Schattenblick → INFOPOOL → UMWELT → FAKTEN


FORSCHUNG/1411: Welche Pflanzenarten aus Europa andere Kontinente besiedeln (idw)


Universität Wien - 04.12.2017

Welche Pflanzenarten aus Europa andere Kontinente besiedeln


Immer mehr Pflanzenarten werden durch den Menschen in neue Gebiete eingeschleppt. Häufig ist aber unklar, welche Faktoren darüber entscheiden, ob sich Pflanzen woanders dauerhaft ansiedeln können. Ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung von Franz Essl vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien zeigt nun erstmals, wie die Bindung an unterschiedliche Lebensräume die vom Menschen verursachte Ausbreitung europäischer Pflanzenarten auf andere Kontinente steuert. Die Forschungsergebnisse erscheinen aktuell im renommierten Wissenschaftsjournal "Proceedings of the National Academy of Sciences".


Landschaft mit blühenden Pflanzen - Foto: © Ladislav Mucina

Der Wegerichblättrige Natternkopf ist im südlichen Europa heimisch und bestens an vom Menschen geschaffene Lebensräume angepasst.
Foto: © Ladislav Mucina

Mehrere Studien in den letzten Jahren haben eindrücklich gezeigt, dass die Ausbreitung von Tier- und Pflanzenarten durch den globalen Handel in den letzten Jahrzehnten massiv zugenommen hat. So sind bis heute weltweit über 13.000 Pflanzenarten vom Menschen in andere Regionen verbracht worden, davon stammen immerhin über 2.500 aus Europa. Zum Vergleich: In ganz Europa sind nur etwa 12.000 Pflanzenarten heimisch, in Österreich sind es etwa 3.000 Spezies.

"Wir haben zum ersten Mal umfassend die Rolle der Bindung von Pflanzen an unterschiedliche Lebensräume im Heimatgebiet für ihre Ausbreitung untersucht. Unsere Hypothese war, dass dieser Faktor entscheidend für die Verbringung von Pflanzenarten ist", erklärt Franz Essl von der Universität Wien. Das internationale ForscherInnenteam hat das Vorkommen für alle aus Europa stammenden über 2.500 Pflanzenarten, die bislang auf andere Kontinente verschleppt wurden, in verschiedenen Lebensräumen dokumentiert. In der Folge untersuchten sie, ob die Ausbreitung in anderen Kontinenten für Pflanzenarten bestimmter Lebensräume besonders stark war.

Das Ergebnis der Studie war eindeutig. Jene Arten, die in Europa in stark vom Menschen veränderten Lebensräumen wie Äckern, Brachflächen und "Gstätten" in Städten vorkommen, waren äußerst erfolgreich bei der Eroberung anderer Kontinente. Mehr als 40 Prozent der in Europa in diesen Lebensräumen vorkommenden Pflanzenarten sind mittlerweile auf andere Kontinente verschleppt worden.

"Im Zuge der Kolonialisierung anderer Erdteile haben Europäer viele Pflanzen in andere Erdteile 'exportiert'. Dies geschah oft unabsichtlich - etwa mit verunreinigtem Saatgut", erläutert Franz Essl. Und er ergänzt: "Pflanzenarten, die in Europa schon in vom Menschen veränderten Lebensräumen heimisch waren, hatten dabei einen Startvorteil: Sie wurden öfters verschleppt und fanden in den neu zu besiedelnden Regionen ideale Lebensbedingungen vor". Diese Studie zeigt, dass die biologische Globalisierung manche Pflanzenarten besonders begünstigt - nämlich solche, die es geschafft haben, vom Menschen geschaffene Lebensräume zu erobern.

Publikation in "Proceedings of the National Academy of Sciences":
Kalusova V, Chytry M, van Kleunen M, Mucina L, Dawson W, Essl F, Kreft H, Pergl J, Weigelt P, Winter M, Pysek P (2017)
"Naturalization of European plants on other continents: the role of donor habitats". Proceedings of the National Academy of Sciences.


Offen für Neues. Seit 1365
Die Universität Wien ist eine der ältesten und größten Universitäten Europas: An 15 Fakultäten und vier Zentren arbeiten rund 9.700 MitarbeiterInnen, davon 6.800 WissenschafterInnen. Die Universität Wien ist damit auch die größte Forschungsinstitution Österreichs sowie die größte Bildungsstätte: An der Universität Wien sind derzeit rund 94.000 nationale und internationale Studierende inskribiert. Mit über 175 Studien verfügt sie über das vielfältigste Studienangebot des Landes. Die Universität Wien ist auch eine bedeutende Einrichtung für Weiterbildung in Österreich.
www.univie.ac.at

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder unter:
http://idw-online.de/de/news685806
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution84

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Wien, Stephan Brodicky, 04.12.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Dezember 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang