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VÖGEL/719: Hilfe für die Rohrdommel (Vogelschutz)


Vogelschutz - 2/2011
Magazin für Arten- und Biotopschutz

Hilfe für die Rohrdommel

Von Anne Schneider


Die Große Rohrdommel (Botaurus stellaris) steht in Bayern kurz vor dem Aussterben, Experten schätzen die Anzahl der Vögel auf nur noch etwa zehn Brutpaare. Höchste Zeit also, dem scheuen Schilfbewohner unter die Flügel zu greifen. Die auf die Bedürfnisse der Rohrdommel abgestimmte Umgestaltung von Weihern und Teichen in Nordbayern soll nun helfen, den Abwärtstrend zu stoppen

Zwei Rohrdommeln im seichten Wasser und Schilf - © Michael Tiefenbach

© Michael Tiefenbach

Moorochse ...

Sie ist scheu, gut getarnt und etwas größer als ein Huhn: die Große Rohrdommel. Der an ein Nebelhorn erinnernde Balzruf des Männchens hat dem Vogel im Volksmund den Spitznamen "Moorochse", "Riedochse" oder "Mooskuh" eingebracht. Zu hören ist dieser Ruf in unseren Breiten allerdings nur noch sehr selten. Während sie in Osteuropa noch großflächig verbreitet ist, zählt die Rohrdommel in Mittel- und Westeuropa zu den hoch bedrohten Schilfbewohnern. In Mittel- und Süddeutschland beschränken sich die dauerhaft besetzten Rohrdommel-Reviere auf wenige Gebiete in Nordbayern.

... ohne Lebensraum

Vor allem das Verschwinden ihres typischen Lebensraumes macht den scheuen Vögeln zu schaffen. Die Rohrdommel lebt bevorzugt in den ausgedehnten Schilfflächen von Seen, Altwässern und Teichen - am liebsten mit vielen eingestreuten offenen Wasserflächen. Diese abwechslungsreichen Lebensräume wurden in den letzten Jahrzehnten jedoch vielerorts stark verkleinert oder sogar zerstört. Lediglich in Nordbayern, in den Teichgebieten im Landkreis Schwandorf und dem Fränkischen Weihergebiet im Nordwesten Nürnbergs trotzen einige Brutpaare dem bayernweiten Abwärtstrend.

Typischer Rohrdommellebensraum (Wasser, Schilfufer, im Hintergrund Bäume) - © Tina Rosenberger

Typischer Rohrdommellebensraum
© Tina Rosenberger


Das Projekt

Damit diese letzten Brutpaare überleben und sich, wenn möglich, sogar ausbreiten können, haben wir im vergangenen Jahr mit Unterstützung der Allianz Umweltstiftung ein Projekt gestartet, bei dem an drei verschiedenen Standorten im Bereich dieser Vorkommen entsprechende Biotop-Pflegemaßnahmen umgesetzt werden. Ausgewählt wurden dafür das Bucher Weihergebiet im Lkr. Erlangen-Höchstadt, der Hirtlohweiher im Lkr. Schwandorf sowie der Alt- und Neusee im Lkr. Schweinfurt. Die Maßnahmen sind vielfältig: Sie reichen vom Entbuschen der Ufer- und Schilfflächen über Schilfmahd zur Auflockerung der Schilfbereiche bis hin zum Anlegen kleiner offener Wasserflächen oder auch der Erhöhung des Wasserspiegels. Unterstützt wurden sämtliche Maßnahmen durch das Engagement der Naturschutzbehörden.

Gemeinsame Biotoppflege

Am Neusee bei Mönchstockheim wurden inzwischen umfangreiche Pflegemaßnahmen durchgeführt. Elf standortfremde Hybridpappeln mussten gefällt werden. Von ihnen fielen im Herbst enorme Mengen Laub in den See, was eine zunehmende Verlandung und ein zu dichtes Wachstum des Schilfes zur Folge hat. Die beim Fällen abgesplitterten Äste und Zweige wurden von zahlreichen Helfern aus der Kreisgruppe Schweinfurt und weiteren Freiwilligen eingesammelt und aufgeschichtet. Die Gemeinde Mönchstockheim zeigte sich von der Aktion begeistert und unterstützte den Pflegeeinsatz tatkräftig. Der Bauhof der Gemeinde übernahm die Pappelfällung so wie die Weiterverarbeitung des Holzes. Um den bereits sehr dichten, für die Rohrdommel nicht mehr geeigneten Schilfbestand weiter aufzulockern, ist noch eine Schilfmahd über Eis bei abgesenktem Wasserspiegel geplant.

Nach diesen Maßnahmen kann sich dann eine struktur- und tunnelreiche Schilfzone entwickeln, die nicht nur der Rohrdommel, sondern auch weiteren Arten wie Zwerg- und Haubentaucher, verschiedenen Libellenarten, Wasserkäfer, Amphibien usw. einen geeigneten Lebensraum bietet.

Auch im Bucher Weihergebiet wird eine Schilfmahd über Eis und eine Entbuschung an mehreren Stellen durchgeführt. Zusätzlich werden in den besonders dichten Schilfbereichen offene Strukturen ins Schilf gebaggert.

LBV-Aktive bei der Entfernung standortfremden Bewuchses - © Tina Rosenberger

LBV-Aktive bei der Entfernung standortfremden Bewuchses
© Tina Rosenberger

Großbaustelle für die Rohrdommel

Am Hirtlohweiher sind noch umfangreichere Maßnahmen notwendig. Die ausgedehnten, aber strukturarmen Schilfbereiche sind dicht verwachsen und mit einer z.T. metertiefen Schlammschicht fast verlandet. Hier war der Einsatz eines Moorbaggers nötig, um einen Graben anzulegen, der das zufließende Wasser vorübergehend um den Weiher herumleitet und ein Abtrocknen der großen Schlammflächen gewährleistet. Erst im nächsten Spätsommer werden hier die eigentlichen Biotopgestaltungsmaßnahmen beginnen können: Die vorhandenen Schilfzonen werden durch die Gestaltung von wenige Meter breiten kanalähnlichen Freiwasserflächen strukturiert, um vor allem die Habitatqualität für im Schilf brütende Vogelarten zu erhöhen. Mit dem anfallenden Material sollen Insel- und Flachwasserbereiche in der freien Wasserfläche gestaltet werden

DIE AUTORIN
Anne Schneider
Dipl.-Ing. Landschaftsnutzung und Naturschutz
Referat Artenschutz
Landesgeschäftsstelle Hilpoltstein
Tel.: 09174-4775-38
mail: a-schneider[at]lbv.de


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Quelle:
Vogelschutz - 2/2011, S. 6-7
Magazin für Arten- und Biotopschutz
Herausgeber:
Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. -
Verband für Arten- und Biotopschutz
LBV-Landesgeschäftsstelle
Eisvogelweg 1, 91161 Hilpoltstein
Tel.: 09174 / 47 75-0, Fax: 09174 / 47 75-75
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Internet: www.lbv.de

Vogelschutz ist das Mitgliedermagazin des LBV
und erscheint vierteljährlich


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juli 2011