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FINANZEN/195: Die globale Umweltfazilität - Gut gewollt ist nicht immer gut gekonnt (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 3/2009

Die globale Umweltfazilität
Gut gewollt ist nicht immer gut gekonnt

Von Regine Richter


Die Grundidee der Globalen Umweltfazilität (Global Environmental Facility, GEF) ist Ressourcentransfer von Nord nach Süd. Die Industrieländer als Hauptverursacher von globalen Umweltproblemen geben Geld, um Entwicklungsländer dabei zu unterstützen, die daraus resultierenden Probleme zu lösen. Allerdings sind die Struktur sowie die konkrete Arbeit von GEF umstritten.

Die Globale Umweltfazilität wurde 1991 im Vorfeld der Rio-Konferenz im Wesentlichen von den G7-Regierungen gegründet. Ihr Auftrag ist es, den Schutz der globalen Umwelt zu finanzieren und der Finanzierungsmechanismus multilateraler Umweltabkommen(1) zu sein. Sie vergibt Mittel in sechs Förderbereichen: Klimawandel, Biodiversität, Internationale Gewässer, Abbau der Ozonschicht, Landdegradierung und langlebige organische Schadstoffe.

Die Grundidee an sich ist gut: Ressourcentransfer von Nord nach Süd. Die Industrieländer als Hauptverursacher von globalen Umweltproblemen wie Klimawandel, Biodiversitätsverlust oder Ozonabbau geben Geld, um Entwicklungsländer dabei zu unterstützen, die daraus resultierenden Probleme zu lösen. Die Fazilität hatte es jedoch von Anfang an schwer: einerseits, da ihr Südregierungen ambivalent bis feindlich gegenüber standen, die in der Fazilität ein reines Instrument des Nordens sahen. Andererseits erhielt die Fazilität keine Eigenständigkeit, sondern wird von Weltbank, Entwicklungsprogramm (UNDP) und Umweltprogramm (UNEP) der Vereinten Nationen verwaltet. Dabei beherbergt ursprünglich die Weltbank das GEF-Sekretariat und wickelt Gelder ab, UNDP gibt technische Unterstützung bei Projekten und UNEP unterstützt wissenschaftlich. Inzwischen können ebenfalls weitere Institutionen wie regionale Entwicklungsbanken oder die Welternährungsorganisation als Umsetzungsorgane fungieren. Damit sind zahlreiche Akteure mit GEF-Hut aktiv, die teilweise sehr unterschiedliche Aufträge haben, was zu Spannungen und Konkurrenz geführt hat.


Kritik an GEF

Ein wesentlicher Kritikpunkt am "Haupt-GEF-Verwalter" Weltbank ist, dass diese GEF als grünes Mäntelchen benutzt, die Fazilität jedoch keineswegs zu einer generellen Ökologisierung der Weltbankpolitik geführt hat. Die Tschad-Kamerun Pipeline ist ein Beispiel dafür, wie GEF für "Umwelt-Tricksereien" der Weltbank genutzt wird: Die Weltbank (über die Töchter Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, IBRD und Internationale Finanzkorporation, IFC) gab für diese Pipeline im Jahr 2000 direkte Kredite über 193 Millionen US-Dollar, was sowohl wegen der gravierenden Umweltprobleme als auch wegen der menschenrechtlichen und sozialen Auswirkungen für internationale Empörung sorgte. Da die Pipeline gerade in Kamerun artenreiche Gebiete zerstörte und somit zu Biodiversitätsverlusten geführt hat, musste die Weltbank nach ihren Naturschutzrichtlinien diese Verluste durch die Unterschutzstellung neuer Flächen ausgleichen. Ein Gebiet, das gewählt wurde, war der Campo Ma'an Nationalpark. Tatsächlich gehörte er jedoch zu einem von sieben Gebieten, die bereits früher im Rahmen eines GEF-Projektes unter Schutz gestellt und für die partizipative Schutzpläne formuliert werden sollten. Somit brach die Weltbank ihre eigenen Regeln, da kein neues Schutzgebiet geschaffen wurde(2).


