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EUROPA/603: RefuelEU - Schritt für Schritt ein bisschen 'grüner' fliegen (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen e.V.

EU-News - 3. Mai 2023

RefuelEU: Schritt für Schritt ein bisschen 'grüner' fliegen


Am 25. April haben sich die EU-Institutionen im Trilogprozess auf neue Regeln im Luftverkehr geeinigt. Sie sind Teil des EU-Klimaschutzpaketes "Fit for 55". Der Einsatz von nachhaltigen Kraftstoffen wie laut EU-Parlament 'fortschrittlichen' Biokraftstoffe oder Wasserstoff wird damit gefördert. Die Organisation T&E begrüßte die Einigung, nannte aber auch einige Schwachstellen.

Das Europäische Parlament und der Rat haben sich am 25. April auf eine vorläufige Einigung in der Initiative 'ReFuelEU Aviation' erzielt - eine formale Bestätigung steht noch aus. Die neuen Regeln legen einen Mindestanteil nachhaltiger Flugkraftstoffe fest, der auf EU-Flughäfen zur Verfügung gestellt werden muss, um die Emissionen zu senken und sicherzustellen, dass die EU bis 2050 klimaneutral wird. Im Detail heißt das:

  • 2 Prozent des Flugzeugtreibstoffs müssen ab 2025 nachhaltig sein, 6 Prozent im Jahr 2030, 20 Prozent im Jahr 2035, 34 Prozent im Jahr 2040, 42 Prozent im Jahr 2045 und 70 Prozent bis 2050;
  • ein bestimmter Anteil des Kraftstoffmixes (1,2 Prozent im Jahr 2030, 2 Prozent im Jahr 2032, 5 Prozent im Jahr 2035 und schrittweise bis 35 Prozent im Jahr 2050) muss aus synthetischen Kraftstoffen wie E-Kerosin bestehen;
  • Wasserstoff und aus Speiseöl oder bestimmten Industrieabgasen hergestellter Kraftstoff gelten als umweltfreundlich;
  • Biokraftstoffe, die aus land- oder forstwirtschaftlichen Rückständen, Algen, Bioabfällen, Altspeiseöl oder bestimmten tierischen Fetten bestehen, gelten als 'nachhaltig';
  • Nein zu Kraftstoffen auf Basis von Futter- und Nahrungsmittelpflanzen (auch nicht aus Palm- und Sojamaterialien);
  • EU-Umweltzeichen für Flüge ab 2025; das Label soll den erwarteten CO2-Fußabdruck pro Passagier und die erwartete CO2-Effizienz pro Kilometer angeben, so dass Verbraucher*innen vergleichen können;
  • für Kraftstoffanbieter und Luftfahrzeugbetriebe gelten Berichterstattungspflichten;
  • Luftfahrzeugbetriebe dürfen bei Abflug von EU-Flughäfen nur so viel Kraftstoff tanken wie für den Flug notwendig, damit keine durch zusätzliches Gewicht bedingten Emissionen entstehen oder CO2 -Emissionen durch 'Tankering' verlagert werden (die absichtliche Mitnahme von zusätzlichem Kraftstoff, um keine nachhaltigen Kraftstoffe auftanken zu müssen);
  • alle Einnahmen aus Bußgeldern für Verstöße von Fluggesellschaften, Flughäfen oder Treibstofflieferanten sollen in die Forschung und Innovation zur Überbrückung des Preisunterschieds zwischen nachhaltigen und konventionellen Treibstoffen investiert werden.

Die verkehrskritische Organisation Transport and Environment (T&E) nannte die Einigung einen "entscheidenden Schritt, um den europäischen Markt für grünen Flugkraftstoff anzukurbeln". Einige problematische Rohstoffe, die weder nachhaltig noch skalierbar sind, seien allerdings noch Teil der Verordnung. Nur limitiert verfügbar seien beispielsweise tierische Fette und gebrauchtes Speiseöl, für die aber keine Obergrenzen bestimmt worden seien. Zudem seien tierische Fette Nebenprodukte von Schlachtungen, ihre Aufnahme könne zu Engpässen in anderen Branchen wie die Tiernahrungsindustrie kommen. Dort wiederum werde dann das ebenfalls umstrittene Palmöl als Ersatz gewählt.

Dennoch sei die Einigung insgesamt zu begrüßen. Matteo Mirolo, Aviation Manager bei T&E, sagte: "Die Verordnung ist Pionierarbeit 'made in Europe'. Sie ist das weltweit größte Bekenntnis zu grünen Kraftstoffen für die Luftfahrt. Die EU hat ihr Engagement für synthetische Kraftstoffe verdoppelt, die für die Dekarbonisierung des Sektors entscheidend sind, und den Einsatz einiger nicht nachhaltiger Biokraftstoffe in Flugzeugen eingeschränkt." Außerdem seien auch nicht-CO2-Effekte der Luftfahrt in die endgültige Verordnung aufgenommen worden. Dabei handelt es sich vor allem um Flugzeugemissionen von Stickoxiden (NOX), Rußpartikeln und oxidierten Schwefelverbindungen sowie Wasserdampf. Nicht-CO2-Emissionen machten zwei Drittel der Klimaauswirkungen der Luftfahrt aus, aber bisherige Bemühungen, sie gesetzlich zu regeln, waren erfolglos. ReFuelEU stelle nun sicher, dass Kraftstoffe niedrigere Gaskonzentrationen und Schwefelgehalte aufweisen. [jg]

Kommission: Neue Richtlinie zur Senkung der Emissionen aus der Luftfahrt (europa.eu)
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_23_2389

Parlament: Fit for 55: Parliament and Council reach deal on greener aviation fuels
https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20230424IPR82023/fit-for-55-parliament-and-council-reach-deal-on-greener-aviation-fuels

Rat: Dekarbonisierung des Luftfahrtsektors: Einigung zwischen Rat und Parlament
https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2023/04/25/council-and-parliament-agree-to-decarbonise-the-aviation-sector/

T&E: EU beschließt weltweit größte Verordnung für grüne Kraftstoffe in der Luftfahrt
https://www.transportenvironment.org/discover/eu-beschliest-weltweit-groste-verordnung-fur-grune-kraftstoffe-in-der-luftfahrt/

Link:
[1] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52020DC0747&from=EN

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Quelle:
EU-News, 03.05.2023
Deutscher Naturschutzring
Dachverband der deutschen Natur-, Tier-
und Umweltschutzverbände e.V. (DNR) e.V.
Marienstr. 19-20, 10117 Berlin-Mitte
Tel.: 030/6781775-70, Fax: 030/6781775-80
E-Mail: info@dnr.de
Internet: www.dnr.de

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 5. Mai 2023

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