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ATOM/1043: Alle Arten radioaktiver Abfälle betrachten und Schacht KONRAD neu bewerten (AG Schacht Konrad)


Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD e.V. - Presseinformation, 31. März 2014

Alle Arten radioaktiver Abfälle betrachten und Schacht KONRAD neu bewerten!



Die Einbeziehung aller Arten radioaktiver Abfälle in die aktuelle Atommüll-Diskussion und die Neubewertung des Projektes Schacht KONRAD haben heute Vertreter aus Salzgitter auf einer Pressekonferenz in Hannover gefordert und einen gemeinsamen Offenen Brief an die verantwortlichen MinisterInnen im Bund und den Ländern, die MinisterpräsidentInnen der Länder, sowie die BerichterstatterInnen der Fraktionen im Deutschen Bundestag vorgestellt. Das Konzept und der Langzeitsicherheitsnachweis für Schacht KONRAD sind mittlerweile Jahrzehnte alt. Die Erfahrungen aus dem Scheitern von ASSE II wurden nie berücksichtigt. Während das Gesetz für neue Endlager jetzt eine Bergbarkeit der Abfälle innerhalb von 500 Jahren verlangt, ist dies bei KONRAD weder vorgesehen noch machbar.

Frank Klingebiel, Oberbürgermeister der Stadt Salzgitter: "Es ist darum nicht mehr als recht und billig, zumindest eine Neubewertung des KONRAD-Projektes nach dem Stand von Wissenschaft und Technik zu fordern. Sicherheit und Gesundheitsschutz für die hier lebenden Menschen haben für mich und die Verantwortlichen der Stadt Salzgitter höchste Priorität. Da ist es nicht zumutbar, dass ein Projekt mit so langfristigen Auswirkungen wie ein Atommüll-Endlager einfach weitergebaut wird, obwohl es größte Zweifel an der Machbarkeit und Sicherheit gibt. Gerade weil das Bundesverfassungsgericht Kommunen und Bürgern das Recht abgesprochen hat, Nachweltschutz juristisch einzuklagen, halten wir es für umso wichtiger, dies jetzt politisch einzufordern." Erfahrungen aus ASSE II müssen berücksichtigt werden!

Für das Landvolk Braunschweiger Land erklärt Ulrich Löhr, der seinen Hof im Kreis Wolfenbüttel hat: "Nach den katastrophalen Erfahrungen in Asse II, ist es unabdingbar, dass Atommüll in Zukunft oberflächennah und rückholbar gelagert werden muss". Das Landvolk hatte wesentlichen Anteil an der Klage der Salzgitteraner Landwirtsfamilie Traube gegen KONRAD, die 2007 höchstrichterlich abgewiesen wurde. Derzeit läuft noch eine Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Standortbedingungen in Salzgitter und Transporte wurden nie berücksichtigt

Für die IG Metall Salzgitter-Peine weist Björn Harmening darauf hin, dass die Klärung zentrale Fragen wie einer abwägende Betrachtung der Standortbedingen und die Transporte auf Bundesweisung nicht im KONRAD-Verfahren geklärt werden durften: "Die IG Metall ist nach wie vor der Meinung, dass es unverantwortlich ist, ein atomares Endlager in direkter Nähe zu Tausenden von Arbeitsplätzen zu errichten. Der Einlagerungsschacht II auf dem Gelände der Salzgitter AG befindet sich in unmittelbarer Nähe zu Heißbetrieben wie den Hochöfen und dem Walzwerk. Unter Ignorierung der damit verbundenen Unfallgefahren sollen die Transporte trotzdem täglich per Bahn und LKW durch das dicht besiedelte Stadtgebiet rollen. Zudem sieht die Gewerkschaft die Arbeitsplätze in den angesiedelten Unternehmen in Gefahr, denn eine Industriestadt wie Salzgitter ist auf hohe Investitionen in den bestehenden Betrieben, aber auch auf Neuansiedlungen angewiesen - ein Endlager für Atommüll ist da sicherlich keine Empfehlung. Dies kann auch durch den Konradfonds nicht kompensiert werden. Aus unserer Sicht droht der Stadt schon im sogenannten "Normalbetrieb" eines möglichen Endlagers ein riesiger Imageschaden im Hinblick auf Investoren. Ein möglicher Unfall mit dem Atommüll würde das Aus für viele Betriebe in Salzgitter bedeuten." Aus den Metall-Betrieben der Region hat es seit 2000 mehrfach während der Arbeitszeit Aktionen gegen das KONRAD-Projekt und Atompolitik gegeben. Probleme bei KONRAD größer als bisher angenommen? "Es geht hier nicht nur um das Interesse eines einzelnen Standortes", ergänzt Ursula Schönberger, federführende Autorin einer ersten umfassenden "Bestandsaufnahme Atommüll für die Bundesrepublik Deutschland". "Es geht auch um die Rückholabfälle aus ASSE II, Uran-Abfälle aus Gronau oder die Hinterlassenschaften des Forschungszentrum Jülich, die sowieso alle nicht in KONRAD eingelagert werden könnten und es geht um die Interessen aller Standorte, denen jetzt noch versprochen wird, der dortige Müll werde demnächst nach KONRAD abfließen." Zudem hält Schönberger die Probleme bei der Realisierung von KONRAD für größer, als bisher angenommen. Ein Vortrag über die Sanierung der KONRAD-Schächte auf einer Fachveranstaltung am 20. März sei ausgefallen, weil er "einfach nicht freigegeben worden sei". Und eines sei sicher: "Sollte man die Schächte der Alt-Anlage KONRAD nicht sanieren können, muss man sie neu bauen und natürlich weiß auch der Betreiber, dass eine neue Anlage auch neu genehmigt werden müßte."

