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KOHLEALARM/524: Klimakampf und Kohlefront - Schadensregulation ... (LoB)


Aktionsbündnis Stommelner Bürger "Leben ohne Braunkohle" - 20. November 2018

Folgeschäden der Braunkohle
Höhe der Reparationsleistungen müssen von unabhängigen Fachleuten festgelegt werden


Das Aktionsbündnis Stommelner Bürger "Leben ohne Braunkohle" (LoB) fordert die Verankerung von Ausgleichszahlungen für die durch den Braunkohleabbau entstandenen Schäden im Abschlussdokument der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung (Kohlekommission). Andernfalls kann ein für die Bergbaubetroffenen sozialverträglicher Strukturwandel gerade auch in Hinblick auf die entstandenen Ewigkeitslasten nicht gelingen.


Der Braunkohleabbau schafft neben den aktuellen Problemen auch in Zukunft nach seinem Ende ungeklärte Risiken. Dazu zählen neben den nicht reparablen Landschaftsschäden und weiter auftretenden Bergschäden auch die drohende Schädigung und der weitere Verlust von Millionen Kubikmetern wertvollen Grundwassers.

Da absehbar ist, dass RWE für den angestrebten früheren Ausstieg aus der Braunkohleverstromung Entschädigungen verlangen wird, muss im Gegenzug auf die bereits entstandenen und auf die zukünftigen Schäden an Mensch und Umwelt eine Gegenrechnung aufgemacht werden. Sonst bleiben am Ende im schlimmsten Fall Einzelpersonen und die Allgemeinheit auf den Kosten sitzen. Hierfür soll RWE "Reparationszahlungen" leisten (Bevor die nächste Runde bestellt wird, sollte erst der alte Deckel bezahlt werden.) In welcher Form und Höhe lasst sich zum jetzigen Zeitpunkt nur schwer festlegen. Denkbar ist ein Fond ähnlich dem im Ruhrgebiet zur Finanzierung von Ewigkeitslasten. Da die Folgenkosten heute kaum absehbar sind, sollte eine unabhängige Expertenrunde dies festlegen.

Denn bereits jetzt ist der Grundwasserkörper in unserer Region schwer geschädigt, siehe dazu in der Anlage "Hintergrundpapier Braunkohle" des Umweltministeriums NRW. Ob eine Sanierung überhaupt möglich ist und wie hoch die Kosten dafür sind, vermag zurzeit niemand zu sagen. Wenn die Pumpen jedoch abgestellt würden, würde der Grundwasserspiegel voraussichtlich 80 - 100 Jahre brauchen bis er seinen vorherigen Stand wieder erreicht hätte. Welche Folgen dies während dieses langen Zeitraums beispielsweise für Hausbesitzer in den betroffenen Gebieten aber auch zum Beispiel für die Grubenranddörfer hätte, ist kaum abzusehen. Problematisch sind dabei vor allem die vielen völlig ungesicherten Deponien deren Fracht nur teilweise bekannt ist und die daher dringend geprüft werden müssen (siehe im Anhang Karten zu Ascheablagerungen und sonstigen Reststoffen). Ein entsprechender Erlass des Landesumweltministeriums dazu wurde von den betroffenen Kreisen bisher schlichtweg nicht umgesetzt. Sich hier aber nur auf die Angaben des Verursachers zu verlassen bedarf dringend der Überprüfung. Sollte es jedoch aus den genannten Gründen notwendig werden, die die Pumpen immer weiter laufen zu lassen, wären die Kosten dafür ebenfalls abzuschätzen und RWE in Rechnung zu stellen. Ein tragfähiger Strukturwandel kann letztlich nur gelingen, wenn dieser nicht auf Jahrzehnte hinaus mit Altlasten behaftet ist. Sozial verträglich wär es jedenfalls überhaupt nicht, wenn einzelne private Hausbesitzer und Landwirte oder Land, Kreis oder Kommune letztlich für Schäden aufkommen müssten, die RWE verursacht hat.

Deshalb sollte in einem Abschlussdokument unbedingt die Forderung nach Ausgleich der Schäden enthalten sein.

Erst kürzlich hatte das Aktionsbündnis bei einem Informationsabend auf die Problematik aufmerksam gemacht und einen Appell an den Ministerpräsidenten des Landes in Umlauf gebracht, sich dieses Themas anzunehmen.


