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KOHLEALARM/005: Klimakampf und Kohlefront - Mit Kanonen auf Spatzen (SB/ausgeCO2hlt)


Polizei sichert Kohleverkehr

8. August 2012: Ankettaktion dreier Klimaaktivisten an der Hambachbahn beendet



Immer mehr Menschen machen ihren Protest gegen den Abbau und die Verstromung von Braunkohle im Rheinischen Braunkohlerevier deutlich. Sie stellen die hiesigen Kraftwerke als größte CO2-Quelle Europas in einen direkten Zusammenhang mit der globalen Erwärmung, durch die schon heute Jahr für Jahr rund 350.000 Menschen durch Hunger, Wasserknappheit und extreme Wetterlagen ums Leben kommen.

Am gestrigen Dienstagvormittag hatten wie berichtet rund 90 Aktivisten und Aktivistinnen die Gleise der Hambachbahn, die die Kohle vom Tagebau Hambach zu den Kraftwerken befördert, besetzt gehalten und so den Schienenverkehr in beiden Richtungen zum Erliegen gebracht. Diese Sitzblockade war noch am selben Tag von der Polizei geräumt worden.

Am heutigen Mittwoch, dem 8. August 2012, haben sich drei weitere Menschen mit dieser Aktion solidarisch erklärt und ihrerseits in einigen hundert Metern Entfernung des gestrigen Geschehens eine Blockade durchgeführt. Sie hatten sich mit sogenannten "Lock-ons" an die Schienen gekettet, was bedeutet, daß ihre Arme so in einer Metallröhre an den Gleisen befestigt sind, daß die Angeketteten nicht mehr in der Lage sind, die Schienen aus eigener Kraft zu verlassen. Nur durch den Einsatz technischer Mittel, wie sie etwa einer entsprechenden Polizeieinheit zur Verfügung stehen, können sie von den Schienen geholt werden.

Zwei junge Männer liegen, an den Armen angekettet, auf den Bahnschienen. - Foto: © ausgeCO2hlt

Im Protest gegen den Klimakiller Kohleabbau
Foto: © ausgeCO2hlt

Gegen Mittag traf die Polizei alle Vorbereitungen, um eine derartige Räumung durchzuführen. Den drei Klima-Aktivisten, die sich auf diese Weise angekettet hatten, wurde jeder Telefonkontakt zu Außenstehenden verwehrt. Das Gebiet wurde weiträumig abgesperrt, so daß es Unterstützern und etwaigen Beobachtern des offenbar bevorstehenden Polizeieinsatzes nicht möglich war, sich dem Ort des Geschehens zu nähern und den Anti-Kohle-Protestierenden moralische Unterstützung zu leisten. Mitgliedern einer Sambagruppe war es gleichwohl gelungen, die Gleise zu erreichen und den Angeketteten durch ihre Musik ihre Solidarität zu bekunden.

Wie der Schattenblick am späten Nachmittag von einem Aktivisten vor Ort in Erfahrung bringen konnte, ist die schon am Mittag erwartete Räumung inzwischen durchgeführt und ca. gegen 15 Uhr beendet worden. Die drei Angeketteten befinden sich nicht mehr auf den Gleisen, die Kohlezüge fahren wieder. Die Polizei hat die Gleise aufgeschnitten und eine neue Schiene verlegt.

Fünf Menschen - die drei Angeketteten sowie zwei weitere Unterstützer - sind von der Polizei in Gewahrsam genommen worden. Von zahlreichen weiteren Unterstützern und Protestierenden, so auch des nahegelegenen Klimacamps, die versucht hätten, sich dem Geschehen zu nähern, sollen die Personalien aufgenommen worden sein. Das Gelände wird nach wie vor von der Polizei weiträumig abgesperrt, die Situation ist zur Zeit eher unübersichtlich.

Allem Anschein nach sind die Ordnungskräfte sehr darauf bedacht, weitere Protestaktionen dieser oder ähnlicher Art von vornherein zu unterbinden und zu verhindern, daß die Kohlezüge, und sei es für wenige Stunden, in Verzug geraten. Inwieweit die Betroffenen mit persönlichen Konsequenzen zu rechnen haben, ist zur Zeit noch ungewiß.

