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FORSCHUNG/980: Zerstörungskraft von Taifunen kann durch angepasste Landwirtschaft gebremst werden (idw)


Universität Hohenheim - 20.11.2013

Agrar-Experte: "Zerstörungskraft von Taifunen kann durch angepasste Landwirtschaft gebremst werden"

Forschungskooperation der Universität Hohenheim und der philippinischen Visayas State University (VSU) unterstützt Aufforstungsprogramm der Stiftung NatureLife-International



Erst durch Waldrodungen an Küsten und in Bergregionen der philippinischen Insel Leyte konnte Taifun Haiyan seine volle Zerstörungskraft entfalten, so die Ansicht von Agrarexperten. Gezielte Wiederaufforstung mit heimischen Baumarten, kombiniert mit landwirtschaftlichen Alternativen für die lokale Bevölkerung, könnte ähnlich verheerenden Katastrophen in Südostasien vorbeugen. Die Universität Hohenheim kooperiert seit über zwanzig Jahren mit der Visayas State University (VSU) auf Leyte. Gemeinsam hat das bilaterale Forscherteam ein Programm entwickelt, das neben Umweltschutz auch die wirtschaftliche Situation der Inselbewohner berücksichtigt.

Wind und Regen sind nur für einen Teil der Zerstörung direkt verantwortlich, die Taifun Haiyan auf der philippinischen Insel Leyte angerichtet hat. Weil Mangrovenwälder in den Küstengebieten weitgehend abgeholzt sind, konnte die nachfolgende Flutwelle die Küstengebiete ungebremst treffen. Eine weitere Katastrophe steht möglicherweise noch bevor. Denn Taifune wirbeln nicht nur das Meer auf, sondern sorgen auch für heftige Regenfälle im Landesinneren. Überall dort, wo die fragilen Böden nicht durch dichte Vegetation geschützt sind, besteht die Gefahr von Erdrutschen. Auf Leyte kam es in den letzten fünfzehn Jahren bereits mehrfach zu verheerenden "Landslides". Bei der folgeschwersten Katastrophe in Ormoc waren rund 8.000 Tote zu verzeichnen. Prof. Dr. Friedhelm Göltenboth, Honorarprofessor und Mitglied des Tropenzentrums der Universität Hohenheim und wissenschaftlicher Berater der Stiftung NatureLife-International, ist überzeugt, dass die zerstörerischen Folgen von Taifunen wie Haiyan erheblich reduziert werden könnten. "Es ist von elementarer Bedeutung, dass sowohl der grüne Schutzgürtel an Küsten als auch die Regenwälder an den Berghängen erhalten bleiben oder wieder aufgeforstet werden", betont der Experte. "Dafür muss die lokale Bevölkerung von Anfang an mit einbezogen werden. Denn ohne landwirtschaftliche Alternativen und ohne Alternativen für die Beschaffung von Brennholz ist die Rodung der Wälder für die Inselbewohner eine Frage des Überlebens."

Kleinbauern könnten naturnahe Nutzwälder auch für Landwirtschaft nutzen Vielversprechende Pilotprojekte gibt es bereits. Seit zehn Jahren arbeitet Prof. Dr. Göltenboth als wissenschaftlicher Berater der Wiederaufforstungsprogramme der Stiftung NatureLife-International, welche auf eine Forschungskooperation der Universität Hohenheim mit der örtlichen Visayas State University zurückgehen. "Uns ist wichtig, dass dabei ausschließlich lokale Baumarten herangezogen werden, da sie auf die Verhältnisse vor Ort am besten angepasst sind. Die Erfahrung zeigt, dass Gehölze aus Südamerika, die von Behörden wegen ihres schnellen Wachstums derzeit häufig für die Aufforstung eingesetzt werden, den Naturgewalten vor Ort nicht standhalten", berichtet Prof. Dr. Göltenboth. Doch auch zum unberührten Regenwald führt aus Sicht des Agroforstexperten kein Weg zurück. "Die Waldregionen sind für die lokale Bevölkerung eine wichtige wirtschaftliche Ressource. Dieser Tatsache müssen wir Rechnung tragen. Letztlich können auch die restlichen bestehenden Regenwaldgebiete nur geschützt werden, wenn bereits gerodete Flächen durch naturnahen, hochdiversen Nutzwald aufgeforstet werden." Gute Erfahrungen habe das bilaterale Forscherteam mit einer Mischkultur aus heimischen Obstbäumen und Tropengehölzen gemacht, die mit einer besonderen Form der kleinbäuerlichen Landwirtschaft kombiniert werden kann. Dafür geeignet ist eine Vielzahl von sogenannten "Schattengewächsen" wie Gewürzpflanzen oder auch Faserbananen, die zwischen den Bäumen des Mischwalds angebaut werden können. Neben dem Obstanbau könnten diese landwirtschaftlichen Produkte in Zukunft verstärkt als Einnahmequelle für Kleinbauern erschlossen werden. Ein weiterer Pfeiler, um die Rodung zu stoppen, ist aus Sicht des Experten das Programm "Grow your own Firewood", das künftig vom Forest Department der Visayas State University in ausgewählten Modellbereichen durchgeführt werden soll. Es unterstützt Dorfgemeinschaften dabei, ihr eigenes Feuerholz anzubauen. Dank schnell wachsender heimischer Baum- und Heckenarten greife das Programm zum Teil bereits nach einem halben Jahr.

Hintergrund Forschungskooperation
Das Kooperationsabkommen zwischen der Visayas State University (VSU) und der Universität Hohenheim besteht seit 1999. Im Rahmen des bilateralen Projektes "Applied Tropical Ecology" wurde in enger Zusammenarbeit die Infrastruktur für das interdisziplinäre und interfakultative Institut für Tropenökologie an der VSU eingerichtet. Gefördert wurde das Projekt von der damaligen "Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit" (GTZ). In einem zweijährigen "Beraterprogramm" im Rahmen des vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) geförderten "Qualitätsnetz Biodiversität" wurde von 2010 bis 2012 die bereits erarbeiteten Lehr- und Forschungsinhalte weiter entwickelt. Ein Ergebnis aus der Kooperation ist die Weiterentwicklung des neu eingerichteten MSc Programms in Ökologie der VSU, sowie die Weiterentwicklung und - verbreitung der Rainforestation Farming Technologie, eine praktikable Anwendungstechnologie, die degradierte vormalige Regenwald- und Nutzflächen durch ein lokal angepasstes Bepflanzungsprogramm mit ausschließlich einheimischen Baumarten wieder in Wert setzen und etablieren möchte. Die Stiftung NatureLife-International mit Sitz in Ludwigsburg setzt die Methode des "Rainforestation Farming" in ausgewählten Modellprojekten in Leyte und anderen Regionen in Südostasien seit mehreren Jahren praktisch um.

Text: Leonhardmair

Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
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Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Hohenheim, Florian Klebs, 20.11.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. November 2013