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STADT/282: Stuttgart kein Ausgangspunkt für nachhaltige Stadtentwicklung (NFD)


NaturFreunde Deutschlands - 30. November 2010

Stuttgart kein Ausgangspunkt für nachhaltige Stadtentwicklung

Unsere Gesellschaft wird weiterhin von Sachzwängen in Geiselhaft genommen


Berlin, 30. November 2010 - Zu Heiner Geißlers Schlichterspruch zum umstrittenen Milliardenprojekt "Stuttgart 21" (S21) erklärt der Bundesvorsitzende der NaturFreunde Deutschlands Michael Müller:

Die Rechnung von Mappus & Co., einen S21-Kritiker zu nehmen, um das eigene Anliegen durchzusetzen, ist aufgegangen. Heiner Geißler hat es genossen, wochenlang im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Doch als es darauf ankam, hat er zurückgezuckt.

Stuttgart hat es damit versäumt, zum Ausgangspunkt für eine nachhaltige Stadtentwicklung zu werden. Selbst wenn S21 nun etwas sozialer, ökologischer und leistungsfähiger werden sollte, selbst wenn die neue Sprachregelung "S21 plus" einen Mehrwert suggeriert: Auch Geißler hat bestätigt, dass ein erneuerter Kopfbahnhof realisierbar wäre und die Kritik der S21-Gegener berechtigt sei. Doch aufgrund der hohen Ausstiegskosten von mindestens einer Milliarde Euro - letztlich für nichts - und der mangelnden Bereitschaft der Bahn, die bereits erhaltene Baugenehmigung wieder zurückzugeben, sei eine Abkehr von S21 unrealistisch.

Da sind sie wieder, die scheinbaren Sachzwänge, die unsere Gesellschaft zunehmend in Geiselhaft nehmen. In Stuttgart geht es nicht nur um den Bau eines neuen Hauptbahnhofes. Es geht auch um eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit einer Wachstumsphilosophie, die längst an ihre Grenzen geraten ist. Das "Schneller, Höher, Weiter" wird jetzt auch in der Mitte der Gesellschaft massiv angezweifelt.

Die Menschen haben deutlich gezeigt, dass sie nicht mehr mitmachen, wenn sie derartig teure Projekte und fragwürdige Prestigeobjekte nur noch abnicken sollen. Insofern waren und sind die Demonstrationen um S21 ein Zeichen der Hoffnung, ein Indiz für eine immer stärker werdende Opposition zum Beschleunigungs- und Wachstumswahn in unserer Gesellschaft.

Diese Gegenbewegung hat das Potenzial, eine breite gesellschaftliche Debatte über die ökonomischen, ökologischen und sozialen Auswirkungen der herrschenden Wachstumsideologie anzustoßen. Und spätestens bei der baden-württembergischen Landtagswahl im März 2011 haben auch wieder die Wähler das Wort.


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Quelle:
Presseinformation vom 30.11.2010
Herausgeber: NaturFreunde Deutschlands
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Dezember 2010