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FORSCHUNG/532: Chancen und Risiken geologischer CO2-Speicherung (research*eu)


research*eu Sonderausgabe - Sonderausgabe September 2008 Magazin des Europäischen Forschungsraums

GEOLOGISCHE SPEICHERUNG: CO2 begraben unter der Erde

Von Julie Van Rossom


Mit der Aussicht auf eine geologische CO2-Speicherung ruhen nun alle Hoffnungen auf der unterirdischen Lagerung, die als Mittel im Kampf gegen die globale Erwärmung eingesetzt werden soll. Mit dem Verfahren könnte ein großer Anteil unserer Emissionen absorbiert werden - vorausgesetzt, die derzeit noch bestehenden Zweifel werden bald zerstreut.

Der neueste Bericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) der UNO ist eindeutig: Eine globale Erwärmung um mehr als 2 °C ist unbedingt zu verhindern.

Dafür muss die Menschheit ihre CO2-Emissionen bis zum Jahre 2050 auf die Hälfte des Niveaus von 1990 senken. Das heißt: geringerer und effizienterer Verbrauch der Energie aus Kohlenwasserstoffen, Entwicklung umweltfreundlicher Energieformen, aber auch Verringerung der Emissionen, die wir in die Atmosphäre abgeben.

Die rettende Lösung: Abscheidung und Speicherung von CO2 (Carbon Capture and Storage - CCS). Dies betrifft die Energiewirtschaft und speziell die Energiekraftwerke, die für die Hälfte der Emissionen verantwortlich sind.

Wissenschaftler sind derzeit dabei, die Kosten für die bisher noch zu teure Abscheidung zu senken. Die Kosten für die Speicherung hingegen sind relativ gering, weswegen sich die Forschungsbemühungen in diesem Bereich hauptsächlich auf die Effizienz und den Sicherheitsaspekt konzentrieren.

Aufgrund des zu hohen Risikos für die Meeresbiotope ist man von der künstlichen Speicherung in Ozeanen abgekommen. Bereits jetzt stellt die durch die natürliche Aufnahme des CO2 bedingte Versauerung eine erhebliche Umweltbedrohung dar. Bleibt also noch die geologische Speicherung, mit der wieder unter die Erde gebracht werden soll, was einst in Form von Kohle oder Kohlenwasserstoffen aus ihren Tiefen gefördert wurde.


Unterirdische Lagerstätten: ein natürlicher CO2-Speicherort

"In den vergangenen zehn Jahren haben wir hinsichtlich der Charakterisierung und der Auswahl von Stätten, die für die Speicherung tauglich sind, viel erreicht", erklärt Isabelle Czernichowski-Lauriol, geologische Ingenieurin vom Bureau de Recherches Géologiques et Minières - BRGMfrfd (Büro für geologische und Bergwerksforschungen) (FR) und verantwortlich für Co2GeoNet, dem europäischen Exzellenznetz für die CO2-Speicherung. "Dank dieser Studien konnten wir überall auf der Erde eine Reihe potenzieller Speicherstätten unterhalb von 800 m Tiefe lokalisieren. Dabei handelt es sich um Stätten, die sich insbesondere durch poröse und durchlässige geologische Schichten auszeichnen, in die das CO2 leicht eingeleitet werden kann. Andererseits ist aber auch ein undurchlässiges Deckgestein aus Ton oder Salzen vorhanden, das ein anschließendes Aufsteigen des Gases an die Erdoberfläche verhindert. Dieses Deckgestein enthält idealerweise nur wenige Spalten oder sonstige Unebenheiten, durch die das CO2 entweichen könnte." Speziell die einstigen Erdöl- und Erdgaslagerstätten entsprechen diesem Profil. Da ihr geologisches Umfeld bereits im Rahmen der Rohstoffförderung ausgiebig untersucht wurde, haben die Wissenschaftler an diesen Stätten ein besonderes Interesse. Ein solch langfristig angelegter Datenbestand ermöglicht eine optimale Beurteilung des Verhaltens von CO2, wenn es in die Lagerstätte eingeleitet wird. Im Falle der Erdöllagerstätten lässt diese Lösung auch einige wirtschaftliche Vorteile erkennen.

Durch das Einleiten von CO2 kann nämlich auch noch der Rest des schwarzen Goldes gewonnen werden, der mit konventionellen Mitteln nicht abgebaut werden kann und somit in der Lagerstätte verbleiben würde.

