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MASSNAHMEN/101: Spieglein, Spieglein... Tips gegen Vogelschlag (Naturschutz heute)


NATURSCHUTZ heute - Heft 1/10
Mitgliedermagazin des Naturschutzbundes (NABU) e.V.

Spieglein, Spieglein...
Tipps gegen Vogelschlag

Von Annika Natus


Ein Knall lässt die Konferenzteilnehmer aufgeschreckt zum Fenster blicken, doch schnell kehren sie zum Tagesgeschäft zurück. Nur einige Federn zeugen davon, dass hier ein tragischer Unfall geschehen ist.

Täglich sterben allein in Europa schätzungsweise eine Viertelmillion Vögel an den Fenstern von Wohnhäusern oder Wintergärten, an Glasfassaden von Bürogebäuden und an verglasten Schallschutzwänden. Grund ist ein tödlicher Irrtum: Vögel erkennen Glasflächen oft nicht als Hindernis - sie sehen nur die Landschaft, die durch das Glas scheint oder sich darin spiegelt. Dann prallen sie mit hoher Geschwindigkeit gegen die gläsernen Fronten, brechen sich das Genick oder ziehen sich eine tödliche Gehirnerschütterung zu.

Besonders gefährlich sind blank geputzte Glasfronten und solche in der Nähe von Gärten, Waldrändern und Flüssen - dort, wo sich besonders viele Vögel aufhalten. Wie viele Vögel tatsächlich Opfer der unsichtbaren Fallen werden, bemerkt der Mensch nicht. Katzen, Marder oder Füchse machen sich schnell über die verunglückten Vögel her, so dass kaum Spuren zurückbleiben.


Greifvogel-Silhouetten wirkungslos

Auch seltene Arten wie Eisvögel oder Wanderfalken können Opfer von "Vogelschlag" werden, wie diese Todesart im Fachjargon heißt. Zur Abschreckung gedachte Greifvogel-Silhouetten helfen kaum, besonders nicht, wenn sie von innen auf die Scheiben geklebt werden. Durch die Spiegelungen können viele Vögel sie nicht erkennen. Schwarze Silhouetten werden in der Dämmerung ganz und gar wirkungslos, daher wären, wenn überhaupt, gelb-rote Aufkleber zu wählen.

Sehr viel wirkungsvoller sind nach Erkenntnissen der Schweizerischen Vogelwarte sogenannte "Birdstripes", gelbe, zwei Zentimeter breite halbtransparente Streifen, die im Abstand von vier bis zehn Zentimetern senkrecht von außen auf die Fenster geklebt werden. Doch nicht jeder will seine Fenster mit solchen Mustern versehen, schließlich beschränken sie die Sicht. Auch Gardinen, Jalousien, Lamellenvorhänge oder Rollos, die Vögel gut erkennen, eignen sich nicht für jede Glasfront, vor allem nicht für solche im öffentlichen Raum.


Glas mit UV-Beschichtung

Die Firma Arnold Glas hat diesen Mangel erkannt und mit dem Radolfzeller Max-Planck-Institut für Ornithologie ein Spezialglas namens Ornilux entwickelt. Es baut auf der Tatsache auf, dass viele Vogelarten UV-Licht sehen können. Eine neuartige Beschichtung mit UV-optischer Wirkung sorgt dafür, dass die Vögel das Glas leichter als Hindernis erkennen. Ohne den Menschen die Sicht zu behindern, mindert Ornilux das Risiko von Vogelschlag um rund drei Viertel. Dabei unterscheidet sich das Vogelschutzglas funktionell nicht von herkömmlichem Fensterglas.

Das schon mit Architektur- und Tierschutz-Preisen ausgezeichnete Spezialglas hat den NABU und den Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) zu einer Partnerschaft mit Arnold Glas bewogen. Gemeinsam möchten sie zeigen, dass jeder dazu beitragen kann, dass seine Umgebung nicht zur Todesfalle für Vögel wird, beispielsweise indem er schon bei Neubauten vogelfreundliche Glasscheiben einplant. Dies kann das neue Ornilux sein oder auch Milchglas oder geriffeltes, sandgestrahltes Glas, das die Gefahr von Vogelschlag ebenfalls deutlich reduziert.

Auch im öffentlichen Raum, etwa an Lärmschutzwänden, verglasten Fahrradunterständen oder Bus-Wartehäuschen können Vögel wirksam geschützt werden. Vogelfreunde sollten daher Straßenbauverwaltungen oder Verkehrsbetriebe über die Gefahren informieren und Schutzmaßnahmen fordern. Zur Winterzeit sollte zudem darauf geachtet werden, Futterhäuschen weit entfernt von Glasscheiben aufzustellen. Oder ganz nah: Steht das Vogelhäuschen nur 30 Zentimeter vom Fenster entfernt, haben startende Vögel noch keine hohe Geschwindigkeit, so dass die Gefahr einer tödlichen Kollision geringer ist.

www.nabu.de
NABU-Ratgeber "Vogeltod an Glasflächen" (PDF)


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:
Vögel erkennen Glasflächen oft nicht als Hindernis - sie sehen nur die Landschaft, die durch das Glas scheint oder sich darin spiegelt.


Was, wenn doch einmal ein Unglück geschieht?

Vögel haben nach dem Aufprall oft schwere innere Verletzungen. Wer einen verletzten Vogel findet, sollte ihn daher behutsam in eine Schachtel setzen. Nachdem sich das Tier etwas beruhigt hat, sollte es - weit von der Glasfläche entfernt - auf den Boden gesetzt werden. Gelingt es dem Vogel nicht zu starten, muss ein Tierarzt handeln. Doch die Chancen auf eine Heilung stehen sehr schlecht. Spätestens wer einmal einen Vogel so jämmerlich hat sterben sehen, wird in Zukunft lieber auf Vorbeugung setzen.


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Quelle:
Naturschutz heute - Heft 1/10, S. 24-25
http://www.nabu.de/nabu/nh/2010/1/11932.html
Verlag: Naturschutz heute, 10108 Berlin
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"Naturschutz heute" ist das Mitgliedermagazin
des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) e.V.
und erscheint vierteljährlich. Für Mitglieder
ist der Bezug im Jahresbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. April 2010