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FORSCHUNG/852: Rolle von alpinen Gletschern im Kohlenstoffkreislauf (idw)


Universität Wien - 17.09.2012

"Nature Geoscience": Hohe Vielfalt organischer Stoffe im Gletschereis



Der Limnologe Tom Battin und sein Team von der Universität Wien haben die Rolle von alpinen Gletschern im Kohlenstoffkreislauf untersucht und zeigen auf, dass dieser auch von Gletschern beeinflusst wird. Sie entdeckten eine unerwartet hohe Vielfalt organischer Kohlenstoffverbindungen im Gletschereis und beschreiben deren möglichen Beitrag zum Metabolismus in Gletscherbächen. Die Ergebnisse publizierten die ForscherInnen in der Fachzeitschrift "Nature Geoscience".

Der weltweite Rückgang von Gebirgsgletschern hat Konsequenzen für den Wasserkreislauf, insbesondere für den Anstieg der Weltmeere. Dass Gletscher auch den Kohlenstoffkreislauf beeinflussen können, ist bislang wenig bekannt. Ein internationales Team um Tom J. Battin vom Department für Limnologie der Universität Wien hat nun die biogeochemische Vielfalt von organischen Kohlenstoffverbindungen in 26 österreichischen Gletschern erforscht.

See vor getautem Boden und schneebedeckten Bergen - Foto: © Tom J. Battin

Venter Gletscherwelt
Foto: © Tom J. Battin

Gabriel A. Singer untersuchte mit Thorsten Dittmar und Jutta Niggemann vom Max Plank Institut für Marine Mikrobiologie und von der Universität Oldenburg tausende organische Verbindungen im Gletschereis mittels super-hochauflösender Massenspektrometrie. Christina Fasching und Peter Steier vom "Vienna Environmental Research Accelerator" (VERA) an der Fakultät für Physik bestimmten das Alter von organischem Kohlenstoff im Gletschereis und fanden heraus, dass dieser bis zu 8.000 Jahre alt ist. Auch die Bioverfügbarkeit von diesen alten Kohlenstoffverbindungen für die Mikroorganismen in den Gletscherbächen wurde untersucht. Zum ersten Mal ist es den WissenschafterInnen gelungen, das Alter und die Bioverfügbarkeit auf Molekülebene mit der chemischen Zusammensetzung vom organischen Kohlenstoff zu verbinden.

So konnten die WissenschafterInnen zeigen, dass die biogeochemische Diversität der Kohlenstoffverbindungen im Gletschereis unerwartet hoch ist. Den größten Anteil an organischen Kohlenstoff im Gletschereis machen chemische Verbindungen pflanzlichen und mikrobiellen Ursprungs aus. Hingegen waren Verbrennungsprodukte nur schwach im Gletschereis vertreten.

Zwei Forscherinnen im Freien bei der Arbeit - Foto: © Christian Preiler

Feldlabor am Gletscherbach
Foto: © Christian Preiler

Obwohl diese Verbindungen zum Teil mehrere tausend Jahre alt sind, sind sie dennoch als Ressource für Mikroorganismen im Gletscherbach verfügbar. Dass alter Kohlenstoff bioverfügbar ist, widerspricht gängigen Meinungen und unterstreicht die Rolle von Gletschern als "Tiefkühltruhe", in der organisches Material konserviert bleibt.

Die Studie zeigt erstmals, dass organischer Kohlenstoff aus Gletschern bei Freisetzung durch Gletscherschmelze den Metabolismus im Gletscherbach stimulieren kann. Somit veratmen Mikroorganismen in Gletscherbächen alten Kohlenstoff, der letztendlich als Kohlendioxid in die Atmosphäre gelangen kann. Die Ergebnisse tragen zum Verständnis der Rolle von Binnengewässern zum globalen Kohlenstoffkreislauf bei.

Die Forschungsarbeit wurde durch das START-Programm des FWF finanziert und ist eine Kollaboration des Departments für Limnologie mit der Fakultät für Physik der Universität Wien, dem Max-Plank-Institut für Marine Mikrobiologie (Bremen), der Universität Oldenburg und der WasserCluster Lunz GmbH.

Publikation in "Nature Geoscience":
Biogeochemically diverse organic matter in Alpine glaciers and its downstream fate: Singer, G.A, C. Fasching, L.Wilhelm, J. Niggemann, P. Steier, T. Dittmar & T.J. Battin. Nature Geoscience (2012).
DOI: 10.1038/NGEO1581

Wissenschaftlicher Kontakt
Univ.-Prof. Mag. Dr. Tom Battin
Department für Limnologie
Universität Wien
1090 Wien, Althanstraße 14
T +43-1-4277-572 00
M +43-664-602 77-572 00
tom.battin@univie.ac.at

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news496464
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http://idw-online.de/de/institution84

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Wien, Veronika Schallhart, 17.09.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. September 2012