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FORSCHUNG/1380: Wenn die Tigermücke zum Problem wird - Auswirkungen gebietsfremder Arten (idw)


Universität Wien - 07.08.2017

Wenn die Tigermücke zum Problem wird

Neues Bewertungsschema für die Auswirkungen gebietsfremder Arten


Invasive gebietsfremde Tier- und Pflanzenarten stellen eine Bedrohung für die biologische Vielfalt auf unserem Planeten dar und können auch Gesundheit und Wohlbefinden der Menschen einschränken. Ein internationales ForscherInnenteam um Franz Essl von der Universität Wien sowie Wolfgang Rabitsch vom Umweltbundesamt hat nun ein neues Bewertungsschema entwickelt, mit dem wirtschaftliche und gesundheitliche Auswirkungen klassifiziert werden können. Die Ergebnisse sind kürzlich im Fachjournal "Methods in Ecology and Evolution" erschienen.

Die aus Südostasien eingeschleppte Tigermücke (Aedes albopictus) überträgt verschiedene Viren, die Krankheiten wie das Dengue-Fieber auslösen können und stellt weltweit eine Gefahr für die menschliche Gesundheit dar. In Österreich ist das aus Nordamerika stammende Ragweed (Ambrosia artemisiifolia) durch seine Pollen als Allergieauslöser gefürchtet - gerade jetzt im Hochsommer. Aber nicht nur Krankheiten können für den Menschen zum Problem werden: Die Aga-Kröte (Rhinella marina), die zur biologischen Kontrolle gegen einen Pflanzenschädling nach Australien gebracht wurde, hat sich selbstständig gemacht und weiter ausgebreitet. Die Kröte frisst kleine Beutetiere, die vor ihrer Ausbreitung traditionell von den Aborigines als "Buschfleisch" genutzt wurden.


Foto: © Franz Essl

Ragweed ist in Österreich berüchtigt für seinen stark allergenen Pollen. Darüber hinaus kann die Art auch zu massiven Ertragsausfällen in der Landwirtschaft führen, wie hier im Maisfeld.
Foto: © Franz Essl

Solchen Auswirkungen auf die Lebensumstände und das Wohlbefinden von Menschen wurde bislang nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt oder sie wurden unterschätzt, weil sie nicht monetär abgebildet werden konnten. Unter der Leitung von Sven Bacher von der Universität Freiburg (Schweiz) und unter Mitwirkung von Franz Essl (Universität Wien) und Wolfgang Rabitsch (Umweltbundesamt) hat ein internationales ForscherInnenteam ein neues sozio-ökonomisches System zur Klassifizierung eingeschleppter Arten entwickelt: Die Socio-economic impact classification of alien taxa, kurz SEICAT.


Foto: © Wolfgang Rabitsch

Der Asiatische Marienkäfer frisst im Herbst auch an Weintrauben. Wird er nach der Lese mit den Trauben mitgepresst, schmeckt man seine Bitterstoffe im Wein.
Foto: © Wolfgang Rabitsch

"Das neue Bewertungsschema klassifiziert eingeführte Arten nach deren Auswirkungen auf das Leben der Menschen. Veränderungen menschlicher Aktivitäten dienen als Maß für die Intensität der Auswirkungen", erklärt Franz Essl. So werden auch Auswirkungen erfasst, die von einem rein ökonomischen System übersehen werden. Die Einflüsse auf das menschliche Wohlbefinden - von der Gesundheit über die materielle Situation und Sicherheit bis hin zu sozialen und kulturellen Belangen - werden in SEICAT in derselben "Währung" gemessen und erlauben so den direkten Vergleich und die Einstufung.

"SEICAT ermöglicht auch eine Reihung, für welche Arten prioritär Maßnahmen gesetzt werden sollten", erläutert Wolfgang Rabitsch. Das Klassifizierungsverfahren ergänzt das vom selben ForscherInnenteam entwickelte EICAT-Bewertungssystem (Environmental impact classification of alien taxa), in dem die Auswirkungen eingeschleppter Arten auf die Biodiversität erfasst werden. In der Kombination von EICAT und SEICAT ist es den WissenschafterInnen gelungen, ökologische sowie sozio-ökonomischen Auswirkungen gebietsfremder Arten abzubilden.

Publikation in "Methods in Ecology and Evolution":
Bacher S, Blackburn TM, Essl F, Genovesi P, Heikkilä J, Jeschke JM, Jones G, Keller R, Kenis M, Kueffer C, Martinou AF, Nentwig W, Pergl J, Pysek P, Rabitsch W, Richardson DM, Roy HE, Saul W-C, Scalera R, Vilà M, Wilson JRU, Kumschick S. (2017): Socio-economic impact classification of alien taxa (SEICAT). Methods in Ecology and Evolution. DOI: 10.1111/2041-210X.12844

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Wien, Stephan Brodicky, 07.08.2017
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. August 2017

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