Indigene Völker

Jedoch ist auch die konkrete Arbeit von GEF selbst nicht unumstritten. Zu den zierten Aktivitäten gehören unter anderem die Einrichtung und Verstärkung von Schutzzonen, inklusiv Randzonen und die nachhaltige Nutzung der Biodiversität außerhalb von Schutzzonen. Dabei sind häufig Land und Territorien von indigenen Völkern betroffen, die wiederholt die Erfahrung gemacht haben, dass ihre Rechte in den verwendeten Schutzkonzepten nicht beachtet wurden und ihr Lebenswandel von den Schutzzonen bedroht ist. Zudem werden sie nicht effektiv an Entscheidungen beteiligt, zum Teil selbst bei solchen GEF-Projekten, die gezielt auf indigene Völker zugeschnitten sind(3). Nach massiver Kritik von Indigenenorganisationen und dem britischen Forest Peoples Programme befasst sich inzwischen im GEF-Sekretariat jemand mit Indigenenfragen, Probleme gibt es jedoch nach wie vor: Ein Beispiel ist das "Paraguay Wildlife Projekt", wo seit 2001 ein Schutzgebiet auf dem Gebiet der indigenen Mby'a Guarani eingerichtet wird, ohne diese zu konsultieren, geschweige denn ihre Zustimmung einzuholen, was völkerrechtlich notwendig wäre und den Anforderungen der Biodiversitäts-Konvention entspräche, "die herkömmliche Nutzung biologischer Ressourcen im Einklang mit traditionellen Kulturverfahren" zu schützen. In dem Projekt wurden Informationen zu dem Projekt den Indigenen überhaupt erst zur Verfügung gestellt, nachdem sie mit Klagen drohten(4).


Klimaschutz

Im Klimaschutzbereich gibt es ebenfalls Kritik an der Fazilität. Dort hat GEF seit 1991 fast zwei Milliarden US-Dollar für Projekte zur Förderung erneuerbarer und emissionsarmer Energien vergeben. Zudem wurden unter dem GEF-Dach zusätzliche Fonds zur Anpassung an den Klimawandel eingerichtet, um Länder zu unterstützen, die Aktionspläne für die Anpassung erstellen. Im Vorfeld des Klimagipfels in Kopenhagen wird nun darüber diskutiert, welche Rolle GEF in einem Post-Kyoto Regime spielen soll. Umweltorganisationen, die im Klimabereich aktiv sind, weisen darauf hin, dass trotz jahrelanger Reformdebatten wenig Fortschritte bei GEF erzielt wurden und bezweifeln deshalb, dass GEF die Herausforderungen von Mitigation und Anpassung in der nötigen Größenordnung meistern kann. Diese Bedenken werden von Entwicklungsländern geteilt, die lieber eine konsistentere Finanzstruktur unter dem Dach der Klimarahmenkonvention sehen würden mit einem deutlich reformierten Finanzmechanismus, statt des Flickenteppichs existierender Institutionen, selbst wenn diese viel mehr Mittel bekämen. Umweltorganisationen schlagen deshalb eine eigene Kopenhagener Klima-Fazilität vor, mit demokratischer Entscheidungsstruktur auf der Grundlage gerechter, ausgewogener regionaler Verteilung und mit signifikanter Vertretung der Entwicklungsländer sowie formaler Vertretung relevanter Stakeholder(5).


