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FORSCHUNG/598: Wetter und Risikokommunikation - Verwundbar gegenüber Extremereignissen (UFZ-Spezial)


Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
UFZ-Spezial Dezember 2009: In Sachen Klimawandel

Verwundbar gegenüber Extremereignissen

Von Tilo Arnhold


Extreme Wettereignisse überraschen immer wieder und offenbaren unsere Verwundbarkeit. Spätestens seit den Fluten an Elbe, Oder, Rhein oder Donau bzw. dem Hitzesommer von 2003 rückt dies auch in das öffentliche Bewusstsein. "Wir haben herausbekommen, dass das Bewusstsein für Extremereignisse durchaus zunimmt - sowohl in der Bevölkerung als auch bei den Behörden", berichtet Dr. Dagmar Haase über ihre Erfahrungen aus mehreren Großprojekten. Warum erwischen solche Ereignisse Betroffene, Gemeinden und Organisationen immer wieder auf "dem falschen Fuß"? Wie kann man die teilweise verheerenden Folgen abmildern oder gar vermeiden? Das sind Fragen, mit denen sich Wissenschaftler des UFZ befassen. Einige Antworten haben sie in den internationalen Forschungsvorhaben Floodmed, FLOODsite, FLOOD-ERA und NeWater gefunden. Seien es Befragungen vor der eigenen Haustür (z. B. Mulde) oder in anderen europäischen Flusseinzugsgebieten) z. B. Theiß) - sie alle kommen zu einem ähnlichem Ergebnis: Technische Lösungen dominieren in den derzeitigen Schutz- und Anpassungsstrategien. Beim Hochwasserschutz beispielsweise sind es Deiche, Staumauern und Rückhaltebecken, die sich hoher Akzeptanz in der Bevölkerung erfreuen. Die sozialwissenschaftlichen Untersuchungen im Rahmen des EU-Projektes FLOODsite, die von den UFZ-Wissenschaftlern Dr. Annett Steinführer und Dr. Christian Kuhlicke gemeinsam mit Kollegen aus Italien und Großbritannien durchgeführt wurden, zeigen aber auch, mit welchen Folgen solche technischen Anpassungsstrategien verbunden sein können: Hinter den Deichen, in den geschützten Bereichen, entwickelt sich ein vermeintliches Gefühl der Sicherheit, und private Vorsorgemaßnahmen finden kaum statt. Überraschung und Verwundbarkeit können somit auch beim nächsten Extremhochwasser wieder Hand in Hand gehen. Diesem Befund sollte bei der Risikokommunikation größere Bedeutung beigemessen werden, denn noch klaffen die Zuweisung von Verantwortlichkeiten durch den Gesetzgeber und das Wissen auf Seiten der Bewohner der gefährdeten Bereiche darum, was überhaupt getan werden kann, weit auseinander.

Entscheidend wird jedoch sein, wie Anpassungen trotz grundlegender Unsicherheiten in Bezug auf zukünftige klimatische, aber auch demographische und ökonomische Entwicklungen gestaltet werden können. Die Herausforderungen bestehen also darin, zum einen diese mit großen Unsicherheiten verbundenen Veränderungen in den Risiken abzuschätzen und zum anderen Anpassungsstrategien zu entwickeln, um auf diese unsicheren Entwicklungen vorbereitet zu sein: "Unsere Methoden sollen helfen, sich flexibel anpassen zu können, um widerstandsfähig gegenüber häufigen Veränderungen zu werden", so Dr. Volker Meyer. Deshalb forschen er und verschiedene UFZ-Wissenschaftler weiter in internationalen Projekten wie CapHaz-Net zu Dürren in Spanien, Hangrutschen und Sturzfluten in den Alpen sowie Hochwasser im Elbeeinzugagebiet. In RISK MAP wird untersucht, wie Hochwasserrisikokarten verbessert werden können. Beide Projekte werden vom UFZ koordiniert.

• Dr. Volker Meyer
Dept. Ökonomie
Telefon: 0341/235-1641
e-mail: volkermeyer@ufz.de
mehr Informationen:
FLOODsite: www.floodsite.net
RISK MAP: www.ufz.de/index.php?de= 18469


FLOODCALC

Die neue Hochwasserrahmenrichtlinie der EU (HWRRL) fordert die Erstellung von Risikokarten für alle größeren Flüsse in Europa. Das am UFZ entwickelte "FloodCalc" ermöglicht eine räumlich explizite integrierte Bewertung ökonomischer, sozialer und ökologischer Hochwasserrisiken auf der Basis öffentlich verfügbarer Daten. Die Anwendung kann problemlos auf jedem PC installiert werden. Auf Basis von Überflutungsdaten und Schadenspotenzialkarten, welche die räumliche Verteilung der Kriterien über ihre Risikoelemente im Untersuchungsraum darstellen, berechnet FloodCalc Schadenskarten für unterschiedliche Hochwasser-Eintrittswahrscheinlichkeiten. Danach werden die ökonomischen, sozialen und ökologischen Risikokarten addiert. Eine Standardisierung der Risiken erfolgt mittels multikriterieller Entscheidungsregeln. Das Verfahren ist auf andere Flussgebiete in Europa übertragbar. www.ufz.de/index.php?de=18112


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Quelle:
UFZ-Spezial Dezember 2009: In Sachen Klimawandel, S. 11
Herausgeber:
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. November 2009