Schweizerische Vogelwarte Sempach
News - Medienmitteilung, 25. März 2025
Schlaflos im Nistkasten
Eine neue Studie mit Beteiligung der Vogelwarte zeigt, dass Kohlmeisen in der Nacht unruhiger sind und weniger Zeit auf ihren Eiern verbringen, wenn es viel Lichtverschmutzung gibt. Das führte dazu, dass weniger Junge schlüpften.
Um den Einfluss des Menschen auf brütende Vögel zu untersuchen, verglich eine neue Studie mit Beteiligung der Vogelwarte die Schlupfrate von im Wald nistenden Kohlmeisen mit denen in der Stadt. Dabei fanden die Forschenden heraus, dass mehr Junge schlüpften, wenn die Kohlmeisen während der Nacht konstant die Eier wärmten. Das ist nicht weiter erstaunlich, da für die Embryonen in den Eiern eine möglichst konstante Temperatur überlebenswichtig ist.
Die Studie zeigte jedoch einen starken Unterschied zwischen Stadt und Wald: In der Stadt schlüpften deutlich weniger Junge. Der wahrscheinlichste Grund dafür war die Lichtverschmutzung. Brütende Kohlmeisen in der Stadt waren nachts umso unruhiger, je heller ihre Neststandorte erleuchtet waren, und wärmten deshalb die Eier weniger konstant.
Diese Resultate lassen aufhorchen: Selbst häufige und gut an den Menschen angepasste Vögel wie die Kohlmeise können durch nächtliches Licht gestört werden. Umso wichtiger ist es, dass wir für nachtaktive und weniger anpassungsfähige Tiere wie Eulen und Fledermäuse dunkle Orte erhalten.
Lichtverschmutzung wirkt auch auf andere Weise schädlich auf die
Vogelwelt. Jetzt im Frühling kommen die Zugvögel aus ihren
Winterquartieren zurück. Sie orientieren sich unter anderem an den
Sternen und sind entsprechend auf ihrer Reise auf einen sternenklaren
Nachthimmel angewiesen. Gerade in Nächten mit Nebel oder dichten
Wolken kann Lichtverschmutzung ihren Orientierungssinn trüben. Der
Ausdruck «Ein Unterschied wie Tag und Nacht» entspricht in unserer
Zeit immer weniger der Realität. Um Lichtverschmutzung zu verringern,
sollte deshalb Licht nur dort eingesetzt werden, wo es wirklich
gebraucht wird.
Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten
Abbildungen der Originalpublikation:
• Auch Zugvögel wie der Gartenrotschwanz sind von
Lichtverschmutzung betroffen: Sie können sich unter anderem weniger
gut an Sternen orientieren.
• Lichtverschmutzung führt dazu, dass Kohlmeisen unruhiger sind
und darum die Eier weniger konstant bebrüten. Deshalb schlüpfen
weniger Junge in urbanen Gebieten im Vergleich zu Wäldern.
Quelle:
Capilla-Lasheras, P., R. J. Womack, C. L. O. McGlade, C. J. Branston,
D. M. Dominoni & B. Helm (2025): It Pays to Sit Tight: Stable Night-Time
Incubation Increases Hatching Success in Urban and Forest Great
Tits, Parus major. Zoological Science 144-152.
https://doi.org/10.2108/zs240063
Lichtverschmutzung verringern
Oberstes Gebot ist die Vermeidung von Licht, wo es nicht wirklich
gebraucht wird. Aussenräume sollten nie vollumfänglich oder dauerhaft
erhellt werden, wenn dies nicht zwingend nötig ist.
Ist Licht unerlässlich, kann oft die Intensität verringert werden.
Auch kann Lichtverschmutzung reduziert werden, wenn Licht zum Beispiel
während eines Teils der Nacht gedimmt wird, oder Licht nur bei Bedarf
eingeschaltet wird, etwa durch Bewegungsmelder. Ein weiterer
Ansatzpunkt ist das Design von Lampen. Horizontal abgestrahltes Licht
entfaltet eine hohe Fernwirkung und hat deshalb massive Auswirkungen
auf Insekten und Vögel. Zudem wird viel Energie verschwendet und die
gewünschte Wirkung verfehlt, weil die Leuchtmittel nicht oder zu wenig
auf jene Bereiche fokussiert werden, wo das Licht tatsächlich
gebraucht wird. Aus Sicht des Umwelt- und Naturschutzes werden daher
sogenannte "Full-Cut-Off-Leuchten" empfohlen, die kein Licht über die
Horizontale abstrahlen.
www.vogelwarte.ch/de/ratgeber/stoerung-durch-licht
Umfassende Informationen zur Vogelwelt
In unserer kürzlich aktualisierten Rubrik «Vögel der Schweiz» finden
Sie detaillierte Informationen zu den über 400 Vogelarten der Schweiz.
Der überarbeitete, neu gestaltete Ratgeberbereich hält Antworten,
Hilfestellungen und praktische Tipps bereit zu häufig gefragten Themen
rund um die Schweizer Vogelwelt: Zum Beispiel zur Kleinvogelfütterung,
den Umgang mit hilfsbedürftigen Vögeln oder zu Gefahren für die
Vogelwelt:
www.vogelwarte.ch/voegel-der-schweiz
www.vogelwarte.ch/ratgeber
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Quelle:
News - Medienmitteilung, 25. März 2025
Schweizerische Vogelwarte
Postanschrift:
Schweizerische Vogelwarte
Seerose 1
CH-6204 Sempach
Tel.: +41 41 462 97 00, Fax.: +41 41 462 97 10
Internet: https://www.vogelwarte.ch/de/
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 17. April 2025
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