweizer Franken. Bei der Chemiemülldeponie Hirschacker aber will Roche Tausende von Tonnen krebserregenden Chemiemüll liegen lassen, den die Firma zum Teil selber dort abgelagert hat. Dies entgegen der Vereinbarungen, welche Roche unter anderem mit Greenpeace getroffen hat. Die Vereinbarung wurde Greenpeace von Roche, dem Landratsamt Lörrach und dem Ingenieurbüro HPC vorgeschlagen und regelt verbindlich: Werden beim Aushub an den jeweiligen Grubenränder Chemikalien über einem wissenschaftlich festgelegten Grenzwert festgestellt, müssen diese je ausgegraben werden. Greenpeace hatte den Vorschlag mit diesem schrittweisen Vorgehen als Kompromiss akzeptiert. Letzten Montag wurde aber klar: Roche will sich nicht an die Abmachungen halten. Dieser Wortbruch wiegt schwer. Er ist auch ein Ausdruck des fehlenden Willens, die chaotischen Zustände bei der Hirschacker-Sanierung in den Griff zu kriegen und das Deponie-Problem tatsächlich zu lösen.

Im Auftrag von Greenpeace verfasste der Altlasten-Experte Dr. Martin Forter eine akribische Mängel-Studie. Diese hält unter anderem fest, dass das Projekt von Anfang an auf realitätsfernen Annahmen basierte. Obwohl bekannt war, dass in der Deponie eine grosse Vielfalt von giftigen Abfallstoffen aus der Nitro- und Chlorchemie der Basler Chemie der 1950er-Jahre abgelagert wurde, beschränkten sich die Projektverantwortlichen lediglich auf die Stoffgruppe der Leichtflüchtigen Halogenierten Kohlenwasserstoffe (LHKW). Es erfolgten Ausschreibungen, die erst im Nachhinein bewilligt wurden. Es wurde mit dem Aushub begonnen, noch bevor das Abfallentsorgungskonzept stand. Wegen schlechter Planung musste ein Baustopp eingelegt werden, die Kosten explodierten unnötigerweise um über 100Prozent auf mehr als 10 Millionen Euro - ohne das Problem wirklich zu lösen.

Doch damit nicht genug: 17.000 Tonnen Aushubmaterial aus der Chemiemülldeponie Hirschacker wurden mit Kenntnis des Landratsamts Lörrach illegal entsorgt: Schon im September 2008 verweigerte das Regierungspräsidium Freiburg das Ablagern von Hirschacker-Aushub in einer Deponie bei Freiburg. Der Grund: Das Material sei zu wenig bekannt und falsch beprobt worden. Das Umweltministerium Baden-Württemberg bestätigte im Oktober 2008 in einem Schreiben, das Greenpeace vorliegt, sinngemäss: Was bei der Chemiemülldeponie Hirschacker ausgegraben wurde, ist für eine Abfallentsorgung ungenügend identifiziert resp. deklariert und kann somit nicht auf anderen Deponien entsorgt werden. Doch die Projektverantwortlichen ignorierten die rechtlich verbindlichen Vorgaben und machten weiter: Von September bis Dezember 2008 wurden so 17.000 Tonnen belastetes Material illegal entsorgt, wie aus den Unterlagen entnommen werden muss. Beliefert wurde vor allem die Deponie Budenheim in Mainz (Hessen), die in einen Golfplatz umgewandelt werden soll. Pikantes Detail: Der Golfplatz wird von der Baufirma gebaut, die beim Hirschacker den Aushub macht.

Roche scheint aus ihrer Vergangenheit nicht gelernt zu haben: Schon einmal hat Roche die Kontrolle über ihren Giftmüll verloren und dabei ihre Glaubwürdigkeit eingebüsst. War es nach Seveso ein Schweinestall in der Normandie, ist es heute ein Golfplatz in Hessen, wo unkontrolliert und illegal Giftmüll entsorgt wurde.

Greenpeace fordert, dass Roche die illegale Entsorgung von Hirschacker- Müll korrigiert. Roche muss ebenso den Wortbruch rückgängig machen und den Hirschacker gemäss Abmachungen sauber und korrekt weitersanieren. Innerhalb einer Wochenfrist soll Roche das bisher Vereinbarte schriftlich bestätigen und die Sanierungskosten übernehmen. Greenpeace ersucht die Grossaktionäre, beim Roche-Management zu intervenieren, einen Imageverlust zu vermeiden und die Kosten zu übernehmen, auch zum Schutze des Trinkwassers der Gemeinde Grenzach und der Hardwasser AG auf der anderen Rheinseite.

Die Deponie Hirschacker wurde von 1957 bis 1965 mit bis zu 100.000 Tonnen Chemieabfällen aufgefüllt. Seit über zwei Jahren engagiert sich Greenpeace für eine saubere und dauerhafte Sanierung der auslaufenden Deponie.


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Quelle:
Presseerklärung, 18.02.2009
Herausgeber: Greenpeace e.V., Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Februar 2009