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FORSCHUNG/636: Wissenschaftler untersuchen gigantische Aschewolke nach Vulkanausbruch (DLR)


Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) - 15.04.2010

DLR-Wissenschaftler untersuchen gigantische Aschewolke nach Vulkanausbruch

Bild: DLR

Während Flugzeuge den aktiven Vulkan nicht überfliegen können, blickt der deutsche Radar-Satellit TerraSAR gefahrlos aus dem All auf den Ausbruchort und seine Umgebung. Dabei kann er dank seiner Radarstrahlen - im Gegensatz zu optischen Satelliten - durch Asche- und Rauchwolken hindurch in den Vulkankrater schauen. Die Aufnahme vom Abend des 15. April 2010 (19.04 Uhr Ortszeit) zeigt deutlich drei schwarze Ausbruchöffnungen. Zuvor war die Caldera mit bis zu 200 Metern Eis bedeckt. Ein Riss verbindet nordöstlichen und südlichen neuen Ausbruchkrater miteinander.
Das Schmelzwasser fließt in Sturzbächen nach Norden über 1500 Meter in ein Tal ab und hat hier bereits ein riesiges Gebiet überschwemmt. Sollte auch Schmelzwasser nach Süden abfließen, wären an der Südküste Islands bewohnte Gebiete betroffen.
Die austretende feine Asche wurde durch den Wind nach Osten verfrachtet und hat sich teilweise auf dem Eis als dichter und glatter Oberflächenbelag niedergelegt. In diesen Bereichen wird die Mikrowellenstrahlung des Satelliten-Radars nur wenig gestreut, und die Bereiche erscheinen in dem Bild dunkel.
Folgt man diesen fächerförmigen dunklen Streifen nach Osten, kommt man zum Eruptionsort, an dem sich bereits am 20. März 2010 ein Ausbruch ereignet hat. Dieser wurde in der Zwischenzeit von tausenden von Touristen besucht, die mit Geländewagen und Schneemobilen über die Eisflächen gefahren sind. Die dabei entstandene Piste ist als weiße Linie am rechten Bildrand deutlich zu erkennen.
Bild: DLR.

Der Vulkan Eyjafjallajökull auf Island hat bei seinen Ausbrüchen am 15. April und am 21. März große Mengen an Asche und Schwefeldioxid in die Atmosphäre geschleudert. Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) werten aktuelle Satellitenaufnahmen aus und untersuchen die Auswirkungen der Eruptionen auf die Atmosphäre.



Vulkane als "globale Luftverschmutzer"

"Vulkane gehören zu den 'globalen Luftverschmutzern'. Gase und Aschepartikel können häufig bis zu 15 Kilometer und mehr in die Atmosphäre katapultiert werden. Sie werden dann mit der großräumigen Strömung oft über viele tausend Kilometer transportiert", berichten die Atmosphärenforscher Dr. Michael Bittner vom Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum (DFD) und Dr. Hans Volkert vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre in Oberpfaffenhofen.

Zusammen mit seinem Team leitet DLR-Wissenschaftler Bittner aus Messungen von Umweltsatelliten wie dem europäischen MetOp-A-Satelliten und dem amerikanischen NOAA-19 Satelliten Informationen ab, die Aufschluss über Verlauf und Gestalt der gigantischen Aschewolke südöstlich von Island geben. So erlaubt beispielsweise das Instrument GOME-2(Global-Ozon-Monitoring-Experiment) an Bord von Metop-A die Beobachtung des Ozons in der Atmosphäre.

Auf dem Bild des europäischen Umweltsatelliten Meteosat-9 ist die Aschewolke des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull als orangefarbene Struktur zwischen Schottland und Süd-Norwegen zu sehen. Bild: EUMETSAT / DLR.

Auf dem Bild des europäischen Umweltsatelliten Meteosat-9 ist die Aschewolke des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull als orangefarbene Struktur zwischen Schottland und Süd-Norwegen zu sehen.
Bild: EUMETSAT / DLR.

Satelliten-Instrumente machen unsichtbare Gase sichtbar

"GOME-2 kann auch schädliche, mit dem Auge nicht sichtbare Gase wie beispielweise Schwefeldioxid erkennen", erklärt Bittner. Anhand der Satellitendaten können die DLR-Wissenschaftler die Konzentration dieser Gase in der Luft aufzeigen. Schwefeldioxid beispielsweise kann sehr lange in der Atmosphäre verbleiben. Steigt es in höhere Luftschichten bis in die Stratosphäre auf, so kann dies auch zur Beeinträchtigung der Ozonschicht führen.

