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FORSCHUNG/855: Forschungsschwerpunkt "Soziale Mobilisierungsstrategien im Politikfeld Klimaschutz" (idw)


Fachhochschule Bielefeld - 24.09.2012

FH Bielefeld: Forschungsschwerpunkt "Soziale Mobilisierungsstrategien im Politikfeld Klimaschutz"

Eigeninitiative in Sachen Klimaschutz ist gefragt.



Bielefeld (fhb). Klimaschutz - viele reden darüber, die meisten finden ihn auch wichtig, aber wer kümmert sich im Alltag konkret darum? Wird Klimaschutz wirklich gelebt - verändert sich unser Verhalten, verbrauchen wir weniger Strom, verzichten wir tatsächlich öfter aufs Autofahren? Oder bleibt doch alles beim Alten? Drängende Fragen, die jetzt im Rahmen eines neuen, großen Forschungsvorhabens der Fachhochschule Bielefeld beantwortet werden sollen. Eine Forschergruppe, ihr Sprecher ist Prof. Dr. Michael Stricker vom Fachbereich Sozialwesen, war im Rahmen des NRW-Förderwettbewerbs "FH-Struktur" erfolgreich. Gut 350.000 Euro wurden für die kommenden vier Jahre eingeworben, darin enthalten rund 100.000 Euro, die von der Hochschule als Eigenfinanzierung bereitgestellt werden. Die Forscher haben einen gewichtigen, in Sachen Klimaschutz mit dem European Energy Award© ausgezeichneten Partner zur Seite: die Stadt Bielefeld.

"Soziale Mobilisierungsstrategien im Politikfeld Klimaschutz", so lautet der genaue Titel des Projekts, mit dem die FH einen neuen Forschungsschwerpunkt etabliert, der, so Professor Stricker, "langfristig angelegt ist und der ganz wesentlich von der Mitarbeit der Bielefelder Bevölkerung lebt". Vier Wissenschaftler unterschiedlicher akademischer Herkunft machen mit. Neben dem Soziologen und Wirtschaftswissenschaftler Stricker, der zahlreiche Studien zum Thema 'Bürgerschaftliches Engagement' veröffentlicht hat, sind dies die Informatikerin Prof. Dr. Grit Behrens (Fachbereich Technik) sowie die Psychologen Prof. Dr. Sebastian Bamberg und Prof. Dr. Wolfgang Beelmann (beide Fachbereich Sozialwesen). Sie wollen am Beispiel der Stadt Bielefeld "klimaschützende Verhaltensweisen im kommunalen Kontext untersuchen und Verhaltensveränderungen systematisch anstoßen und auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen", so die Forschergruppe in ihrer Antragstellung ans Wissenschaftsministerium.

Die Neugier der Forscher wird sich also vor allem in Richtung "Eigeninitiative in Sachen Klimaschutz" richten. "Es geht nicht mehr nur darum, die technischen Lösungen zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes zu erörtern, sondern darum, die Akzeptanz und die aktive Inanspruchnahme dieser neuen technischen Lösungen durch die Bevölkerung zu ermitteln und gegebenenfalls zu unterstützen", sagt Stricker.

Die Stadt Bielefeld ist hier ein nahezu ideales Forscher-Betätigungsfeld. Sie hat sich Ziele gesetzt: bis 2020 soll der CO2-Ausstoß um 40 Prozent gesenkt, zugleich soll der Anteil erneuerbarer Energien auf 20 Prozent erhöht werden. Als eine von bundesweit nur 16 Kommunen hat Bielefeld eine Gold-Auszeichnung im Rahmen des European Energy Award© erhalten. Für die Stadt sprechen unter anderem ihre energetischen Sanierungsmaßnahmen des Immobilienservicebetriebes bei städtischen Gebäuden. Und seit vielen Jahren gibt es zudem das Programm "Energiesparen macht Schule" mit aktuell 50 beteiligten Schulen. Zudem richtete die Stadt eine eigene Beratungsstelle und ein Förderprogramm zur Unterstützung der energetischen Gebäudesanierung von privaten Wohnungseigentümern ein.

