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INITIATIVE/299: Wildkatzen am Kaiserstuhl und in den Auen am Oberrhein (BUND SOR)


BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein
An die Medien, 4. Februar 2009

Wildkatzen am Kaiserstuhl und in den Auen am Oberrhein


In einer Zeit, in der positive Meldungen aus dem Umwelt- und Naturschutzbereich eher Seltenheitswert haben, freut sich der BUND am Südlichen Oberrhein besonders über das im Februar 2009 endgültige bestätigte Vorkommen der Wildkatze in den Rheinauen und am Kaiserstuhl.

Durch eine umfassende Untersuchung konnte nachgewiesen werden, dass die seit 1912 in Baden-Württemberg "ausgestorbenen" Wildkatzen wieder in den Wäldern des Landes umherstreifen.

"Ausgestorben" ist ein seltsam beschönigendes Wort. Es klingt nach "still von uns gegangen". Bekämpft, verfolgt, ausgerottet, ausgemerzt..., diese Begriffe beschreiben den Umstand des "Aussterbens" ein wenig treffender.

In den Rheinauen, am Kaiserstuhl und im Nordschwarzwald wurde das Vorkommen dieser scheuen Einzelgänger jetzt durch genetische Untersuchungen eindeutig nachgewiesen.

Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) konnte für den Bereich Kaiserstuhl und angrenzende Rheinauen ein Wildkatzenvorkommen (Felis s. silvestris) nachweisen. Der Nachweis gelang auf den Gemarkungen Sasbach (Landkreis Emmendingen), Vogtsburg, Breisach und Hartheim (alle Landkreis Breisgau Hochschwarzwald). Der BUND hat die Wildkatze auf der Gemarkung Baden-Baden nachgewiesen. Auch in weiteren Gemarkungen im mittelbadischen Raum, im Stromberg und im Odenwald werden Wildkatzenvorkommen vermutet. Genauere Untersuchungen laufen derzeit.

Nachdem 2006 und 2007 zwei am Kaiserstuhl überfahrene Katzen anhand genetischer Untersuchungen als Wildkatzen identifiziert wurden, hatten die Wildforschungsstelle in Aulendorf, die FVA und der BUND Landesverband eine systematische Fahndung nach der Wildkatze vereinbart.

Die Untersuchung erfolgte mit der Baldrian-Lockstockmethode.

Bei dieser Methode werden die Katzen durch den Geruch des Baldrians angezogen und hinterlassen beim Reiben an angerauten Holzstöcken Haare. Anhand der gesammelten Haare kann eine genetische Artzuordnung durchgeführt werden. Das Untersuchungsgebiet der FVA erstreckte sich in den Auwäldern der Rheinebene von Hartheim bis nach Sasbach, einschließlich des Kaiserstuhls. Insgesamt wurden auf einer Fläche von 13.882 Hektar 55 Lockstöcke aufgestellt. An diesen konnten 143 Haarproben gesammelt werden. Erste Analysen der aus den Haaren gewonnenen DNA zeigen, dass es sich bei 77 der insgesamt 79 bisher untersuchten Proben aus dem Kaiserstuhl und den angrenzenden Rheinauen um Wildkatzenhaare handelt.

Die bisherigen Ergebnisse lassen noch keine Rückschlüsse auf eine genaue Individuenzahl zu. "Wie viele Wildkatzen es genau gibt, können wir nicht sagen", sagte Rudi Suchant von der FVA in einem Interview in der Badischen Zeitung. "Schließlich kann ein und dieselbe Katze auch mehrfach am Lockstock Haare gespendet haben. Sicher ist, dass wir fünf verschiedene Wildkatzenarten nachgewiesen haben, also gibt es auch mindestens fünf Tiere, wahrscheinlich aber viel mehr." Die Einstufung der Wildkatze als "ausgestorbene" Tierart in Baden- Württemberg kann also revidiert werden.

Die ersten Wildkatzen nach 100 Jahren und das im Kaiserstuhl und in den Rheinauewäldern. Nachdem in den letzten beiden Jahren, nach langer Zeit, endlich auch wieder Lachslaich in den Schwarzwaldbächen Murg und Kinzig gefunden wurde, ist dies für den BUND eine sehr positive Entwicklung.

Seit Jahren engagiert sich der Bund für Umwelt und Naturschutz bundesweit für die scheuen und seltenen Tiere. So gibt es in einigen Bundesländern ein BUND-Projekt "Ein Rettungsnetz für die Wildkatze". Auch der Bund in Baden Württemberg ist in Sachen Wildkatze aktiv.

Der Kaiserstuhl ist keine einfache Heimat für die Wildkatze

Im Süden, Osten und Norden des kleinen Vulkangebirges wachsen die Gemeinden mehr und mehr zu Siedlungsbändern zusammen und neue Straßenbauprojekte gefährden die Wildkatze. Ein "Durchkommen" nach Osten, Richtung Schwarzwald wird durch die bisherige Autobahn fast verunmöglicht.

