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KOHLEALARM/651: Klimakampf und Kohlefront - Wort halten ... (BUND NRW)


BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V.
Gemeinsame Pressemitteilung vom 24. Oktober 2019

Offener Brief an NRW-Ministerpräsident Laschet:
Dörfer am Tagebau Garzweiler und den Hambacher Wald erhalten


Berlin. Angesichts des Ausstiegs aus der Kohleverstromung appellieren ehemalige Mitglieder aus der Kohlekommission und das zivilgesellschaftliche Bündnis Klima-Allianz Deutschland an den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet, zur Befriedung des gesellschaftlichen Konflikts um die Kohle aktiv beizutragen. In einem offenen Brief fordern der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Deutscher Naturschutzring (DNR), Greenpeace und die Klima-Allianz Deutschland den NRW-Regierungschef auf, den Bestand der Garzweiler-Dörfer und damit den sozialen Frieden zu sichern.

Die Verbände und Organisationen fordern in dem Brief, dass die von der Kohlekommission empfohlenen Abschaltungen von zusätzlich 3,1 Gigawatt Braunkohle bis 2022 in vollem Umfang an den Standorten Neurath und Niederaußem umgesetzt werden, um den Erhalt des Hambacher Waldes und der Garzweiler-Dörfer zu gewährleisten. Stilllegungen unterhalb der Kapazität von 3,1 Gigawatt seien völlig inakzeptabel und stellten "einen Bruch mit dem Kompromiss zum Kohleausstieg dar."

In dem Brief heißt es weiter: Hunderte Bewohnerinnen und Bewohner aus den Dörfern am Braunkohle-Tagebau Garzweiler wollen bleiben. Ihre Heimat müsse bewahrt werden. Die Verbände und Organisationen fordern ein Moratorium, damit umgehend weitere Zerstörungen durch den Energiekonzern RWE im Hambacher Wald und in den Dörfern verhindert werden, bis die Vereinbarungen zur Abschaltung der Braunkohlekraftwerke im Rheinland gesetzlich fixiert seien und eine neue Leitentscheidung der Landesregierung vorliege. Diese müsse Ministerpräsident Laschet treffen. Darüber hinaus müssten Mittel für Strukturwandelhilfen bereitgestellt werden, um die Dörfer lebenswert zu erhalten. Nur dann könne von einem sozialverträglichen Kohleausstieg die Rede sein.

Hierzu erklären die Verbände und Organisationen: "Die massenhaften Klima-Proteste machen deutlich, dass breite Teile der Bevölkerung nicht hinnehmen werden, wenn in Zeiten einer sich zuspitzenden globalen Klimakrise noch Dörfer für Braunkohle zerstört werden."

Christiane Averbeck, Geschäftsführerin der Klima-Allianz Deutschland: "Die Menschen an den Tagebauen leiden seit Jahrzehnten unter der Vertreibung aus ihren Dörfern und der Unsicherheit über ihre Zukunft. Dies ist Nährboden für soziale Konflikte, die Ministerpräsident Laschet nun endlich befrieden sollte. Mit dem Kohleausstieg wird die Kohle unter den Dörfern nicht mehr gebraucht. Wer einen sozialverträglichen Kohleausstieg will, muss für die Menschen in den bedrohten Dörfern nach einer Lösung suchen."

Kai Niebert, Präsident Deutscher Naturschutzring (DNR): "Neun Monate nach der Kohlekommission warten die Menschen im rheinischen Revier immer noch auf Lebens- und Planungssicherheit. Das andauernde Verschieben der Verantwortung zwischen Bund und NRW muss ein Ende haben. Wir brauchen endlich Klarheit. Fürs Klima und für die Menschen vor Ort."

Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): "Ministerpräsident Laschet hat es in der Hand: Nordrhein-Westfalen muss seine Braunkohlenplanung anpassen und die Garzweiler-Dörfer retten. In Sachsen und Brandenburg zeichnet sich jetzt ab, dass die dortigen Dörfer nicht mehr geopfert werden sollen. NRW muss sich endlich von RWE emanzipieren und der Zerstörung Einhalt gebieten. Dazu gehört, den Hambacher Wald zurück in öffentliches Eigentum zu überführen und ihn so dauerhaft sichern."

Martin Kaiser, Greenpeace Geschäftsführer von Greenpeace: "Es ist ein Skandal, dass trotz Klimakrise und ausgehandeltem Kohlekompromiss noch immer kein einziges schmutziges Kohlekraftwerk abgeschaltet ist. Ministerpräsident Laschet hätte hier die historische Chance, sich als zukunftsfähige Kraft innerhalb der CDU zu positionieren. Er sollte dafür sorgen, dass die schnelle Abschaltung der versprochenen 3,1 Gigawatt Braunkohle in NRW noch in diesem Jahr beginnt und die sinnlose Zerstörung von Dörfern und Wald endet."

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An den
Ministerpräsidenten des Landes NRW
Armin Laschet
Staatskanzlei des Landes NRW
Horionplatz 1
40190 Düsseldorf

Berlin, 23. Oktober 2019

Die Dörfer am Tagebau Garzweiler und den Hambacher Wald erhalten: Tagebauverkleinerungen zügig umsetzen

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

mit dem Ausstieg aus der Kohleverstromung stehen wir vor einem Meilenstein in der deutschen Energiewende. Als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen kommt Ihnen dabei eine Schlüsselrolle zu.