Auch die Maßnahmen der Stadtwerke zum konsequenten Ausbau erneuerbarer Energien mit dem Holzheizkraftwerk, der Biogasanlage, den Windkraft- und Solaranlagen gehören zur Award-Positiv-Bilanz. Weiteres Kriterium: der Bereich Mobilität macht durch das gute ÖPNV-Angebot mit Fahrgastzahlen von über 43 Millionen Nutzern und Nutzerinnen pro Jahr Eindruck. Und im Bereich Entwicklungsplanung tragen insbesondere die beiden Klimaschutzsiedlungen und die Solarsiedlung Kupferheide zum Gold-Ergebnis bei.

Schlussendlich führt die "KlimaKampagne - Bielefeld will's wissen" nach Einschätzung der Beigeordneten für Umwelt und Klimaschutz, Anja Ritschel, sämtliche Klimaschutzaktionen in Bielefeld zusammen. Ritschel über die Kooperation mit den FH-Forschern: "Ich plane, die Ergebnisse des Projekts dafür zu nutzen, die Maßnahmen der Stadt Bielefeld zur Bürgermobilisierung einer kritischen Überprüfung zu unterziehen, um sie auf Grundlage der neu entwickelten Ansätze noch wirksamer gestalten zu können."

Den Zugang zu den Bürgern wollen die Forscher über das "Netzwerk Klimaschutz" finden, in dem sich Verbände, Vereine, Kirchengemeinden und weitere Interessenvertretungen zusammengefunden haben. Bamberg: "Über dieses Netzwerk lassen sich alle Personen erreichen, die lokal und regional zum Thema Klimaschutz arbeiten." Professor Beelmann ergänzt: "Die Kernfrage wird bleiben, wie aus dem Wissen um notwendige Verhaltensveränderungen auch tatsächlich Handel folgen wird. Oder anders gesagt, wie sich gewohnte Verhaltensmuster nachhaltig in eine gewünschte Richtung verändern werden."

Die Forschergruppe wird, zeitweilig in Kooperation mit einem Meinungsforschungsinstitut, über das Internet und per Smartphone-Kommunikation persönliche Meinungen und Einstellungen erfragen, wozu auch eine repräsentative Bevölkerungsstichprobe ermittelt wird. Psychologe Bamberg: "Wir laden ein, über die eigenen Verhaltensweisen nachzudenken und gegebenenfalls Korrekturen vorzunehmen." Das Forschungsthema passe in die "aktuelle politische Landschaft", es liege sowohl ein "großes erkenntnistheoretisches Interesse vor als auch der Wunsch nach praktischer Umsetzung in der Gesellschaft".

Professorin Behrens, Expertin für Internettechnologien und mobile Applikationen, wird bei der Umsetzung der technischen Fragestellungen als erste zu Wort kommen. Sie macht keinen Hehl daraus, dass "der CO2-Ausstoß drastisch reduziert werden muss" und dass sich dieser Verpflichtung eigentlich keiner entziehen könne.

Die Partner Fachhochschule und Stadt können mit weiterer Unterstützung rechnen: Professor Bamberg ist Mitglied in der Initiative "Bi-2000plus", die sich mit kommunalen Klimawandelstrategien beschäftigt. Aktiv dabei sind hier unter anderen Gesundheits- und Wirtschaftswissenschaftler, Psychologen und Soziologen der Universität Bielefeld. Bamberg: "Wir unterhalten intensive Arbeitskontakte."

Professor Stricker denkt hier schon ein bisschen weiter und größer. Er will ein Graduiertenkolleg gemeinsam mit den Universitäts-Kollegen einrichten.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.fh-bielefeld.de/presse/eigeninitiative-in-sachen-klimaschutz-ist-gefragt

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news497857
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution95

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Fachhochschule Bielefeld, Detlev Grewe-König, 24.09.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. September 2012