Dieses Prinzip der forcierten Erdölförderung wurde von der Wirtschaft schon weitgehend erprobt. Derzeit wird es im Rahmen eines CCS-Projekts am Ölfeld von Weyburn in Kanada untersucht, wo das Betreiberunternehmen Encana das aus einer amerikanischen Anlage zur Herstellung synthetischer Brennstoffe anfallende CO2 gewinnt und in den Boden einleitet. "Sobald das CO2 in die Lagerstätte eingeleitet wird, vermischt es sich mit dem Erdöl. Dadurch verringert sich die Viskosität des Öls und die Beförderung zum Pumpenschacht wird einfacher", so Isabelle Czernichowski-Lauriol weiter. "Sobald das Erdöl an die Oberfläche gelangt, wird ihm das CO2 entzogen, damit letzteres wieder in die Lagerstätte zurückgeleitet werden kann." Abgesehen von dieser Nutzung zur Rentabilitätssteigerung stoßen die Kohlenwasserstofflagerstätten allerdings auf recht wenig Interesse. "Diese Lagerstätten werden im Zuge der Förderung immer wieder angebohrt, was die Dichtheit beeinträchtigen könnte, die für die Speicherung nötig ist", hebt die Projektleiterin hervor. "Derzeit werden verschiedene Spezialzemente entwickelt, um eine optimale Versiegelung der Schächte zu gewährleisten. Darüber hinaus haben diese Stätten eine verhältnismäßig geringe Speicherkapazität und sind zudem geografisch ungleichmäßig verteilt. Sie allein könnten die gesamten vom Menschen verursachten CO2-Emissionen gar nicht aufnehmen." Das Problem der geringen Kapazität stellt sich allerdings auch bei den nicht nutzbaren Kohlelagerstätten, die die Forscher als eine weitere Möglichkeit zur Speicherung in Betracht ziehen. Die Kohle, die sich in solchen Tiefen befindet, dass sie nicht gefördert werden kann, enthält in der Regel Methan. Wenn man nun das CO2 dort einleitet, wird es idealerweise von der Kohle absorbiert, die im Gegenzug Erdgas freisetzt, das anschließend an die Erdoberfläche gefördert werden kann. "Zur CO2-Speicherung in Kohle mittels forcierter Methangewinnung wurden bisher jedoch nur wenige Untersuchungen durchgeführt. Hier gibt es noch einige ungelöste technische Probleme, die sich aus der schwachen Durchlässigkeit von Kohle ergeben. Es sind noch viele Jahre Forschung nötig, bevor wir auf diesem Gebiet umsetzbare Ergebnisse haben", führt Isabelle Czernichowski-Lauriol aus.


Tiefe Aquifere als vielversprechende Lösung

Dann gibt es noch die Hauptoption: tiefe salzhaltige Aquifere in Form von ausgedehnten porösen und durchlässigen geologischen Schichten, die sich in mehr als 800 m Tiefe befinden. Das Wasser, das sie enthalten, ist weitaus salzhaltiger als Meerwasser und daher als Trinkwasser völlig ungeeignet. Bisweilen bilden diese Aquifere Kohlenwasserstofflagerstätten oder enthalten sogar natürliche CO2-Vorkommen. Ihr Potenzial ist unermesslich: Während die ehemaligen Kohlenwasserstofflagerstätten ein Drittel der Emissionen aufnehmen könnten, die vom Menschen innerhalb eines Jahrhunderts erzeugt werden, schätzen Experten die Kapazität der salzhaltigen Aquifere auf das Zehnfache. Zudem sind sie recht gleichmäßig auf der Erde verteilt, sodass die Nutzung dieser Methode überall denkbar wäre. Die Speicherung in dieser Art der geologischen Formation wird seit 1996 in der Sleipner-Anlage in Norwegen praktiziert. Das Unternehmen Statoil leitet in das Zentrum der Utsira-Formation, eines sandsteinhaltigen Aquifers 800 m unter dem Meeresboden der Nordsee, CO2 ein, das aus der Erdgasverarbeitung stammt. Als weltweit erstes Projekt zur geologischen CO2-Speicherung ist man bei Sleipner, zumindest bis zum heutigen Tage, vom großen Erfolg überzeugt. "Nach mehr als zehn Jahren CO2-Einleitung konnte kein Entweichen festgestellt werden", freut sich Andrew Chadwick, Geophysiker von der British Geological Survey - BGS (UK), der für die Überwachungstechnologie bei CO2ReMoVe verantwortlich ist. Mit diesem europäischen Projekt sollen mithilfe von Daten aus mehreren Pilotprojekten Einzelheiten zur Überwachung der CO2-Speicherung entwickelt werden. Hierfür untersuchen die Forscher die Sleipner-Anlage, aber auch die Anlage in In Salah, Algerien, wo CO2 in einen tiefen Onshore-Aquifer eingeleitet wird, und die Snohvit-Anlage, eine weitere norwegische Initiative zur geologischen Offshore-Speicherung. "Die sechs dreidimensionalen seismischen Studien, die bei Sleipner durchgeführt wurden, liefern wichtige Erkenntnisse zum Verständnis der Bewegungen der CO2-Fahne", so Chadwick. "Diese verhält sich ganz genau so, wie wir es vorausgesagt hatten. Sie steigt an die obere Begrenzung der Speicherstätte und wird dort durch das Deckgestein aufgehalten, wo sie anschließend horizontal an beiden Seiten des Injektionsbohrlochs entlangwandert."