Seit neun Monaten steht fest, dass die Braunkohle unter dem Hambacher Wald und den gefährdeten Dörfern nicht mehr gebraucht wird. Deshalb wenden wir uns mit einer Bitte an Sie: Geben Sie den Garzweiler-Dörfern eine Zukunft und gestalten Sie als Landesvater von NRW den Kohleausstieg aktiv mit. Sozialverträglich ist der Kohleausstieg nur dann, wenn er die Zerstörung von tagebaubedrohten Orten beendet und so den gesellschaftlichen Konflikt um die Kohle befriedet.

Die Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung hat empfohlen, bis 2022 zusätzlich 3,1 Gigawatt Braunkohle abzuschalten. Mit Blick auf das Klimaschutzziel für 2020, das die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag `schnellstmöglich´ erreichen will, müssten die Anstrengungen noch weitaus größer sein. Stilllegungen unterhalb der Kapazität von 3,1 Gigawatt sind deshalb völlig inakzeptabel und stellen einen Bruch mit dem Kompromiss zum Kohleausstieg dar.

Es ist unabdingbar, dass diese Abschaltungen in vollem Umfang an den Standorten Neurath (Blöcke A, B, D, E) und Niederaußem (Blöcke C, D, G) umgesetzt werden, um den Erhalt des Hambacher Waldes und der Garzweiler-Dörfer zu gewährleisten. Hunderte Bewohner*innen aus den Dörfern Keyenberg, Kuckum, Ober- und Unterwestrich und Berverath am Braunkohle-Tagebau Garzweiler wollen bleiben. Ihnen muss die Möglichkeit gegeben werden, ihre Heimat zu bewahren.

Dabei ist zentral, dass Sie umgehend ein Moratorium erwirken, das weitere Zerstörungen im Wald oder in den Dörfern verhindert und Mittel aus den Strukturwandelhilfen bereitgestellt werden, damit die Dörfer lebenswert bleiben. Dieses Moratorium muss so lange bestehen bleiben, bis die Vereinbarungen zur Abschaltung der Braunkohlekraftwerke im Rheinland gesetzlich fixiert sind und eine neue Leitentscheidung der Landesregierung vorliegt.

Nach der ersten Phase des Kohleausstiegs bis 2022 wird es mit den Abschaltungen stetig weitergehen. Ab 2023 sind schrittweise Abschaltungen der restlichen Braunkohleanlagen an den Standorten Niederaußem (Block H, BoA1), Weisweiler (Blöcke E, F, G, H), Neurath (BoA 2, BoA 3) und Ville/Berrenrath (Hürth) vonnöten. Dabei ist wichtig, dass diese mit Blick auf die internationalen Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens bis 2030 abgeschlossen werden und der klimaschädliche Braunkohletagebau nicht durch andere Nutzungen wie die Einrichtung einer Brikettfabrik verlängert wird.

Die massenhaften Klima-Proteste machen deutlich, dass breite Teile der Bevölkerung nicht hinnehmen werden, wenn in Zeiten einer sich zuspitzenden globalen Klimakrise noch Dörfer für Braunkohle zerstört werden. Im Rahmen der noch abzuschließenden Verhandlungen können Sie zur sozialen Befriedung des Konfliktes um die Kohle beitragen, indem die Landesregierung jetzt ein Moratorium erlässt und eine neue Leitentscheidung ankündigt, um die Tagebaue entsprechend zu verkleinern. Es ist gelungen, durch die Regelungen zum Strukturwandel den sozialen Ausgleich für die Arbeitnehmer*innen zu organisieren. Nutzen Sie die Chance, jetzt den sozialen Frieden landesweit zu sichern. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie bei den laufenden Verhandlungen um den Ausstieg aus der Braunkohle für den Erhalt der Dörfer und des Hambacher Waldes durch die Abschaltung der alten Blöcke an den Standorten Niederaußem und Neurath sorgen. Eine neue Leitentscheidung muss noch in diesem Jahr eingeleitet werden, um die Tagebaugrenzen so zu verkleinern, dass sie den Erhalt des Hambacher Waldes und der Dörfer an den Tagebauen Garzweiler und Hambach sicherstellt.

Wir bitten Sie auch, Ihren Einfluss dafür geltend zu machen, dass die Verhandlungen mit den betroffenen Stromkonzernen zügig abgeschlossen werden und das Gesetz zum Ausstieg aus Braun- und Steinkohle noch in diesem Jahr vom Bundestag beschlossen wird. Dies ist im Interesse des Klimaschutzes und aller Beteiligten.

Mit freundlichen Grüßen


Der offene Brief ist mit Unterzeichnenerinnen und Unterzeichnern als PDF-Datei zu finden unter:
https://www.bund-nrw.de/fileadmin/nrw/dokumente/braunkohle/Aktionen/2019_10_23_Laschet-Brief.pdf

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Quelle:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
Landesverband Nordrhein-Westfalen
Merowingerstr. 88, 40225 Düsseldorf
Telefon: 0211/30 20 05-0
E-Mail: bund.nrw@bund.net
Internet: www.bund-nrw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Oktober 2019

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