"Vulkanausbrüche haben nicht nur regionale, sondern auch kontinentale bis globale Auswirkungen auf die Atmosphäre. Aschepartikel wirken sich dabei nicht nur auf die Sicherheit des Flugverkehrs oder die Gesundheit des Menschen aus, sie können auch die Sonneneinstrahlung beeinflussen, die den Erdboden erreicht", berichten Dr. Bittner und Dr. Volkert weiter. Besonders feine Rußpartikel könnten unter Umständen viele Monate in der Atmosphäre bleiben und sich auf das Temperaturgefüge auswirken. Ebenso können diese Rußpartikel als Kondensationskeime für Wolkenbildung dienen und somit ebenfalls Einfluss auf die Strahlungsbilanz nehmen.

Bild: EUMETSAT / DLR.

Es ist heute möglich, mit satellitengetragenen Instrumenten Asche- und Gaswolken aus Vulkanausbrüchen zu erkennen. Im DLR werden zum Beispiel Daten des europäischen GOME-2-Instruments an Bord des Satelliten MetOp-A im Auftrag von EUMETSAT verarbeitet. Die abgeleiteten Spurengasinformationen werden mit Modellen des DLR verknüpft, um Prognosen der Schadstoffausbreitung zu ermöglichen. Die Grafik verdeutlicht die Konzentration des Schwefeldioxidgehaltes über der Nordsee. Der Stern zeigt die Stelle der höchsten Konzentration - dort befindet sich auch die Aschewolke des Vulkans Eyjafjallajökull.
Bild: EUMETSAT / DLR

"Über den Ausbruch des Vulkans selbst sagen die Satellitendaten zwar wenig aus", erläutert DLR-Wissenschaftler Volkert. "Die Bilder geben uns aber wesentliche Informationen darüber, in welche Richtung und mit welcher Geschwindigkeit sich die Aschewolke ausbreitet", ergänzt er. Für eine exakte Bewertung der Folgen des isländischen Vulkanausbruchs sei es noch zu früh: "Allgemein bieten Vulkanausbrüche aber eine natürliche Gelegenheit, die Ausbreitung von Spurenstoffen wie Schwefeldioxid detailliert zu untersuchen, wie dies zum Beispiel in den 1990er-Jahren nach dem Ausbruch des Pinatubo auf den Philippinen geschehen ist", verdeutlicht der Atmosphärenforscher.

Die von Vulkanen ausgestoßenen Aschewolken beeinflussen darüber hinaus möglicherweise auch die höheren Luftschichten in der Atmosphäre bis hinauf zu etwa 100 Kilometer. Dieser Mechanismus ist noch relativ unerforscht. Anlässlich des aktuellen Vulkanausbruchs hat das zum DLR gehörende DFD das internationale "Network for the Detection of Mesopause Change", kurz NDMC, aktiviert. Dieses Netzwerk besteht aus 43 Meßstationen in 21 Ländern und wird vom DFD aus in Zusammenarbeit mit der bayerischen Umweltforschungsstation Schneefernerhaus koordiniert. Es gibt Hinweise darauf, dass die oberen Atmosphärenschichten wesentlich empfindlicher auf Klimaänderungen reagieren als untere Schichten.

Bild: DLR

Der sogenannte Apollo-Algorithmus ermittelt anhand von empfangenen Satellitendaten eine Reihe wolkenphysikalischer Parameter. So zeigt die Aufnahme des amerikanischen AVHRR-Instruments auf dem amerikanischen Wettersatelliten NOAA-19 eine Aschewolke und eine dünne Bewölkung, die sich von Island in die Nordsee erstreckt. Diese Daten werden vom Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum (DFD) beim DLR in Oberpfaffenhofen täglich empfangen und ausgewertet. Die Daten sind über das vom DFD betriebene Weltdatenzentrum für Fernerkundung der Atmosphäre (World Data Center for Remote Sensing of the Atmosphere) verfügbar.
Bild: DLR.

Vollständiger Artikel mit Bildmaterial:
http://www.dlr.de/desktopdefault.aspx/tabid-1/9600_read-23752/


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Quelle:
Pressemitteilung vom 15.04.2010
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Unternehmenskommunikation, Linder Höhe, 51147 Köln
http://www.dlr.de/


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. April 2010