Raute


An

  • Frau Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks
  • Herrn Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel
  • die MinisterpräsidentInnen der Länder
  • die UmweltministerInnen der Länder
  • den Wirtschaftsminister des Landes Nordrhein-Westfalen
  • die BerichterstatterInnen der Fraktionen des Deutschen Bundestages


Salzgitter, 28. März 2014

Offener Brief zum Standortauswahlgesetz

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Zusammenhang mit der jetzt anstehenden Diskussion fordern wir Sie auf, alle Arten radioaktiver Stoffe in die Betrachtung einzubeziehen und den Standort KONRAD nicht weiter als gesetzt anzusehen.

Mit der Umsetzung des Standortauswahlgesetzes vom 23.07.2013 wird jetzt beabsichtigt, mittels eines wissenschaftsbasierten Verfahrens bis 2031 einen "Standort für eine Anlage zur Endlagerung" in Deutschland zu finden. Die damit verbundene Diskussion soll jedoch auf den geringen Volumenanteil an hochradioaktiven wärmeentwickelnden Abfällen begrenzt werden. Über neunzig Prozent des Abfallvolumens entfallen jedoch auf die sogenannten schwach- und mittelradioaktiven Abfälle, mit deren Lagerung in ASSE II und Morsleben bereits negative Erfahrungen gemacht wurden. Diese Erfahrungen müssen aufgearbeitet werden. Gleiches gilt für das bereits vor Jahrzehnten erstellte Einlagerungs- und Sicherheitskonzept des geplanten Atommülllagers Schacht KONRAD, das dringend einer Neubewertung nach dem Stand von Wissenschaft und Technik unterzogen werden muss. Gründe dafür gibt es mehr als genug.

Exemplarisch seien genannt:

Das Einlagerungs- und Sicherheitskonzept für Schacht KONRAD ist veraltet. Erste Planungen gehen auf den Beginn der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück, der Erörterungstermin fand 1992/93 statt, die Genehmigung wurde 2002 erteilt. Insbesondere der Nachweis der Langzeitsicherheit entspricht nicht den heutigen Anforderungen; dies wurde bereits beim Erörterungstermin ausführlich kritisiert (so ist ungeklärt, ob bei Schacht KONRAD die Ausbreitung der Radionuklide alleine mittels Diffusion oder über zusätzliche Konvektion stattfinden wird und ob ein einschlusswirksamer Gebirgsbereich existiert).

Bei der Umsetzung der wasserrechtlichen Erlaubnis in Annahmebedingungen für die radioaktiven und chemotoxischen Abfälle wurden die restriktiven Vorgaben in unzulässiger Weise aufgeweicht. Dadurch kann die einzulagernde Menge wassergefährdender Stoffe über die nach Planfeststellungsbeschluss wasserrechtlich zulässigen Werte hinaus erhöht werden.

Der Standort Schacht KONRAD wurde ohne Auswahlverfahren festgelegt. Dies widersprach schon zu damaliger Zeit dem Stand von Wissenschaft und Technik. Bei jedem Infrastrukturprojekt hätte die fehlende vergleichende Bewertung von Standortalternativen im Genehmigungsverfahren zum K.o. geführt nicht so bei Schacht KONRAD. Im Übrigen fehlt die gesellschaftliche Akzeptanz für das Projekt KONRAD, da das gesamte Verfahren - außerhalb des formalen Erörterungstermins - ohne jegliche Bürgerbeteiligung durchgesetzt wurde.

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Quelle:
KONPress - 31.03.2014
Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad e.V.
Bleckenstedter Straße 14a, 28239 Salzgitter
Telefon: 05341 / 90 01 94, Fax: 05341 / 90 01 95
E-Mail: info@ag-schacht-konrad.de
Internet: www.ag-schacht-konrad.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. April 2014