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WETTER/045: Extreme Hitzeereignisse werden zunehmen (Uni Frankfurt)


Goethe-Universität Frankfurt - 7. August 2018 / 179

Extreme Hitzeereignisse werden zunehmen

Klimaforscher Joachim Curtius von der Goethe-Universität über die zum Teil menschengemachten Effekte dieses Jahrhundertsommers und die Aussichten für die Zukunft


FRANKFURT. Angesichts der extremen Dürre dieses Sommers in Deutschland und anderen Ländern der Nordhalbkugel fragen sich vielen Menschen, ob diese Phänomene bereits Auswirkung des menschengemachten Klimawandels sind und mit welchen Extremwetter-Ereignissen in Zukunft noch zu rechnen ist. Joachim Curtius, Professor für experimentelle Erforschung der Atmosphäre an der Goethe-Universität, beschäftigt sich u.a. mit dem Thema Wolkenbildung.

"Solche extremen Bedingungen könnten ab der der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts sogar jedes 2. oder 3. Jahr auftreten, weil sich einerseits die Häufigkeitsverteilung als Ganzes hin zu wärmeren Temperaturen verschiebt, aber auch weil sich die Breite der Verteilung vergrößert und damit die extremen Hitzeereignisse noch zusätzlich zunehmen", warnt Curtius.

Es gebe jetzt starke Hinweise, so Curtius, dass der Hauptgrund für die Zunahme der extremen Sommer bei uns im abgeflachten Temperaturgefälle zwischen der Arktis und den mittleren Breiten liegt. Nach Beobachtungen der Wissenschaft steigen die Temperaturen in der Arktis noch deutlich schneller an, als in den gemäßigten Regionen der Nordhalbkugel. Der Jetstream in den Höhenschichten der Troposphäre - normalerweise mitverantwortlich für den steten Wechsel zwischen Hoch- und Tiefdruckgebieten - tritt über einen längeren Zeitraum wegen eines "Aufschaukelns gegenseitiger Effekte" auf der Stelle, wenn eine passende Temperaturverteilung in der Troposphäre herrscht. Dabei kommt der Jetstream selbst nicht zum Erliegen; er mäandert vielmehr in einer charakteristischen Wellenform um Europa herum.

Die Forscher bezeichnen das als "quasi-resonante" Verstärkung. Die daraus resultierenden langanhaltenden "blockierenden Hochdrucklagen" könnten in Zukunft noch zunehmen, je wärmer es in der Arktis werde und je häufiger die passenden Temperaturverteilungen in der Troposphäre herrschen, so der Atmosphärenforscher.

Für Curtius und die meisten seiner Forschungskollegen steht außerdem fest, dass menschengemachte Auswirkungen einen wesentlichen Effekt auf das gegenwärtige Klima haben. "Die Situation ist bei uns ähnlich wie im Sommer 2003, der für West- und Mitteleuropa bereits als Jahrhundert- oder gar Jahrtausendsommer galt. Und bereits nach 2003 haben die Klimaforscher darauf hingewiesen, dass solche Sommer im vom Menschen beeinflussten Klima deutlich häufiger auftreten würden und dadurch immer neue Höchstwerte zu erwarten seien", erklärt Curtius.

Inzwischen mache die Forschung auch Fortschritte darin, die natürlichen von den vom Menschen verursachten Effekten zu separieren, so Curtius: "In der Klimaforschung zu den Extremwetterereignissen gibt es die neue Forschungsrichtung der "attribution science", die in den vergangenen Jahren riesige Fortschritte gemacht hat. Sie erlaubt es inzwischen, dass wir in Modellrechnungen vergleichen können, wie wahrscheinlich ein bestimmtes Wetterextrem in einer Region ist, einerseits im aktuellen, vom Menschen veränderten Klima und andererseits in einem Klima ohne zusätzliche Treibhausgase."

Der renommierte Atmosphärenforscher sorgt sich jedoch nicht nur um die zunehmende Erderwärmung, sondern auch die Folgen auf die heimische Pflanzenwelt: An einzelne Trocken- oder Hitzeperioden seien die meisten Pflanzen bei uns durchaus angepasst und erholten sich längerfristig wieder. "Aber eine deutliche Häufung solcher Extremereignisse führt sicherlich auch zu dauerhaften Schäden bei vielen heimischen Pflanzenarten. Es gibt bereits umfassende Untersuchungen, welche Baumarten angepflanzt werden sollen, damit die Wälder bei uns auch in Zukunft mit längeren Phasen von Trockenstress und abnehmender Bodenfeuchte im Sommer zurechtkommen." Jedoch sei die Abschätzung, welche Pflanzen nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig für einen Standort passend seien, sehr schwer, "weil sehr viele weitere Faktoren eine Rolle spielen und die Bäume ja für Jahrzehnte bis Jahrhunderte mit ihrem Standort klarkommen müssen. In dieser Zeit können sich die Bedingungen stark verändern. Die Einzelheiten solcher Entwicklungen können wir nicht vorhersehen."


Das ganze Interview mit Joachim Curtius lesen Sie im Webmagazin der Goethe-Universität unter
https://aktuelles.uni-frankfurt.de/gesellschaft/extreme-hitzeereignisse-werden-zunehmen-interview-mit-klimaforscher-joachim-curtius/

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Quelle:
Pressemitteilung, 07.08.2018/179
Goethe-Universität Frankfurt
Herausgeberin:
Die Präsidentin der Goethe-Universität
Abt. PR & Kommunikation
Theodor-W.-Adorno-Platz 1, 60323 Frankfurt am Main
Tel: 069 798-13035, Fax: 069 798-763 12531
Internet: www.uni-frankfurt.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. August 2018

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