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FORSCHUNG/497: Stop für umstrittenes Experiment Meeresdüngung (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände

EU-Koordination - 15.01.2009

Stopp für umstrittenes Experiment Meeresdüngung


Nach internationalen Protesten und dem Einschreiten des Bundesumweltministeriums (BMU) hat es im Konflikt um die wissenschaftliche Untersuchung der Folgen von Eisendüngung im Meer eine vorübergehende Einigung gegeben. Nachdem das BMU und Umweltorganisationen Mitte Januar Bedenken geäußert hatten, werden Forscher des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) zunächst keinen Eisendünger in den Südatlantik einleiten. Das Projekt soll noch einmal auf den wissenschaftlichen Prüfstand, wie das Bundesforschungsministerium mitteilte. An die AWI-Forscher ging die Weisung, solange kein Eisen ins Meer zu geben, bis weitere Gutachten zur Unbedenklichkeit vorliegen.

Anfang Januar startete das Forschungsschiff "Polarstern" zu einer Expedition, an der auch indische Wissenschaftler beteiligt sind. Ziel des Forschungsprojektes ist, mit einer Eisendüngung des Meeres das Wachstum von Algen anzuregen, damit diese mehr klimaschädliches Kohlendioxid aufnehmen. Die Forscher hatten grünes Licht vom Bundesforschungsministerium bekommen, das die Expedition "im Einklang mit allen politischen Forderungen zur Ächtung einer Ozeandüngung" sieht.

Dem widersprechen sowohl das BMU als auch die Umweltschutzverbände wie die Aktionskonferenz Nordsee oder die ETC (Action Group on Erosion, Technology and Concentration). Nach Auffassung des Umweltministeriums steht das Experiment im Gegensatz zu Beschlüssen der UN-Biodiversitätskonferenz. Im Mai 2008 wurde auf der UN-Biodiversitätskonferenz in Bonn ein Moratorium für solche Ozeandüngungen beschlossen. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel hatte diesen Beschluss maßgeblich mit durchgesetzt. Das Projekt habe bereits international zu Protesten geführt und untergrabe Deutschlands Glaubwürdigkeit und Vorreiterrolle beim Schutz der biologischen Vielfalt, hieß es beim BMU.

Das AWI verweist auf eine Ausnahmeregelung, wonach "kleinteilige wissenschaftliche Experimente" zulässig seien. Negative Umweltauswirkungen seien nicht zu erwarten, hieß es weiter. Die Aktionskonferenz Nordsee bezweifelt aber, dass bei der Menge an Eisendünger und der betroffenen Fläche noch von "kleinteilig" die Rede sein könne. Sie sieht auch erhebliche Risiken für Meerestiere und Pflanzen, sowohl direkt als auch durch das verstärkte Algenwachstum. Die ETC-Gruppe forderte strenge Regeln, die verhindern, dass Forscher an unserem Planeten herum pfuschten. Die "Polarstern" hat 50 Tonnen Eisensulfat an Bord, die 200 Kilometer vor der Inselgruppe Südgeorgien auf einer 300 Quadratkilometer großen Meeresfläche verteilt werden sollen. [mbu]

Aktionskonferenz Nordsee: http://www.aknev.org
Bundesforschungsministerium: http://www.bmbf.de
Bundesumweltministerium: http://www.bmu.de
ETC Group: http://www.etcgroup.org

Index: Biodiversität, Klima, Meere


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Quelle:
Newsletter zur EU-Umweltpolitik
Nr. 01/09, 15.01.2009
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination, 15.01.2009
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Januar 2009