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FORSCHUNG/1204: Mainzer Wissenschaftler entwickeln neuen Bodenfeuchtesensor (idw)


Max-Planck-Institut für Chemie - 11.09.2015

Mainzer Wissenschaftler entwickeln neuen Bodenfeuchtesensor

Innovatives Messgerät ermöglicht erstmals, den Wassergehalt biologischer Bodenkrusten zu messen


Biologische Bodenkrusten aus Flechten Algen und Moosen nehmen eine wichtige Rolle in Ökosystemen der Erde ein. Sie fixieren große Mengen Kohlendioxid und Stickstoff und geben gleichzeitig bedeutende Mengen des Treibhausgases Lachgas ab. Um ihre Fixierungs- und Freisetzungsprozesse im Detail untersuchen und verstehen zu können, sind Informationen zur Bodenfeuchtigkeit von entscheidender Bedeutung. Bisher jedoch existierte kein Sensor, der den Wassergehalt in den obersten Millimetern des Bodens mit ausreichender Genauigkeit ermitteln kann. Diese Lücke schließt nun eine Neuentwicklung von Bettina Weber und Kollegen am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz, wie online in der "Early View" Ausgabe des Journals "Methods in Ecology and Evolution" der Wiley Online Bibliothek zu lesen ist. Sie schafften es, einen entsprechenden Bodenfeuchtesensor zu konstruieren, der verlässliche Daten liefert und darüber hinaus kostengünstig und flexibel in der Anwendung ist.


Foto: © Bettina Weber, MPI für Chemie

Der neu entwickelte Bodenfeuchtesensor im Einsatz in einer durch Flechten dominierten Bodenkruste in der Sukkulentenkaroo, einer Halbwüste in Südafrika.
Foto: © Bettina Weber, MPI für Chemie

Bisher behalfen sich Wissenschaftler bei Untersuchungen der obersten Bodenschicht mit nur mäßig geeigneten Methoden, um zumindest näherungsweise deren Wassergehalt zu bestimmen. "Der einzige Sensor, der in den obersten Schichten zurzeit einsetzbar ist, misst lediglich, ob die Organismen aktiv sind, nicht aber die vorhandene Menge an Wasser. Alle anderen Bodenfeuchtesensoren messen den Wassergehalt in tieferen Schichten, so dass sie für die Anwendung in Bodenkrusten völlig ungeeignet sind", beschreibt Bettina Weber, Gruppenleiterin in der Abteilung Multiphasenchemie, die Problematik.


Foto: © Bettina Weber, MPI für Chemie

Das Gelände, auf dem die Bodenfeuchtesensoren in Klimastationen installiert sind, wird mithilfe eines Zaunes vor weidenden Tieren geschützt.
Foto: © Bettina Weber, MPI für Chemie

Da aber die Feuchtigkeit des Bodens in den obersten fünf Millimetern ausschlaggebend für die Aktivität, Produktivität und Oberflächenaustauschrate wechselfeuchter Lebewesen ist, versuchte Bettina Weber diese Unbekannte bei ihren Messungen durch eigene Entwicklungen zu entschlüsseln. Gemeinsam mit ihrem Forschungsteam fand sie eine Methode, um die Bodenfeuchtigkeit anhand seiner Leitfähigkeit bestimmen zu können. Das Kernstück des Messgeräts ist daher ein Leitfähigkeitssensor.

Die größte Herausforderung bereitete die Kalibrierung der Sensoren: Da die Leitfähigkeit des Bodens nicht nur durch die Feuchtigkeit, sondern u. a. durch die Körnigkeit und den Salzgehalt des Bodens beeinflusst wird, muss der Sensors stets innerhalb des gemessenen Substrats kalibriert werden. Erst nach zahlreichen Anläufen konnten die Forscher eine zuverlässige Methode entwickeln, mit der sie die Leitfähigkeitswerte den entsprechenden Wassergehaltswerten zuordnen konnten. "Da es recht aufwendig ist, im Anschluss an die Feldmessungen Kalibrationskurven im Labor zu erstellen, haben wir auch eine Methode entwickelt, eine Kalibrationskurve mit etwas geringerer Genauigkeit anhand weniger Feldmessungen zu erstellen", erklärt Thomas Berkemeier, Doktorand in der Abteilung Multiphasenchemie, der das mathematische Verfahren zur Berechnung der Kalibrationskurven entwickelte.

Insgesamt überzeugt die Neuentwicklung der Mainzer Forscher durch zahlreiche Vorteile: Zum einen kann der Sensor aufgrund seines einfachen Aufbaus und einer robusten Konstruktion universell in den verschiedensten Böden der Erde eingesetzt werden. Zum anderen ist es dank der geringen Anschaffungskosten möglich, zahlreiche Sensoren gleichzeitig einzusetzen, um so auch kleinräumige Muster und Abhängigkeiten statistisch zuverlässig erfassen zu können, was bisher nicht möglich war. Die neu entwickelten Bodenfeuchtesensoren können mit einfachen Änderungen für Messungen über größere Bodenbereiche hinweg angepasst werden. Sie sind somit potenziell nicht nur für Forschungsprojekte an biologischen Bodenkrusten interessant, sondern auch beispielsweise für industrielle Anwendungen wie bei der Verarbeitung von Beton.

Ihre Erfindung haben sich die Max-Planck-Wissenschaftler schützen lassen und den Feuchtesensor als Gebrauchsmuster angemeldet. Zurzeit arbeitet Bettina Weber bereits an einer Weiterentwicklung des Sensors, um ihn auch für den Betrieb in Sensornetzwerken einsatzfähig zu machen. AR

Zusatzinfo biologische Bodenkrusten:

Biologische Bodenkrusten bestehen aus einer Gemeinschaft von Blaualgen, Flechten, Algen und Moosen, die gemeinsam mit Pilzen, Bakterien und Archaeen in den oberen drei bis fünf Millimetern des Bodens wachsen und hier eine verhärtete Schicht bilden. Sie kommen weltweit in Trockengebieten der Erde vor und besiedeln hier ungefähr 20 Mio. Quadratkilometer, was annähernd der Fläche von Südamerika entspricht. Sämtliche Organismen in Bodenkrusten sind wechselfeuchter Natur, was bedeutet, dass sie nur bei ausreichender Feuchte des Bodens aktiv sind, trockene Bedingungen aber in einem inaktiven Zustand überdauern.

Originalpublikation
B. Weber, Th. Berkemeier, N. Ruckteschler, J. Caesar, H. Heintz, H. Ritter, H. Braß: "Development and calibration of a novel sensor to quantify the water content of surface soils and biological soil crusts", Methods in Ecology and Evolution (2015),
doi: 10.1111/2041-210X.12459


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.mpic.de/aktuelles/pressemeldungen/news/mainzer-wissenschaftler-entwickeln-neuen-bodenfeuchtesensor.html

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news637392

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution274

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Max-Planck-Institut für Chemie, Dr. Susanne Benner, 11.09.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. September 2015

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