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FORSCHUNG/1048: Das Unbehagen lauert im Untergrund (idw)


Friedrich-Schiller-Universität Jena - 15.05.2014

Das Unbehagen lauert im Untergrund

Prof. Dr. Matthias Groß ist Inhaber des neuen Lehrstuhls für Umweltsoziologie der Universität Jena



"Alles Gute kommt von oben", sagt der Volksmund. Das "Unten" dagegen, das im Untergrund Verborgene, sei für die meisten Menschen eher negativ besetzt und mute mitunter sogar unheimlich an. "Das lässt sich beispielsweise in der aktuellen Diskussion um das Thema Energiewende beobachten", sagt Prof. Dr. Matthias Groß von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. "Während die Energie von oben - die Solarenergie - ein sehr positives Image hat, reagieren viele Menschen auf die Geothermie, die aus dem Untergrund kommt, mit Unbehagen", so der Inhaber des neuen Lehrstuhls für Umweltsoziologie der Jenaer Uni. Die Geothermie werde vor allem als potenzielles Risiko wahrgenommen, was ihre gesellschaftliche Akzeptanz gering hält, nennt Prof. Groß das Ergebnis einer aktuellen Studie seines Teams.

Die kulturellen Grundlagen der Nutzung alternativer Energiesysteme und ihre sozialen Folgen sind einer der Forschungsschwerpunkte des 45-Jährigen, dessen Lehrstuhl an der Uni Jena in gemeinsamer Berufung mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig eingerichtet wurde. Bereits seit seinem Studium in Bielefeld und im kalifornischen Arcata hat sich Matthias Groß der Umweltsoziologie verschrieben. Dieses Fachgebiet ist in den 1970er Jahren aus Impulsen der Umweltbewegung entstanden. "Damals wuchs die Erkenntnis, dass der Mensch nicht außerhalb der Natur, sondern in vielfältiger Weise in Wechselwirkung mit ihr steht", so Groß. Welche Bedeutung dieser Austausch nicht nur für den einzelnen, sondern für die gesamte Gesellschaft hat, das untersucht der aus Rheinland-Pfalz stammende Forscher seither intensiv.

In seiner Doktorarbeit etwa, für die er im Jahr 2000 als DAAD-Stipendiat an die University of Wisconsin ging, hat er Renaturierungsprozesse von Landschaften in Wisconsin und Illinois untersucht: "Dabei wirkt der Mensch als direkter Gestalter von Natur", macht Groß die direkte Beziehung von Mensch und Umwelt deutlich und erklärt die Verbindung zwischen Sozial- und Naturwissenschaften als besonders relevant. "Dass die Natur in den Sozialwissenschaften als relevante Einflussgröße angesehen wird, ist jedoch noch nicht lange selbstverständlich", sagt Groß, der an diesem Umdenken entscheidend mitgewirkt hat.

Auch nach seiner Promotion hat sich der Soziologe mit Umweltthemen befasst und sein Forschungsspektrum an der Uni Bielefeld erweitert: Neben ökologischen Gestaltungsprozessen nahm er jetzt auch den Einsatz neuer Technologien in den Blick und hat eine Nachwuchsgruppe zum Thema "Realexperimente" aufgebaut und bis 2005 geleitet. Unter Realexperimenten verstehen Soziologen Prozesse, durch die die Gesellschaft als Ganzes neues Wissen erarbeitet, erläutert Prof. Groß. "Indem neue Technologien erprobt werden, indem auch Fehler passieren und Unvorhergesehenes geschieht, wird die Gesellschaft selbst zu einem Experiment, in dem Lernprozesse stattfinden und aus dem Innovationen hervorgehen können."

Nach einem weiteren USA-Aufenthalt 2003 an der Loyola University in Chicago wechselte der dreifache Familienvater 2005 ans UFZ. Seither baut er den Schwerpunkt Umweltsoziologie nicht nur in Leipzig auf, sondern steht auch bereits in Kontakt mit Kollegen der Uni Jena. Dieser Austausch wird sich künftig sicherlich noch intensivieren. Vor allem zu den Themen Nachhaltigkeit, Energie und Umweltinnovationen sieht Groß eine Reihe von möglichen Anknüpfungspunkten für neue Kooperationen.

Doch nicht nur die Jenaer Soziologen auch die interessierte Öffentlichkeit hat die Möglichkeit, einen direkten Einblick in die Forschungsthemen von Prof. Groß zu bekommen: Am 27. Mai hält er seine Antrittsvorlesung in der Aula der Jenaer Universität (Fürstengraben 1) zum Thema "Nichtwissen und die experimentelle Gesellschaft". Beginn ist 18.15 Uhr, der Eintritt ist frei.


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.uni-jena.de

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter:
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Dr. Ute Schönfelder, 15.05.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Mai 2014