In Zukunft soll es dort eine fast unüberwindbare Barriere geben:
Lärmschutzwall - Hochgeschwindigkeitstrasse der Bahn - Sicherheitsabstand - sechsspurige Autobahn mit Randstreifen - Lärmschutzwall...

Es gibt am Kaiserstuhl auch andere Probleme in Sachen Natur und Umwelt...

Die Zeit der landschaftszerstörenden Großflurbereinigungen am Kaiserstuhl ist zwar schon lange vorbei und die Naturschützer haben mit ihrer Kritik am damaligen Gigantismus Recht behalten. Immer noch bringen Pflanzengifte und Düngung große Probleme für das Grundwasser am Kaiserstuhl. Die Maissteppe der Rheinebene dringt langsam in die Seitentäler des Kaiserstuhls vor, hohe Obstbäume und Hecken fallen dem "Fortschritt" zum Opfer. An manchen Tagen gibt es einen regelrechten Massenansturm auf die Schutzgebiete des Kaiserstuhl. Umso wichtiger ist es jetzt die Heimat der Wildkatze, die Wälder am Kaiserstuhl und in den Rheinauen, zu schützen und zu bewahren.

Jetzt gilt es die Wildkatzen, auch tatsächlich am Kaiserstuhl und hoffentlich auch bald im Schwarzwald, willkommen zu heißen und die gefährdete Natur am Oberrhein und am Kaiserstuhl zu schützen. Wichtig ist jetzt auch eine alte Forderung des BUND-Regionalverbandes umzusetzen. Die Bachläufe von Elz und Dreisam sollten renaturiert und die Dämme zurückverlegt werden. So können, mit Ausgleichsgeldern des Bahnausbaus, in der durchschnittenen, zersiedelten Landschaft am Oberrhein grüne Durchgangskorridore für Tiere geschaffen werden. Auch andere sinnvolle Möglichkeiten Wildkorridore zu schaffen sind zu prüfen. (Realität am Oberrhein ist allerdings die Tatsache, dass gerade an vielen Stellen die letzten naturnahen "Lücken" geschlossen und zugebaut werden) Die Renaturierung der Auewälder am Rhein im Rahmen des Integrierten Rheinprogramms IRP kann einen wichtigen Beitrag für das Überleben der Wildkatze am Oberrhein leisten.

Axel Mayer / BUND-Regionalgeschäftsführer


Rettungsnetz Wildkatzen - Auf leisen Solen
http://www.vorort.bund.net/bawue/themen-projekte/wildkatze/

Weblinks Kaiserstuhl

Kaiserstuhl: Natur, Umwelt, Reisen, Wandern und Weinbau - Eine BUND Information
http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/kaiserstuhl-natur-umwelt.html
Der innere Kaiserstuhl: Natur am Badberg und am Haselschacher Buck
http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/innerer-kaiserstuhl-natur-badberg.html
Endingen: Mensch, Natur, Umwelt, Wein, Geschichte, Fasnet, Reisen & Urlaub
http://www.mitwelt.org/endingen-am-kaiserstuhl.html
Wiesen im Kaiserstuhl
http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/kaiserstuhl-wiesen-orchideen.html
Alte Obstbäume am Kaiserstuhl
http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/alte-obstbaeume-kaiserstuhl.html
Hohlwege und Löß am Kaiserstuhl
http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/kaiserstuhl-loess-hohlwege.html
Wildkatzen am Kaiserstuhl
http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/wildkatze-deutschland-kaiserstuhl.html
Der Rückgang der Ladengeschäfte und die Aldisierung in Endingen
http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/verschwinden-der-ladengeschaefte.html
Fessenheim: Die größte Bedrohung für den Kaiserstuhl
http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/fessenheim-ausstellung.html
Wasser und Wasserprobleme in Endingen und Weisweil
http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/wasser-endingen-weisweil-trinkwasser.html
Kaiserstühler Gedicht - Es rennt e Säu de Hohlweg na
http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/es-rennt-e-saeu-de-hohlweg-na.html
Wandern auf naturkundlichen Themenpfaden am Kaiserstuhl
http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/kaiserstuhl-wandern-natur.html
Das Integrierte Rheinprogramm (IRP)und die Rheinauen am
westlichen Kaiserstuhl
http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/idx-irp.html
Die Verscheußlichung des Breisgaus
http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/verscheusslichung-des-breisgaus.html
Stiftung Kaiserstühler Garten - Erhaltung und Nutzung regionaler Sorten
http://www.kaiserstuehler-garten.de

http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/wildkatze-deutschland-kaiserstuhl.html


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Quelle:
Mitteilung an die Medien vom 04.02.2009
Herausgeber:
Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland e.V.
BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein
Wilhelmstr. 24a, 79098 Freiburg
Tel.: 0761/30383, Fax: 0761/23582
E-Mail: bund.freiburg@bund.net
Internet: www.bund-freiburg.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Februar 2009