Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → BRENNPUNKT

KOHLEALARM/086: Klimakampf und Kohlefront - So heiß verzehren, wie's gekocht wird ... (LoB)


Aktionsbündnis Stommelner Bürger "Leben ohne Braunkohle" - 18. Mai 2014

Positionsbestimmung zu Braunkohleverstromung

Gesundheit und Umwelt für Pulheims Fraktionen zweitrangig?



Tief enttäuscht zeigt sich das Aktionsbündnis Stommelner Bürger "Leben ohne Braunkohle" (LoB) über die Antworten der Mehrheitsfraktionen des Pulheimer Rats.

Anlässlich der Kommunalwahl am 25.05.2014 waren die Fraktionen um Stellungnahmen zur Problematik der Braunkohleverstromung und der damit verbundenen Probleme gebeten worden (s. Anhang).

Während die SPD überhaupt keine Stellungnahme abgeben wollte oder konnte, lässt sich aus den knappen Antworten der FDP herauslesen, dass für FDP die Energiegewinnung offenbar vor der Gesundheit unserer Mitbürger rangiert.

Wesentlich umfangreicher fiel dagegen die Stellungnahme der CDU Fraktion aus. Probleme sieht die Fraktion jedoch keine. In den Köpfen dieser Partei scheint noch nicht angekommen zu sein, dass die Landesregierung NRW kürzlich den Abbau der Braunkohle eingeschränkt hat und damit das Ende dieser Art der Energiegewinnung in ein bis zwei Jahrzehnten absehbar ist. Ebenso wird ignoriert, dass das Festhalten an der Braunkohle angesichts fortschreitenden Klimawandels unverantwortlich ist. Gleichzeitig wird eine Belastung der Atemluft in Abrede gestellt, obwohl für Pulheim gar keine belastbaren Daten vorliegen. Außerdem sollte auch der Pulheimer CDU der Unterschied zwischen Emissions- und Immissonmessungen bekannt sein.

Die Dimension des Problems der Ablagerungen von giftigen Kraftwerksaschen in unserer Region ist anscheinend ebenfalls nicht erkannt worden. Denn wenn in ca. 20 Jahren tatsächlich der Abbau der Kohle im Tagebau endet , beginnt das Grundwasser wieder zu steigen. Werden dabei Deponien überspült, könnte es zu weiträumigen Verseuchungen des Trinkwassers kommen. Rücklagen hat RWE nach unseren Informationen bisher eben nicht bilden müssen.

Leider haben auch die Grünen dieses Problem noch nicht in seiner ganzen Ausweitung erfasst und deshalb keine Stellungnahme dazu abgegeben.

Den übrigen Forderungen des Aktionsbündnisses haben Bündnis 90/ Die Grünen zugestimmt.

Nur der Bürgerverein Pulheim (BVP) stimmt allen Forderungen des Aktionsbündnisses vorbehaltslos zu und sichert seine volle Unterstützung bei der Durchsetzung zu.

*

Anhang

An die Fraktion im Pulheimer Stadtrat:
CDU/SPD/GRÜNE/FDP/BÜRGERVEREIN
Rathaus Alte Kölner Str. 26
50259 Pulheim

Pulheim, 16.04.2014

Betr.: Positionsbestimmung zur Braunkohleverstromung

Sehr geehrte Damen und Herren,

anlässlich der Kommunalwahl am 25.05.2014 bitten wir Sie um eine Stellungnahme Ihrer Fraktion zur Problematik der Braunkohleverstromung . Dazu haben wir drei Forderungen resp. Fragen formuliert, die wir Sie zu kommentieren bitten. Vorab einige Begründungszusammenhänge, die Grundlage dieser Forderungen sind:

• Für viele überraschend hat die NRW - Landesregierung zum ersten Mal seit Beginn des Braunkohleabbaus eine räumliche Begrenzung des Braunkohletagebaus beschlossen und die Abbaugrenzen für Garzweiler II zurückgenommen.

• Bedeutet dies nun einen ersten kleinen Schritt hin zum dringend notwendigen Ausstieg aus einer Technik, die nicht nur lokal in ungeheuren Ausmaß Luft, Wasser und Landschaft verbraucht vor allem aber durch den Ausstoß von Treibhausgasen weltweit in großem Maße zum Klimawandel beiträgt?

• Offenbar weit gefehlt, denn unsere Nachbarstadt Bergheim ebnet den RWE den Weg, eine Baugenehigung für ein weiteres Braunkohlekraftwerk (BoAplus) in Niederaußem zu erlangen.

• Würde dieses Vorhaben realisiert, bedeutete das für die nächsten Jahrzehnte eine weitere gigantische Schadstofflast, angefangen von 200 Millionen Tonnen CO2 über hunderte Tonnen (jährlich) Feinstaub , Schwermetallcocktail etc.

• "RWE betreibt Augenwischerei, wenn behauptet wird, durch die geplante Stilllegung von vier Altanlagen mit 1.200 Megawatt Leistung werde die Umweltsituation maßgeblich verbessert", kritisiert der BUND-Braunkohlenexperte Dirk Jansen. "Fakt ist, dass mit dem neuen Kraftwerk die unverantwortliche Braunkohlennutzung für weitere Jahrzehnte festgeschrieben werden soll."

• Vor dem Hintergrund des gerade veröffentlichten Berichts des Welt-Klimarats IPCC zum fortschreitenden Klimawandel ist die Planung zu BoA Plus unverantwortlich.

• Im Umweltbericht zur Begründung des Bebauungsplans wird nicht untersucht, wie groß die bereits bestehende Belastung in Stommeln ist, obwohl hier schon im Genehmigungsbescheid für das Kraftwerk Neurath ("BoA 2&3") Grenzwertüberschreitungen bei der Feinstaubbelastung prognostiziert wurden. Verlässliche Daten liegen hierzu nicht vor. Die letzte halbjährige Messung stammt aus dem Jahr 2006, als mehrere Blöcke in Niederaußem wegen eines Großbrandes abgeschaltet werden mussten und BoA 2 & 3 in Neurath noch im Bau war!

• Die dauerhafte Belastung mit Feinstaub auch unterhalb aller festgesetzten Grenzwerte führt nach Auswertung aller verfügbaren Daten zu erheblichen gesundheitlichen Belastungen bis hin zu vermehrten Todesfällen, wie im letzten Jahr in von Greenpeace und der europäischen Umweltorganisation HEAL veröffentlichten Studien publiziert wurde. Die demnach bestehenden und weiter zu erwartenden Schädigungen der Gesundheit durch Feinstaub aus Kohlekraftwerken werden vollständig ignoriert; diese Ignoranz ist um so empörender, als eine Veröffentlichung der WHO vom März des Jahres zu gleichen Ergebnissen gelangt und die Darstellung der o. g. Studien untermauert.

• Neben der Untersuchung der kontinuierlichen und aktuellen Belastung "wird es höchste Zeit, dass von RWE eine angemessene Sicherheitsleistung zur Bewältigung der langfristigen Folgeschäden eingefordert wird", sagt die BUND-Vertreterin im Braunkohlenausschuss Dorothea Schubert. Schon jetzt treten die Ewigkeitsschäden des Raubbaus an der Natur durch die Braunkohlenförderung immer deutlicher zutage. Insbesondere die Lagerung der hochgiftigen Aschen ist problematisch, da das Grundwasser nach der Auskohlung wieder ansteigt und die Gefahr einer irreversiblen Kontaminierung nicht auszuschließen ist. Anders als im Steinkohlenbergbau werden aber von RWE Power bislang keine Rücklagen gebildet, um mögliche Folgeschäden eindämmen zu können.

Angesichts dieser Situation sind folgende Forderungen an Betreiber und politisch Verantwortliche zu richten :

1. Das Aktionsbündnis fordert (schon seit langem gemeinsam mit anderen Initiativen und BUND NRW) ein Braunkohleausstiegsgesetz, das klare zeitliche Vorgaben für ein Auslaufen der Braunkohleverstromung festschreibt.

2. Es muss sichergestellt werden, dass auch im Gebiet Stommeln/Pulheim flächendeckende und kontinuierliche Messungen der Luftqualität vorgenommen werden und im Falle von Grenzwertüberschreitungen die Einleitung von Maßnahmen zum Schutz der Bürger erfolgt.

3. Die RWE sollen verpflichtet werden, über Lagerung und Sicherung der toxischen Kraftwerksaschen zu informieren und - wie sowohl im Steinkohlebergbau als auch im Nuklearbereich üblich - angemessene Sicherheitsleistungen zur Bewältigung möglicher Folgeschäden zu hinterlegen.


Bitte teilen Sie uns mit, ob Ihre Fraktion diese Forderungen unterstützt und sich für eine Umsetzung einsetzen wird.

Für eine umgehende Beantwortung trotz der Belastungen durch den Wahlkampf danken wir Ihnen schon jetzt.

Für das Aktionsbündnis

Mit freundlichen Grüßen
R. Brands

*

Quelle:
Aktionsbündnis Stommelner Bürger "Leben ohne Braunkohle"
c/o Rudolf Brands, Pulheim
E-Mail: rudolfbrands@netcologne.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Mai 2014