Informationen zu Bergschäden und Grundwasser

Bergschäden

  • Setzungen in Gebäuden, Risse und Totalschäden
  • Schäden an Kanalisation und Leitungen
  • Schäden in der Landwirtschaft
  • Wertverluste für betroffene Immobilien
  • Großflächige Bodenabsenkungen

Während bisher Bergschäden an der Sache vor allem durch das Abpumpen des Grundwasser und daraus resultierenden Untergrundverschiebungen entstehen, werden in Zukunft Bergschäden durch aufsteigendes Grundwasser und den damit verbundenen Hebungen auftreten. Welche Schäden an Gebäuden dabei zu erwarten sind ist ungewiss, sicher ist, dass diese auftreten werden. Wer dafür in Zukunft haftet, ist ebenso unsicher.

Daneben treten aber auch schon seit langer Zeit Bergschäden an Personen infolge von Gesundheitsschäden auf. Hauptursache dafür ist die bergbaubedingte Feinstaubbelastung, über deren Folgen bisher bergbauseitig nur unzureichend aufgeklärt wird.

Um die Beweissituation für betroffene Haus- und Grundeigentümer bei Bergschäden gegenüber dem Verursacher RWE zu verbessern, soll ein konkreter 10-Punkte-Plan öffentlich diskutiert, an RWE und die Politik herangetragen und schrittweise durchgesetzt werden, Siehe unter:
http://www.netzbege.de/unsereziele/index.html

Grundwasser

  • Ungeklärte Altlasten in ehemaligen Tagebauen mit teilweise hohem Risikopotential
  • Gefahr der Kontaminierung bei Wiederanstieg des Grundwassers
  • Sicherheitsleistung des Betreibers unzureichend
  • Hohe Kosten für den Steuerzahler bzw. Grundstückseigner

In einem Hintergrundpapier des nordrheinwestfälischen Umweltministeriums von 2015 heißt es:
"Mit dem Wiederanstieg des Grundwassers werden dann zunächst in den Kippenkörpern der Tagebaue Sulfat sowie Eisen- und Wasserstoffionen freigesetzt; damit einhergehend - je nach den vorliegenden hydrogeologischen Gegebenheiten - versauert bereichsweise auch das Grundwasser und es werden Schwermetalle gelöst. Diese Stoffe gelangen über die Versickerung der Grundwasserneubildung bzw. spätestens beim Grundwasserwiederanstieg in das Grundwasser."
(Siehe: https://www.flussgebiete.nrw.de/system/files/atoms/files/hintergrundpapier_braunkohle_bwp2015_final.pdf)

Doch dies sind nicht die einzigen Gefahren, die die Qualität unseres Trinkwassers zu verschlechtern drohen.

Angaben aus einer gutachterlichen Stellungnahme des Öko-Instituts von 1987 zufolge könnten im schlimmsten Fall in der Niederrheinischen Bucht 5 Milliarden Kubikmeter Grundwasser allein durch Kraftwerksaschen kontaminiert werden.

Werden die Kraftwerksabfälle heute immerhin auf Deponien der Klasse I abgelagert, so wurden die Schlacken und Aschen früher ohne besondere Sicherungen in den ausgekohlten Tagebauen verkippt. Zusätzlich wurden diese häufig von den angrenzenden Gemeinden nicht nur als Hausmülldeponie mitgenutzt, sondern sind außerdem als Lagerstätten für chemische und industrielle Abfälle sowie auch für Kampfmittel genutzt worden. Weder die genaue Lage noch der Umfang dieser Altlasten ist heute präzise bekannt. Nach Vermutungen des Umweltministeriums verfügt keine dieser Altdeponien über Basisabdichtungen. Hier ticken also ökologische Zeitbomben unbekannten Ausmaßes.

Gemäß Bundesbodenschutzgesetz haften gleichwertig der Verursacher und der Grundstückeigentümer. Das bedeutet, dass bei einer Eigentümerübertragung einer rekultivierten Fläche auch der neue Eigentümer in der Haftung ist. Um Schaden von der Umwelt abzuwehren wird es unumgänglich sein, auch nach Tagebauende dauerhaft die Sümpfung aufrechtzuerhalten, um zu vermeiden, dass die Schadstoffe in das wieder ansteigende Grundwasser gelangen. Bisher existiert dafür überhaupt keine Regelung.

Während im Bereich des Steinkohlebergbaus eine Sicherung in Form eines Ewigkeitslastenfonds eingerichtet wurde, existiert ein solcher für das Rheinische Braunkohlenrevier nicht. Um die Folgekosten für Mensch und Umwelt nicht auf unsere Kinder und Enkel abzuwälzen, ist es an der Zeit den Verursacher dafür jetzt in die Pflicht zu nehmen. Siehe dazu auch eine Studie von FÖS im Auftrag vom BUND:
http://www.foes.de/pdf/2018-09Braunkohlerueckstellungen-Empfehlungen-an-die-Kohlekommission.pdf

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Quelle:
Aktionsbündnis Stommelner Bürger "Leben ohne Braunkohle"


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. November 2018

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