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MESSUNG/062: Der Vulkan ruft Teil 3 - Ergebnisse und Ausblick der Mission (DLR)


Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) - Freitag, 7. Mai 2010

Der Vulkan ruft - Teil 3: Ergebnisse und Ausblick der Mission


Die Falcon 20E, das Forschungsflugzeug des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), ist am Montag, 3. Mai 2010, um 15.28 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ) planmäßig von ihrer "Vulcano Ash Hunter Mission" über Island zum Forschungsflughafen des DLR nach Oberpfaffenhofen zurückgekehrt. Der Rückflug der Falcon erfolgte in zwei Tagesetappen.

Am Sonntag, den 2. Mai, verließ der DLR-Jet um 16.45 Uhr Keflavik, den Flughafen bei Reykjavik in Island, und flog in seiner ersten Etappe nach Stornoway auf den Äußeren Hebriden von Schottland. Diesen Flug nutzten die Wissenschaftler für ein ganz besonderes Unterfangen - die weltweit erste Messung des Massenstroms des Vulkans in sicherer Entfernung. Mit diesem Wert lässt sich auf die Quellstärke des Vulkans zurück schließen und somit die Prognosen der Aschewolken verbessern.

Weltweit einmaliger Datensatz

Rund 450 Kilometer entfernt vom Eyjafjallajökull tauchte die Falcon bei 60° nördlicher Breite, 15° westlicher Länge in den oberen Rand der Aschewolke ein. Die Sicht für die Besatzung verdunkelte sich zunehmend und Geruch von Schwefeldioxid - typisch für Vulkanmaterial - breitete sich an Bord der Falcon aus. Die ersten Messeindrücke bestätigten dann die DLR-Wissenschaftler: "Nach 30 Sekunden in der Aschewolke haben wir uns dazu entschieden, diese Schicht schnellstmöglich zu verlassen - aber da muss man erst einmal wieder rauskommen", fasst Missionsleiter und DLR-Wissenschaftler Oliver Reitebuch die brenzlige Situation zusammen. So dauerte das Messmanöver insgesamt knapp drei Minuten - lange genug für das Aerosol-Instrument, die sieben Stunden alte Vulkanschicht wie geplant zu untersuchen. Nach etwa 90 Minuten Flugdauer landete der Aschewolke-Jäger dann im schottischen Stornoway.

Das Highlight der Mission lautet: 3.000 Kilogramm/Sekunde. Soviel beträgt der Massenstrom von Asche-Feinstaub, der bis Mitteleuropa transportiert werden kann. Obwohl dieser Wert noch weiter überprüft werden muss, dient er bereits zur ersten grundlegenden Orientierung. Die Messungen in der Vulkanschicht über dem Nordatlantik zeigten hohe Konzentrationen von Feinpartikeln mit bis zu 30 Mikrometer Größe, eine hohe Konzentration von Schwefeldioxid von mehr als 150 Nanomol/Mol, hohe Kohlenmonoxidanteile von bis zu 180 Nanomol/Mol und verringerte Ozonkonzentrationen von 10-60 Nanomol/Mol. "Zusammen mit den vorangegangenen Messflügen liegt uns jetzt ein einmaliger Datensatz zur Überprüfung von Modellrechnungen und Vulkanasche-Vorhersagen vor", berichtet Professor Ulrich Schumann, Direktor des DLR-Instituts für Physik der Atmosphäre in Oberpfaffenhofen.

Gute Nachrichten gab es auch am nächsten Morgen nach der Inspektion der Falcon - weder an den Triebwerken noch am Flugzeug selbst waren Anzeichen für Beschädigungen durch die Vulkanasche vorhanden. Somit konnte die Besatzung des DLR beruhigt die letzte Flugetappe antreten und landete am 3. Mai um 15:28 Uhr in Oberpfaffenhofen. "Wir konnten unglaublich wertvolle Daten sammeln - und den Eyjafjallajökull in Aktion zu sehen war spektakulär. So nahe an einem spuckenden Vulkan dran, dass ist schon beeindruckend", berichtet Dr. Bernadett Weinzierl, Wissenschaftlerin am DLR-Institut für Physik der Atmosphäre.

Nach der Mission ist vor der Mission

Die nationale Eigenständigkeit bei der Planung und Durchführung der "Vulcano Ash Hunter-Mission" war die Voraussetzung für das schnelle und effektive Handeln des DLR in dieser Ausnahmesituation in Europa. Unterstützt wurde die Mission von Seiten Islands, vom Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften und dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS). Die Falcon steht in Oberpfaffenhofen nach wie vor bereit für neue Einsätze. Angesichts der verstärkten Vulkanaktivität am 5. Mai und der Ausbreitung der Aschewolke in Richtung Süden und dem Atlantik, kann es in Irland und England weiterhin zu Beeinträchtigungen im Flugverkehr kommen, wie in den letzten Tagen bereits geschehen. Da sich aus den Messungen auch Maßnahmen für eine bessere Organisation und ein abgestimmtes Handeln bei Vulkanausbrüchen ableiten lassen, können neue Falcon-Missionen erforderlich werden. So bricht im Durchschnitt weltweit jede Woche ein Vulkan aus. Auch andere Vorfälle in der Atmosphäre über Europa sind denkbar, wie etwa Extremwetter, Chemie-Unfälle oder große Waldbrände. Die Forschungen des DLR und die Falcon als deutsches Notfall-Flugzeug können auch zukünftig ihren Beitrag zu der Fragestellung leisten, wie wir in Extremsituationen volkswirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe verhindern können.

Vollständiger Artikel mit Bildmaterial:
http://www.dlr.de/desktopdefault.aspx/tabid-6216/10226_read-24365/


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Quelle:
DLR-Presse-Information, 07.05.2010
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Kommunikation, Linder Höhe, 51147 Köln
Internet: www.dlr.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Mai 2010