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FORSCHUNG/1458: Was Bäume, Gesellschaft und Gewässer über das Klima sagen (idw)


Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg - 27.06.2018

Was Bäume, Gesellschaft und Gewässer über das Klima sagen


Wie wirken sich Großwetterlagen auf bayerische Waldökosysteme aus? Welche Rolle spielen regionale Klimaverhältnisse? Was wissen Schülerinnen und Schüler über den Klimawandel? Mit diesen Fragen befassen sich Wissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) im neuen Verbundprojekt BayTreeNet und setzen dabei auf sogenannte Talking Trees. Das Projekt verbindet naturwissenschaftliche Klimamodellierung und Dendroökologie mit sozialwissenschaftlicher Bildungsforschung in einem bisher einzigartigen interdisziplinären Ansatz.

Der Klimawandel ist eine der gewaltigsten globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst fördert deshalb seit Mai 2018 für eine Laufzeit von fünf Jahren das Bayerische Klimaforschungsnetzwerk bayklif mit Geldern in Höhe von insgesamt 18 Millionen Euro. Wissenschaftler des Departments Geographie und Geowissenschaften der FAU sind in drei Verbundprojekten von bayklif vertreten und erhalten Fördermittel in Höhe von rund 1,7 Millionen Euro.

BayTreeNet

Im Projekt BayTreeNet unter Leitung der FAU untersuchen die Forscher systematisch, wie Waldökosysteme auf die Dynamik des Klimas reagieren. Erstmals tun sie dies flächendeckend - bisher gab es nur punktuelle Klimarekonstruktionen, zum Beispiel zur lang anhaltenden Nordwest-Wetterlage im Frühjahr 2015. Diese hatte in Franken zu extremer Trockenheit geführt, in Oberbayern dagegen zu Überschwemmungen im Wolkenstau der Nordalpen. Wie Bäume auf diese extreme klimatische Schwankung reagiert haben, können Forscher auch Jahre später an den Jahresringen ablesen und mit aktuellen Daten in Beziehung setzen - diese Wissenschaft heißt Dendroökologie.

Für BayTreeNet etabliert Prof. Dr. Achim Bräuning vom Lehrstuhl für Geographie (Physische Geographie) der FAU ein dendroökologisches Netzwerk mit zehn sogenannten Talking Trees. Sie stehen in verschiedenen Regionen Bayerns in klimatisch unterschiedlichen Gebieten, fünf in einer Hochlage, fünf in einer Tieflage. Der Clou an der Sache ist: Die Bäume sind mit einer internetfähigen Übertragungseinheit ausgestattet - und jede Reaktion des Baumes auf die lokalen Witterungsbedingungen ist in Echtzeit über das Internet abrufbar. In beiden Lagen entnehmen die Wissenschaftler monatliche Holzproben der Wachstumszone der Bäume, messen mit elektronischen Sensoren die aktuellen Zuwachsschwankungen sowie den Wassertransport an Bäumen und speisen die Daten dann in die Hochleistungsrechner der FAU ein. Diese nutzt auch Prof. Dr. Thomas Mölg, Professur für Geographie, der am Computer das künftige Auftreten von Großwetterlagen und die zugrundeliegenden atmosphärischen Zirkulationsmuster modelliert. Diese steuern die räumliche und zeitliche Verteilung von Wasserdefizit oder -überschuss sowie von Hitze und Kälte.

Talking Trees

Die Talking Trees werden von einem Netzwerk von Partnerschulen betreut und sind auch für die interessierte Öffentlichkeit zugänglich. Die Schülerinnen und Schüler übersetzen im Unterricht die ökologischen und meteorologischen Messdaten des Baumes in menschliche Sprachbotschaften, so dass auch die breite Öffentlichkeit versteht, was die sprechenden Bäume zu sagen haben. Das Unterrichtskonzept zu den Talking Trees wird von Prof. Dr. Jan Christoph Schubert vom Lehrstuhl Didaktik der Geographie der FAU forschend begleitet. Mit Methoden der empirischen Sozialforschung untersucht er, wie der Transfer der Daten in schulische Bildungsarbeit gelingt. Dafür füllen die Schülerinnen und Schüler Fragebögen aus und nehmen an leitfadengestützten Interviews teil. Der Bildungsforscher sieht so, welches Wissen und welche Einstellungen sie mitbringen und wie sich beides durch den Unterricht verändert.

Insgesamt verbindet das Projekt Pflanzenwissenschaften, Klimaforschung und Bildungsforschung - und es stärkt die Verbindung zwischen Hochschulen und Schulen im Bereich der MINT-Fächer.

BLIZ und AQUAKLIF

Auch an zwei weiteren Verbundprojekten von bayklif sind Wissenschaftler des Departments Geographie und Geowissenschaften der FAU beteiligt.

Prof. Dr. Perdita Pohle, Lehrstuhl für Geographie (Kulturgeographie und Entwicklungsforschung), arbeitet im Verbundprojekt "BLIZ - Blick in die Zukunft: Wechselwirkungen zwischen Gesellschaft, Landnutzung, Ökosystemleistungen und Biodiversität in Bayern bis 2100" mit. Es ist an der Technischen Universität München (TUM) angesiedelt und untersucht die Auswirkungen des Klimawandels auf ökologische und sozio-ökonomische Systeme und deren Wechselwirkungen. Das Teilprojekt von Prof. Pohle befasst sich mit sozial-ökologischen Transformationen in der Landwirtschaft in Anpassung an den Klimawandel. Aus Sicht verschiedener Akteure aus Politik, Umwelt, Wirtschaft und Zivilgesellschaft analysiert sie die Akzeptanz und Präferenz von nachhaltigen Landnutzungsoptionen und diskutiert Umsetzungsmöglichkeiten mit Partnern aus der Praxis.

Prof. Johannes Barth, Lehrstuhl für Angewandte Geologie am GeoZentrum Nordbayern der FAU, ist im Projekt AQUAKLIF aktiv. Das Projekt wird von der Universität Bayreuth geleitet und untersucht die Auswirkungen klimatischer Einflussfaktoren. Hierzu gehören Änderungen der Temperatur und des Niederschlages sowie veränderte Feinsedimentfrachten als wichtige Faktoren, die auf die Gewässerökologie und Wasserqualität Einfluss nehmen. Entscheidend für den angestrebten "guten Zustand" eines Gewässers ist der gelöste Sauerstoff im Wasser. Prof. Barth untersucht mit einer neuen Messmethode der "stabilen Isotopenverhältnisse" den Sauerstoff und kann so seine Umsetzungen in Bächen und ihren Sedimenten sowie im Grundwasser bestimmen.

Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news698382
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution18

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg - 27.06.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juni 2018

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