Ein mit Sicherheit langfristiger Prozess

Für den Rückhalt des CO2 in den Speicherstätten kommen mehrere Mechanismen zum Einsatz. Diese können mit der Zeit und in verschiedenen Stufen, je nach Art der jeweiligen Speicherstätte, kombiniert oder nacheinander verwendet werden. "Der Druck des einzuleitenden CO2 wird zuvor erhöht, um ein überkritisches Gas zu erzeugen. Dadurch verteilt es sich leichter und nimmt ein geringeres Volumen ein", erläutert Andrew Chadwick.

Zur Sicherung dieser Druckverhältnisse muss sich die Speicherstätte in mindestens 800 m Tiefe befinden. "In Form eines überkritischen Gases hat das CO2 eine geringere Dichte als das salzhaltige Wasser des Aquifers, woraus seine Aufwärtswanderung innerhalb der Speicherstätte resultiert. Dieses Phänomen wird strukturelle Abscheidung genannt. Es wird damit gerechnet, dass sich das CO2 im Laufe der Zeit allmählich im Wasser löst und sich am Boden der Speicherstätte sammelt, da mit CO2 angereichertes Wasser schwerer ist. Man nimmt an, dass das gesamte CO2 in der Sleipner-Anlage etwa 7 000 Jahre benötigen wird, um diesen Prozess der Abscheidung durch Lösung abzuschließen.

In einem noch viel größeren zeitlichen Rahmen könnte das CO2 auch mit den angrenzenden Mineralien reagieren und Karbonate bilden. Bei Sleipner, wo die Utsira-Formation viel Quarz enthält und nur wenig mit CO2 reagiert, wird die Frage der mineralischen Abscheidung jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach nur eine untergeordnete Rolle spielen." Die Gefahr des Entweichens nimmt also, sofern die Berechnungen der Experten stimmen, mit zunehmender Lagerdauer des CO2 ab. Schließlich kann das CO2, sobald es im Wasser gelöst ist, viel schwerer aus der Speicherstätte entweichen. Und wenn es eine feste Form annimmt, ist das Risiko, dass es entweicht, verschwindend gering. Dies gilt trotz der Tatsache der mineralischen Abscheidung, die aber außer bei besonderen geologischen Eigenschaften, wie im Falle von basalthaltigen Aquiferen, kaum von Bedeutung ist.