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Zur augenblicklichen Lage und Situation veröffentlicht die Kampagne "ausgeCO2hlt" die folgende Stellungnahme:

Die Kampagne ausgeCO2hlt, Veranstalterin des Klimacamps 2012 in Kerpen-Manheim, erklärt sich solidarisch mit der Ankettaktion auf der Hambachbahn, die heute morgen gegen 8 Uhr begonnen hatte und gegen 15 Uhr geräumt wurde. Drei Klima-Aktivisten hatten sich mit Stahlbetonröhren im Gleisbett der RWE-eigenen Kohlebahn verankert um den Transport der Kohle aus dem Tagebau Hambach zu unterbinden. Zunächst wurden die beiden Kontaktpersonen, welche die Aktivisten betreuen und als Übersetzer für die beiden englischsprachigen Personen wirken wollten, festgenommen. Ein später hinzukommendes Technikteam der Polizei schaffte es nicht, die Blockade zu lösen, stattdessen wurden die betreffenden Schienenabschnitte heraus getrennt. Die Aktivisten wurden inzwischen in Gewahrsam gebracht.

Ein massives Polizeiaufgebot im Wald sollte das Hinzustoßen von Beobachter_innen und Unterstützer_innen zur laufenden Aktion verhindern, von zahlreichen Menschen wurden während des heutigen Tages im Hambacher Forst Personalien aufgenommen.

"Der Widerstand im rheinischen Braunkohlerevier ist legitim, da parlamentarische Bemühungen um globale Klimagerechtigkeit fast vollständig versagen. Wir brauchen eine starke Klimabewegung aus der ganzen Gesellschaft und unterstützen darum vielfältige gewaltfreie Aktionsformen. Der Widerstand gegen RWE und das rheinische Braunkohlerevier wächst - bei der Bevölkerung wie auch unter Klima-Aktivist_innen. Wir lernen dabei auch von anderen, wie beispielsweise der Anti-Atom-Bewegung im Wendland", sagt Manuela Braun von ausgeCO2hlt.

Gestern hatten zeitweise bis zu 170 Aktivist_innen, darunter auch zahlreiche Teilnehmende des Klimacamps, einen Abschnitt der Hambachbahn blockiert. Gegen 18 Uhr wurde die Sitzblockade von der Polizei geräumt. Die Räumung begann unter den Augen von Presse und Unterstützer_innen ruhig und umsichtig, bis die Polizei Beobachter_innen mit einem Platzverweis von der Brücke drängte, von der aus die Blockade einzusehen war. Anschließend wird von einer deutlich ruppigeren Vorgehensweise der Polizei berichtet, bei der mehrere Aktivist_innen leicht verletzt wurden oder nach der Räumung unter Schockzuständen litten. Ein Aktivist wurde ins Krankenhaus gebracht. Ein Unterstützer der Aktion wurde vorübergehend festgenommen, weil er die Räumung seiner Freund_innen weiter beobachten wollte und sich passiv gegen den Platzverweis wehrte.

"Die Aktionen der letzten Tage haben noch einmal deutlich gemacht, dass es zahlreiche sehr entschlossene Gegner_innen der zerstörerischen Energiepolitik von RWE gibt. Wir betrachten das als einen großen politischen Erfolg und sind gespannt darauf, was sich in den nächsten Monaten im rheinischen Revier und bei der Besetzung im Hambacher Forst entwickeln wird. Zunächst wünschen wir den bevorstehenden Klimacamps in den beiden anderen deutschen Braunkohleabbaugebieten viel Erfolg und hoffen, dass hier der Widerstand gegen den Klimawandel weiter vernetzt und ausgebaut werden wird", so Manuela Braun weiter.

Quelle: Pressemitteilung der Kampagne ausgeCO2hlt vom 08.08.2012 - 15.40 Uhr


8. August 2012