Rolle der Entwicklungsländer

Denn der Streitpunkt seit Beginn, welche Rolle und Mitsprache die Entwicklungsländer bei GEF haben, ist auch 18 Jahre nach Einrichtung der Fazilität nicht gelöst. Zwar hat GEF eine offene Mitgliedschaft, Ein macht sich jedoch am eingebrachten Geld fest: bei den regelmäßig stattfindenden Wiederauffüllungsrunden darf nur mitdiskutieren, wer mindestens 4 Millionen Special Drawing Rights (SDR, entspricht 4,38 Millionen Euro) einbringt, ansonsten können Länder den Diskussionen nur als Beobachter beiwohnen. Aktuell findet eine solche Wiederauffüllungsrunde statt, die einhergeht mit einer Studie zu den Ergebnissen des GEF. Ein Zwischenbericht dieser Studie von Juni 2009 hebt besonders hervor, dass Empfängerländer auf jeden Fall in die Wiederauffüllungsdiskussion einbezogen werden sollten, da dies guter internationaler Praxis entspricht und helfen könnte, die bestehenden Süd-Nord Konflikte aufzulösen.


Reformen notwendig

Nichtregierungsorganisationen, die sich gezielt mit GEF auseinandersetzen, haben ebenfalls Reformforderungen an die Wiederauffüllungsrunde formuliert, dazu gehören eine großzügige Auffüllung für die Periode 2010-2014 um mindestens 10 Milliarden US-$, Strukturreformen, die dafür sorgen, dass Zivilgesellschaft angemessen in GEF-Planungen und -Ausführung einbezogen wird und einen hinreichenden Anteil an GEF-Mitteln für Arbeit zu den Umweltkonventionen erhält.

Deutschland ist hinter den USA und Japan drittgrößer Geldgeber der GEF. Für die Zeit von 2006 bis 2010 sagte die Bundesrepublik einen Anteil in Höhe von 277,5 Millionen US-Dollar an einem Gesamtvolumen von 2,3 Milliarden US-Dollar zu. Unter den gegebenen Strukturen hat die Bundesregierung damit viel Ein auf die Diskussion um Reformen, die an die Wiederauffüllung geknüpft sind. Wie GEF künftig die Welt mitregiert wird deshalb auch vom Einfluss der Bundesregierung und deutscher Nichtregierungsorganisationen auf die Bundesregierung abhängen.

Die Autorin arbeitet bei der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Urgewald zu internationalen Finanzinstitutionen und ist Mitglied im Leitungskreis des Forums Umwelt und Entwicklung.


(1) Umweltkonventionen zu Biodiversität, Klima und langlebigen organischen Schadstoffen sowie das Montrealer Protokoll über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen, und das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung.

(2) "The Global Environment Facility: The first ten years - growing pains or inherent flaws?" Environmental Defense, Halifax Initiative, 2002

(3) "Indigenous Peoples and the Global Environment Facility (GEF)" Tom Grif 2005

(4) "Violations of indigenous peoples' rights in the 'Initiative for the Protection of Wildlife Areas of Paraguay' project funded by Global Environmental Facility (GEF)" Brief von Asociacion de Comunidades Indigenas de Itapua, Coordinadora por la Autodeterminacion de los Pueblos Indigenas und Forest Peoples Programme, November 2007

(5) "Ein Kopenhagener Klima-Abkommen. Version 1.0 - Entwurf für ein Kopenhagen-Abkommen von Mitgliedern von Nichtregierungsorganisationen" Germanwatch, WWF, Greenpeace, David Suzuki Foundation, IndyACT, National Ecological Centre of Ukraine


Das Forum Umwelt & Entwicklung wurde 1992 nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung gegründet und koordiniert die Aktivitäten der deutschen NRO in internationalen Politikprozessen zu nachhaltiger Entwicklung. Rechtsträger ist der Deutsche Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V. Diese Publikation wurde vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) offiziell gefördert. Der Inhalt gibt nicht unbedingt die Meinung des BMZ wieder.

Der Rundbrief des Forums Umwelt & Entwicklung, erscheint vierteljährlich, zu beziehen gegen eine Spende für das Forum.


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Quelle:
Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 3/2009, S. 4-5
Herausgeber: Projektstelle Umwelt & Entwicklung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. November 2009