Verstärkte Überwachung

Diese Theorien müssen sorgfältig überprüft werden, bevor ein kommerzieller Einsatz der geologischen Speicherung in Erwägung gezogen wird. Es steht sehr viel auf dem Spiel, da das Konzept einen sehr langen Zeitraum und eine für uns nicht sichtbare Umgebung betrifft. "Eine schwierige Aufgabe", meint Ton Wildenborg, Geologe bei der Nederlandse organisatie voor toegepast natuurwetenschappelijk onderzoek - TNO (NL) und Koordinator von CO2ReMoVe. "In der Regel verwenden wir Geräte zur akustischen Abbildung, die uns ein recht genaues Bild vom Verhalten des CO2 innerhalb der Speicherstätte und der angrenzenden geologischen Schichten liefern. Diese Analysen werden im Abstand von etwa zwei Jahren durchgeführt, um die Vorgangsentwicklung genau zu verfolgen. Die geologischen Eigenschaften einer jeden Speicherstätte sind jedoch höchst individuell. Das Überwachungskonzept muss daher genau an die Art der jeweiligen Formation, an die Tiefe sowie an die angrenzenden Gesteinsmerkmale angepasst werden." "Genau darum geht es beim CO2ReMoVe-Projekt. Anhand der vorhandenen Demonstrationsstätten versuchen wir, die für die Überwachung erforderlichen technologischen Grundlagen zu entwickeln und die planerischen Einzelheiten festzulegen. Inzwischen haben wir endlich einen Einsatzplan für die Überwachung in In Salah aufgestellt. Das war keine leichte Angelegenheit, da sich die dortige Anlage zur Gasproduktion mitten in der Wüste befindet und wir, wie bei allen anderen Pilotanlagen auch, den Zeitplan für die Maßnahmen an dieser Speicherstätte erarbeiten und dabei die Pläne anderer Forschungsteams berücksichtigen müssen." Gleiches Spiel, anderer Schauplatz: CO2GeoNet. Der einzige Unterschied besteht darin, dass bei diesem Projekt jene Überwachungstechniken im Vordergrund stehen, mit denen Lecks aufgespürt werden können. "Und da alle Demonstrationsstätten derzeit dicht sind, untersuchen wir vielmehr die natürlichen Lagerstätten und die Zonen mit natürlicher CO2-Entweichung an der Oberfläche", erklärt Nick Riley, Geologe an der BGS und Koordinator des CO2GeoNet-Netzes. "Die Erkenntnisse daraus helfen uns bei der Einschätzung des potenziellen langfristigen Verhaltens des CO2 und bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit unserer Geräte zum Aufspüren von Lecks. Erst kürzlich haben wir in der Latera-Anlage in Italien eine Technik zur Ortung per Hubschrauber getestet, mit der Anomalien in der Vegetation aufgespürt werden, die auf ein Entweichen von CO2 zurückgeführt werden können." Das CCS-Konzept, das vor kaum 15 Jahren erarbeitet wurde, entwickelt sich inzwischen in einem rasanten Tempo. In diesem Wettlauf mit der Zeit, der sich aus dem Handlungsbedarf in der Klimafrage ergibt, setzt sich Europa an die Spitze: Bereits seit Beginn der 1990er Jahre, als noch niemand CCS als ernstzunehmende Alternative ansah, investierte Europa in die Forschung auf diesem Gebiet.

Das Ziel der Europäischen Union hinsichtlich der geologischen CO2-Speicherung ist nunmehr die Einrichtung von etwa einem Dutzend Demonstrationsprojekten bis zum Jahre 2015. Dabei wird angestrebt, die Technik bereits ab 2020 auch auf kommerzieller Ebene einzusetzen, vorausgesetzt, die Forschungsergebnisse bestätigen ihre Unbedenklichkeit.


CO2-Verfestigung

Auch wenn die mineralische Oberflächenkarbonisierung vom wissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet weit weniger erforscht ist als die geologische Speicherung, so stellt sie doch eine weitere Option für die CO2-Speicherung dar. Schließlich ist die Reaktion des atmosphärischen CO2 mit Silikatgesteinen zu Karbonatmineralien ein natürlicher Vorgang. Einige Forscher ziehen daher in Betracht, das CO2 direkt mit Olivin oder Serpentin reagieren zu lassen, da diese beiden Silikatgesteine reichlich vorhanden sind. Andere wollen lieber zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und Industrieabfälle wie Alkalisalze oder Stahlwerksschlacke karbonisieren. "Die Karbonisierung ist zwar technisch möglich, aber durch sie können die vom Menschen verursachten CO2-Emissionen nur geringfügig verringert werden. Allerdings könnte diese Methode eine interessante Zusatzoption sein, die dann zum Beispiel auf Werksebene zum Einsatz kommt", gibt Isabelle Czernichowski-Lauriol zu bedenken.

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CO2Remove
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www.co2remove.eu

http://ec.europa.eu/research/research-eu/earth/article_earth37_de.html


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Quelle:
research*eu, Sonderausgabe September 2008, Seite 37-39
Magazin des Europäischen Forschungsraums
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. April 2009